Es ist ein Jammer, wie wenig der Mensch hierzulande über die Bedürfnisse der Kuh weiss. Aufessen, ja, das tut er sie schon, und zwar weitgehend bedenkenlos; etwas, was er zum Beispiel mit einem Pferd nicht ohne Weiteres macht und mit einer Katze schon gar nicht. Auch die Milch greift er sich gerne, er schüttet sie in den Kaffee und denkt: «Das schafft die Kuh ja nebenher, quasi automatisch.»

Und dann: grosses Staunen, als Helikopter der Schweizer Luftwaffe Millionen von Liter Wasser heranfliegen, um die Kühe in Freiburg und der Waadt zu tränken. Bis in die USA schaffte es die Meldung der gut 20 000 Kühe, die nach einem überdurchschnittlich heissen Juli auf dem Trockenen sassen. Das Staunen wuchs, als die Pendlerzeitung «20 minutes» vermeldete, den Tieren schmecke das vom Lac de Joux herangeflogene Wasser nicht – der «Blick» kam zum Schluss: «Ganz schön verwöhnt.»

Zeit also, um Verständnis zu schaffen für ein unterschätztes Wesen: die Kuh in Zeiten der Trockenheit.

Erstens: Die Kuh ist eine Schwerarbeiterin. Die Milchproduktion läuft nicht nebenher, ihr Körper erzeugt Wärme, die raus muss durch Hecheln oder Schwitzen. In der Hitze gelingt das mehr schlecht als recht; schon ab 20 Grad geraten Kühe in Hitzestress.

Kühe saufen 150 Liter Wasser täglich

Das macht die Kuh – zweitens – zu einem durstigen Geschöpf. Gemäss dem Rindergesundheitsdienst benötigt sie bei 27 Grad etwa 150 Liter Wasser pro Tag, von denen ein Drittel in die Milchproduktion fliesst, und sie braucht vier bis fünf Liter Wasser, um ein Kilogramm Milch zustande zu bringen.

Natürlich könnte man nun glauben, eine durstige Schwerarbeiterin im Hitzestress schütte in sich hinein, was immer sie vorgesetzt bekomme. Doch so einfach ist die Kuh – drittens – nicht gestrickt. Zunge und Mund sind mit 35 000 Geschmacksknospen ausgestattet – siebenmal mehr als beim Menschen, und das heisst: Wenn ihr das Wasser des Lac de Joux nicht mundet, können die Behörden noch so lange betonen, es sei unbedenklich, sie mag es einfach nicht. Vermutlich, weil im See Mikroorganismen leben, die den Geschmack verändern.

Den sensiblen Tieren im Waadtländer Jura bleibt mangels Alternative im Moment freilich nichts anderes übrig, als sich mit dem ungewohnten Nass anzufreunden. Bauern berichten, ihre Kühe hätten ihre Skepsis mittlerweile abgelegt. Möglich, dass sie nachgeholfen haben – ganz im Sinne eines Lesers von «24 heures», der den Kommentar hinterliess: «Sogar die Kühe wissen es – Wasser niemals ohne Pernod.»