Das Leben unserer Testspezialistin Ursula Gabathuler ist
manchmal ganz schön hart: Unzählige Male erzählte
sie in Apotheken, sie habe da ein Problem am Allerwertesten,
und das jucke höllisch; vermutlich handle es sich
kurzes Räuspern um Hämorrhoiden, was sie
denn jetzt machen solle. Natürlich kannte sie die richtige
Antwort, im Gegensatz zu vielen der insgesamt 52 getesteten
Apotheken: Fast die Hälfte fiel im grossen Beobachter-Test
durch.
Das Ergebnis ist «eine Katastrophe», gibt Max
Brentano, der Präsident des Schweizerischen Apothekervereins,
selber zu. Sein Trost an die Beobachter-Leserschaft: «Ich
bin sicher, dass das Resultat vor drei Jahren noch schlechter
ausgefallen wäre.» Grossartig! Lesen Sie unsere
Titelgeschichte.
Dabei wehren sich die Apotheker seit Jahren mit dem immer
gleichen Argument gegen jede Konkurrenz: Nur bei ihnen bekomme
die Kundschaft eine «sofortige und kompetente Fachauskunft
über das gewünschte Medikament», behaupten
sie unermüdlich. Kaum traten die ersten Versandhändler
und Internetanbieter auf den Plan, forderte Brentano ein Verbot.
Hauptargument, wir ahnen es: Ohne «persönliche
Beratung» sei der Medikamentenverkauf unseriös.
Inzwischen verkaufen pst, nicht weitersagen!
aber auch eine ganze Reihe von Apotheken online Medikamente.
Aber das ist natürlich ganz was anderes.
Jährlich geben Schweizerinnen und Schweizer 4,5 Milliarden
Franken für Pillen, Pulver und Salben aus; der Markt
ist hart umkämpft. Die Pharmaindustrie hält mit
allerlei Tricks die Margen hoch, Grossisten wie Manor, Epa
oder Coop drängen ins Geschäft, und auch die Ärzte
bekommen angesichts der zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten
einen wässrigen Mund, reden aber selbstverständlich
nur von den (umstrittenen) Vorteilen des Medikamenten-Direktverkaufs
an Patientinnen und Patienten.
Es ist deshalb nicht im Interesse der Konsumentinnen und
Konsumenten, dass die klassische Apotheke verschwindet
sofern der Weg, die Beratung und die Bedienung stimmen. In
dieser Reihenfolge. «Wenn du auf dem Gipfel ankommst,
klettere weiter»: Dieses tibetanische Sprichwort findet
sich auf der Homepage des Apothekerverbands. Vielleicht sollten
einige der Mitglieder einfach mal zu klettern beginnen: Viele
Apotheken befinden sich nämlich in Sachen Beratung noch
immer auf Meereshöhe. Oder darunter.
Die guten Nachrichten zum Schluss: 16829 Menschen haben
letztes Jahr unsere Stiftung SOS Beobachter unterstützt,
mit insgesamt zwei Millionen Franken. Lernen Sie ab Seite
12 einige Spenderinnen und Spender kennen. Und fragen Sie
beim nächsten Apothekenbesuch nach einem Generikum. Das
gesparte Geld überweisen Sie dann an SOS Beobachter (Postcheckkonto
80-70-2). Und schon sind wir glücklich.