Meine Güte, warum sind die noch zusammen? So fragt man sich, wenn man wieder mal von einem Treffen mit einem Paar nach Hause fährt, das den ganzen Abend lang mehr oder weniger offen seine gegenseitige Verachtung zur Schau getragen hat, oder wenn man mit einem der beiden allein ausgeht und dabei stundenlang über die Charaktermängel des abwesenden Partners informiert wird.

Wenn man explizit nach dem Grund des Zusammenbleibens fragt, dreht der Wind jedoch auf einen Schlag: Dann werden die Vorzüge des anderen gepriesen und die soeben noch voller Empörung vorgetragenen Ärgernisse schöngeredet – und als völlig normale Herausforderungen des Zusammenseins präsentiert.

So lange, bis das Ausharren in der destruktiven Beziehung als Akt des Heldentums erscheint und jeder, der sich dieser Aufgabe nicht stellen mag, als Feigling. Womit erfolgreich von der Tatsache abgelenkt worden ist, dass hier zwei Menschen schlicht nicht zusammenpassen – und dringend aufhören sollten, das Gegenteil beweisen zu wollen.

«Das Leben geht viel zu schnell vorbei. Vor allem wenn man es für eine unglückliche Beziehung verschwendet.»


Thomas Meyer, Schriftsteller

  1. Es passt. Oder es passt nicht.
    Wenn wir jemanden kennenlernen, den wir als ansprechend empfinden, leiten wir daraus kurzerhand ab, dass wir mit ihm ein Leben lang glücklich sein werden. «Dieser Mensch gefällt mir, also passt er zu mir», so lautet die darunterliegende Logik. Passen bedeutet aber vielmehr, dass jemand einen ähnlichen Charakter hat. Sonst passt es nicht.
  2. Meistens passt es nicht.
    Bei der Auswahl unserer Freunde achten wir streng darauf, ob sie einen ähnlichen Humor und eine ähnliche Geisteshaltung haben. Bei unseren Partnern aber geben wir uns zufrieden, sobald sie unseren Vorstellungen eines attraktiven und interessanten Menschen entsprechen – was eine viel zu oberflächliche Prüfung darstellt, gemessen an der hohen Quote derer, die sie bestehen. Wie sich dann aber rasch zeigt, braucht es für ein friedliches Miteinander mehr als ein hübsches Gesicht. Nämlich Verständnis.
  3. Wenn es nicht passt, wird es nie passen.
    Die vernünftige Reaktion auf die Einsicht, dass wir uns mit unserem Partner nicht verstehen, weil wir zu verschieden sind, bestünde in der Trennung. Stattdessen machen wir uns aber jedes Mal daran, den Partner durch allerlei Formen der Nötigung zu einem Menschen zu machen, der zu uns passt – oder besser: dessen Verhalten uns passt. So entsteht ein hässlicher Machtkampf, den niemand gewinnen kann, weil ihn niemand verlieren will. Niemand gibt sein Naturell auf, und das ist auch richtig so.
  4. Wenn es nicht passt, leiden Sie.
    Der Kampf um die Vorherrschaft der eigenen Ansichten zu Liebe und Beziehung führt zu enormem Leid. Einerseits erzeugt er nie die gewünschte Befriedigung, sondern nur immer mehr Enttäuschung; anderseits gefällt es niemandem, ständig zu hören zu bekommen, dass er nicht genüge und sich ändern müsse, um geliebt werden zu können. Vor allem aber ist eine Beziehung, in der man sich hauptsächlich missversteht, eine ausgesprochen einsame Angelegenheit.
  5. Wenn Sie leiden, müssen Sie gehen.
    Eine unglückliche Beziehung ist kein Schicksal, und der Wunsch, glücklich zu sein, ist nicht vermessen, sondern Ihr Geburtsrecht. Doch Glück ist schwer zu erlangen, wenn Sie nicht bereit sind, alles aus Ihrem Leben zu entfernen, was Sie unglücklich macht. Nun gibt es jedoch viele Menschen, die das Glück nicht aushalten können, weil sie ihm nicht glauben. In der Folge setzen sie alles daran, immer wieder Bestätigung für ihre Überzeugung zu finden, dass das Leben hart und schmerzhaft sei. Das beantwortet auch die Frage, warum sie mit einem nicht passenden Partner zusammenbleiben: weil Unglück ihnen am meisten Geborgenheit vermittelt.
  6. Das Leben ist sehr kurz.
    Jeder alte Mensch bestätigt es: Das Leben geht viel zu schnell vorbei. Vor allem wenn man es für Beziehungen verschwendet hat, die nur Verdruss brachten. Die Frage, worauf man am Ende zurückblicken wolle, sollte man sich daher frühzeitig und immer wieder stellen und mutige, wahrhaftige Antworten darauf geben.
Zur Person

Thomas Meyer, 43, ist Autor des Bestsellers «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse», der im August verfilmt wird. Anfang Juni erscheint sein Essay «Trennt Euch!», dessen Kernaussagen er hier zusammenfasst.

Dieses Bild kann nicht angezeigt werden.