Hallo... ich hoffe das mir hier jemand helfen kann. Ich habe ein etwas komplizierteres anliegen.
Ich heisse Melina bin fast 16 Jahre alt und wohne seit meine Eltern sich getrennt haben bei meiner „Mutter“. Ich und sie hatten noch nie wirklich ein Verhältnis, ich bin ein Vaterkind. Er hat mich immer in all meinen Vorhaben unterstützt, ganz im Gegenteil zu meiner Mutter. Früher habe ich es für normal empfunden wie sie mit mir umgegangen ist. Z.B. Ich durfte praktisch nie zu Freunden, musste ihr permanent schreiben wo ich hin gehe, dufte bis 18 Uhr raus. (Ich war einfach anderen Jugendlichen gegenüber extrem eingeschränkt... es hat mich nie gross gestört aber jetzt bin ich fast 16.... habe noch nie bei jemandem übernachtet.... sie versucht mir den Kontakt zu all meinen Freunden zu verbieten.... ich darf nach 21 Uhr nicht mehr vor die Tür. Sie muss permanent ein Auge auf mich haben. Soweit wirklich das vielleicht noch normal aber vor einem Jahr hat sie mich dann in eine hoch Christliche Schule gesteckt (die Schule wurde mittlerweile geschlossen und als Sekte anerkannt) als ich mich gewehrt habe, wurde ich in ein Heim mit lauter Drogenabhängig gesteckt (ich habe rein garnichts mit Drogen zu tun, bin eines dieser „braven Mädchen“ ). In diesem Heim wurde ich von Erziehern völlig fertig gemacht und habe den Tot ins Auge geblickt. Dank meiner Anwältin wohne ich seit einer Zeit wieder zuhause. Doch nun hat meine Mutter angefangen, dass wenn ich mich auch nur ansatzweise widersetzt sie mic schlägt... mir essen verweigert... meine Kleidung nicht mehr wäscht ect. Das ist doch nicht mehr normal ? Zusätzlich habe ich permanent Angst vor der KESB, dass ich wieder einfach in ein Heim komme... beim letzten mal hat mir auch niemand zugehört und im Nachhinein hatte ich recht. Mein Vater hat mich immer unterstützt und das alles mit mir durch gestanden. Ich und er wollen das er das Sorgerecht bekommt. Ich würde dann in Voralberg in eine eigene kleine Wohnung ziehen und meine Lehre weiter in der Schweiz machen. (Habe ich abgeklärt und müsste funktionieren) meine Mutter hat sofort zugestimmt, dass ich zu meinem Vater ziehe, will aber das GANZE Sorgerecht und das Aufenthaltsrecht behalten. Wo ist der Sinn? Mein Vater hätte also rein garnichts zu sagen... obwohl ich bei ihm wohne? Ausserdem will ich mit meiner Mutter den Kontakt abbrechen... da mir jetzt erst bewusst wird, dass ich durch sie so viel verloren habe. Es würde alles perfekt aufgehen mit Wohnung, Lehre... einfach alles. Wenn sie nur nicht das blöde Sorgerecht behalten würde.
Ich könnte ja vor Gericht wegen Häuslicher Gewalt und so weiter. Auch wenn ich das etwas hart fände ist es wahrscheinlich der einzige Weg. Kann mir dazu jemand Auskunft geben? Wie würde das ablaufen ? Würde er das Sorgerecht überhaupt bekommen ? Würde das nicht ein ewiges Verfahren geben ?
Lg Melina & Vielen Dank für eure Antworten
Answer by marikowari · Jul 01, 2020 at 03:53 PM
@Meli-rei
Du stellst schwierige Fragen. Und eine einfache und schnelle Loesung gibt es hier nicht.
Wenn deine Mutter zustimmt, dass du zu deinem Vater ziehen kannst, dann mach dies als einen ersten Schritt.
Ich wuerde hier aber noch darauf bestehen, dass sie schriftlich erklaert, dass sie dich in die Obhut des Vaters gibt!
Auch uebrige Fragen zu den finanziellen und rechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Obhut schriftlich festhalten!
Und nachdem das soweit geklaert ist, waere es fuer dich selbst wohl das Wichtigste, deine Ausbildung machen zu koennen. Dich selbst zu entwickeln, so wie du es selbstbestimmt fuer dich entscheiden moechtest. Auch als "Kind" hast du dazu ein Recht!
Bedenke dabei, dass du in etwa zwei Jahren volljaehrig sein wirst und dann deine Mutter nicht mehr so ueber dich bestimmen kann.
Auf einen juristischen Streit wegen dem Sorgerecht wuerde ich mich jetzt, wenn moeglich nicht einlassen. Das koennte das Ganze komplizierter machen. Und dir kurzfristig vielleicht auch mehr schaden, als nuetzen. Solche Prozesse dauern lange. Oft zu lange.
Deine Anwaeltin kann dir das wohl so bestaetigen. Gut, wenn du schon eine hast.
Ich kann dir hier nur meine persoenliche Meinung sagen: Forciere nicht den Konflikt. Versuche dich diesem zu entziehen. Besser jetzt einen halbatzenen Konsens einzugehen, aber parallel dazu auf deine freie Zukunft hinzuarbeiten.
Bitte schreib weiter, wie es bei dir weitergeht.
LG. marikowari
Answer by nachdenkerin · Jul 03, 2020 at 11:18 PM
Ich schliesse mit den Rat von marikowari an: wenn es irgendwie geht, "forciere den Konflikt nicht".
Was helfen könnte: bespreche mit deinem Vater die finanzielle Seite ganz, ganz genau. Oft zählen die Fakten und Zahlen recht viel, um eine Entscheidung zu treffen.
Hier findest Du Tipps zum Umgang mit Geld und Monatsbudget (und woran noch alles zu denken ist) http://www.budgetberatung.ch/Kinder-Jugendliche.110.0.html
und hier sind Mustermonatsbudgets für eine Einzelperson (weil Du vom alleine Leben schriebst) http://www.budgetberatung.ch/Budget-fuer-Einzelpersonen.114.0.html.
Stelle einen Budget auf, für alle die Monate ab jetzt bis zu deinem 18. Geburtstag, und weiter bis Ende deine Lehre. Ist er bereit, und auch in der Lage, Dich ganz darin zu unterstützen, damit Du finanziell von deiner Mutter völlig abhängig wärst? Oder käme es für deine Mutter irgendwie günstiger, würdest Du wegziehen?
Answer by nachdenkerin · Jul 03, 2020 at 11:26 PM
Ich fände es schon aussergewöhnlich, dass es erlaubt wird, dass eine 16-jährige alleine leben dürfte. Wenn beide Eltern das Erlaubnis geben, dann geht's. Gegen der Wille eine oder beide Elternteile? Dafür müsste es wirklich triftige Gründe geben.
Wenn Du nicht zu deinem Vater selber ziehen kannst, kennst Du, oder kennt er, jemanden anderem, d.h. eine andere Haushalt mit Erwachsenen, die Dich aufnehmen könnten? z.B. ältere Geschwister von Dir, oder eine Tante, einen Onkel, Kusinen oder Grosseltern, oder vertraute Freunde von deinen Eltern, oder vielleicht die Familie einer deine Freundinnen? Wenn es eine solche Lösung gäbe, könnte ich mir vorstellen, dass es eher ein friedlicher Übergang möglich sein könnte.
Answer by nachdenkerin · Jul 03, 2020 at 11:50 PM
Du bist 16, und dann ist es für jede Mutter, für jeden Vater, gerade eine grosse Herausforderung, richtig einzuschätzen, in welcher Mass Du noch "ganz Kind" bist, in welchen Hinsichten schon "völlig Erwachsen", und wo der Übergang gut geht, sofern sie Dich noch sinnvoll unterstützen, finanziell, im Alltag, und seelisch, und welche Verantwortung Du zunehmend selber übernehmen solltest.
Hier sind andere Threads mit verschiedenen Tipps aus unterschiedlichen Perspektiven, von Jugendlichen die von zu Hause ausziehen wollen oder müssen. Wenn Du sie liest, merkst Du, dass Du damit nicht alleine bist. Jede Situation ist natürlich anders, aber vielleicht findest Du hier doch etwas, das Dir helfen könnte.
Von zuhause Ausziehen nicht erlaubt:
https://www.beobachter.ch/foren/questions/17535/von-zuhause-ausziehen-nicht-erlaubt.html?page=1&pageSize=10&sort=oldest
Rauswurf von Zuhause, wie weit müssen meine Eltern mich finanzielle unterstützen?
https://www.beobachter.ch/foren/questions/19051/rauswurf-von-zuhause-wie-weit-muessen-meine-eltern-mich-finanzieren.html
Lehre abgebrochen, gesundheitliche Gründe, Eltern wollen, dass ich Ausziehe
https://www.beobachter.ch/foren/questions/18458/lehre-abgebrochen-gesundheitliche-gruende-eltern-wollen-dass-ich-ausziehe-ohne-job-was-habe.html
Für den kommenden Gesprächen mit deinem Vater, mit deiner Mutter, oder mit deiner Anwältin, wird es helfen, wenn Du selber in deinen Gedanken strukturiert bist, und ihnen mit Fakten und Zahlen auf Papier zeigen kannst, dass Du deinen Vorhaben bodenständig und realitätsbezogen durchdacht hast.
Je gründlicher Du das tun kannst, desto höher ist die Chance, dass eine gute Lösung für Dich gefunden wirst.
Und wenn alle sich friedlich einigen könnten, müsstest Du die Frage der Sorgerecht nicht mal angehen.