Seit eh und je gehören Schulabgänger zu den bevorzugten
«Beutetieren» von Versicherungsagenten. Junge
Leute sind meist ungebunden, das Geld sitzt locker, und sie
haben keinerlei Erfahrungen mit Agententricks – eine
Situation so recht nach dem Gusto cleverer Policenverkäufer.
Ein Beispiel unter vielen ist Walter E., der vor drei Jahren
als 25-Jähriger sein Studium mit dem Lizenziatsexamen
abschloss und sofort einen Job fand. Zwei Wochen später
hatte er bereits einen Versicherungsagenten im Haus. Der Mann
war bei seinen Eltern eingeführt und kannte deshalb die
privaten Verhältnisse.
Der Agent schlug Walter E. vor, in die gebundene Vorsorge
3a zu investieren und eine gemischte Lebensversicherung mit
einem garantierten Todesfallkapital abzuschliessen. Obwohl
die lange Laufzeit von 40 Jahren bis zum AHV-Alter nicht nach
seinem Geschmack war, ging Walter E. nach einigem Zögern
auf den Vorschlag ein. Der Agent hatte ihn mit Grafiken und
Tabellen von den Steuervorteilen der Säule 3a überzeugt.
Zudem hatte er jetzt eine feste Stelle und konnte die Jahresprämie
von 4000 Franken leicht aufbringen.
Walter E. bezahlte Jahr für Jahr. Die Risikoprämie
für den Todesfallschutz hätte er sich allerdings
schenken können. Denn der Agent hatte ihm verschwiegen,
dass er als Lediger gar keine Todesfalldeckung braucht: Im
Fall seines Todes wäre ja niemand in finanzielle Not
geraten.
Inzwischen hat Walter E. jedoch geheiratet. Kathrin, seine
Frau, ist schwanger und wird ihren Job zumindest für
einige Zeit aufgeben. Er bereitet sich auf ein Nachdiplom
vor und wird vorderhand nur Teilzeit arbeiten. Die Pensionskasse
seiner neuen Firma deckt aber nur Minimalleistungen bei Tod
und Invalidität. Mit anderen Worten: Falls Walter etwas
zustösst, könnte es für seine Frau und das
Kind knapp werden. Sie brauchen deshalb dringend Versicherungsschutz.
Teure Lebensversicherung
Erst jetzt ist Walter E. aufgegangen, wie fragwürdig
die damalige Beratung war. Für die jetzigen Bedürfnisse
reicht seine Police nämlich überhaupt nicht aus.
Die Todesfallsumme ist ungenügend, und gegen Invalidität
ist er nicht versichert. Eine Zusatzdeckung kann sich das
Paar aber nicht leisten, da die Jahresprämie von 4000
Franken sein Budget bereits sehr belastet.
Ohne diesen Klotz am Bein wäre es hingegen einfach:
Der benötigte Risikoschutz liesse sich über eine
spezielle Risikopolice abdecken. Weil ohne Sparanteil, wäre
hier die Prämie viel günstiger. Walter und Kathrin
bleibt nun nur ein Ausweg: die Sistierung von Walters Versicherungspolice
und eine Überweisung des Rückkaufswerts auf ein
Vorsorgekonto 3a bei einer Bank. Freilich gehen von den drei
einbezahlten Jahresprämien von insgesamt 12000 Franken
45 Prozent beziehungsweise 5400 Franken verloren (Offerte
Helvetia Patria; die Konditionen der anderen Anbieter sind
meist noch schlechter).
Walter E. wäre offensichtlich besser beraten gewesen,
wenn er seinerzeit über die Bank gespart hätte,
zumal hier die gleichen steuerlichen Vorteile winken. Da es
beim Banksparen keinen Zwang zur Einzahlung gibt, könnte
die junge Familie jetzt einfach ihre jährlichen Einlagen
reduzieren und hätte so die Mittel für den Abschluss
einer separaten Risikopolice.
Für welches Sparvehikel sollen sich Walter und Kathrin
entscheiden, wenn die finanzielle Durststrecke zu Ende ist
und wieder Geld fürs Sparen übrig bleibt? Die schlechte
Erfahrung mit der Lebensversicherung werden sie nicht erneuern
wollen, ergo werden sie künftig wohl über die Bank
sparen. Hier werden sie zwischen den beiden Möglichkeiten
Konto- oder Wertschriftensparen wählen müssen.
Müssten sie sich bereits heute entscheiden, so käme
wegen des schlechten Börsenklimas wohl nur das Bankkonto
in Frage. Damit bliebe freilich unberücksichtigt, dass
die gebundene Vorsorge wegen der langen Anlagedauer (siehe
Nebenartikel) sehr gute Voraussetzungen für eine überdurchschnittliche
Rendite mit Wertschriften bietet – an dieser Erfahrung
kann auch eine Börsenbaisse nicht rütteln.
Das sei am Beispiel des vor 28 Jahren gegründeten
Anlagefonds Mixta-BVG von Credit Suisse erläutert (siehe
Nebenartikel). Zwischen 1974 und Mitte 1998 rentierte dieser
Fonds, der einen Aktienanteil von rund einem Drittel aufweist,
im Durchschnitt mit 8,2 Prozent. Obwohl der Kurs dieses Anlagefonds
seit Juli 1998 kontinuierlich zurückgegangen ist, beträgt
die Durchschnittsrendite immer noch 6,8 Prozent. Mit anderen
Worten: Dank der langen Anlagedauer von 28 Jahren haben die
schlechten letzten Börsenjahre die Rendite nur um rund
einen Sechstel reduziert.
Börsenabhängige Vorsorge
Das Beispiel zeigt: 3a-Sparende sollten den Aktienanteil auf
ihren Anlagehorizont abstimmen. Für ältere Anleger,
deren Anlagehorizont vergleichsweise kurz ist, eignen sich
wegen ihres geringen Risikos vor allem Fonds mit einem kleinen
Aktienanteil von zehn bis zwölf Prozent (siehe Nebenartikel).
Auffallend ist, dass die beiden Produkte von UBS und Prevista
in dieser Kategorie trotz fast identischem Aktienanteil eine
sehr unterschiedliche Performance erzielt haben: Seit 1998
war der BVG Profil 3 mehr als doppelt so gut wie der Fiscainvest
12 von UBS. Die Grossbank hinkt bei der gebundenen Vorsorge
seit Jahren hinter der Konkurrenz her; daher lässt sie
seit letztem Herbst die Portefeuilles in der gebundenen Vorsorge
vor allem durch firmenfremde Fondsmanager verwalten. Bisher
hat sich das nicht gelohnt, wie die negative Performance in
diesem Jahr zeigt. Langfristig stellt die UBS jedoch bessere
Erträge in Aussicht.
Fonds mit einem höheren Aktienanteil haben es seit
2001 schwer. So musste ein Anleger, der im Januar 2001 in
den Raiffeisen-Fonds Pension Invest 50 (Aktienanteil 50 Prozent)
einstieg, bis Ende Juli einen kumulierten Wertverlust von
15,4 Prozent hinnehmen; die Konkurrenz hat ähnlich schlecht
abgeschnitten. Wer hingegen bereits Jahre vor dem Börsencrash
investierte und auch positive Renditen verbuchen konnte, kann
immer noch sehr gut schlafen. In den letzten siebeneinhalb
Jahren lagen zum Beispiel beim BVG Diversifikation 3 von Prevista
durchschnittlich 9,2 Prozent drin; seit Januar 1998 sind es
immerhin noch 4,6 Prozent.
Sparen über ein Vorsorgekonto
Wer das Vertrauen ins Wertschriftensparen verloren hat oder
bei Börsenbaissen schnell die Nerven verliert, investiert
sein Geld besser in ein gebundenes Vorsorgekonto. Vor einer
Kontoeröffnung sollten die Zinssätze der einzelnen
Anbieter unter die Lupe genommen werden (siehe Nebenartikel).
Der findige Anleger wird bald herausfinden, dass die Grossbanken
konsequent tiefere Zinsen bieten als ihre Konkurrenten. So
findet man die UBS in einem Branchenvergleich des «K-Tipps»
für die Jahre 1995 bis 2001 mit einer durchschnittlichen
Verzinsung von 2,95 Prozent auf dem letzten Platz, die Zürcher
Kantonalbank ist mit 3,03 Prozent nur wenig besser. Die Credit
Suisse, in den Anfängen der gebundenen Vorsorge 3a noch
für Spitzenleistungen gut, ist in den letzten Jahren
auf das Niveau der UBS herabgesunken. Mit 3,48 Prozent am
besten schneidet in der Umfrage die Kantonalbank von Nidwalden
ab; die Migros-Bank liegt mit 3,44 Prozent nur unwesentlich
zurück.
Man lasse sich von der geringen Differenz von rund einem
halben Prozentpunkt nicht täuschen: Über Jahrzehnte
hinweg – und so lange Zeitspannen sind in der gebundenen
Vorsorge die Regel – resultieren selbst aus geringen
Zinsdifferenzen in der Schlussabrechnung grosse Unterschiede:
Bei einer jährlichen Einzahlung von 5000 Franken liegen
bei einer durchschnittlichen Verzinsung von 2,95 Prozent nach
35 Jahren rund 205100 Franken auf der hohen Kante. Mit 3,45
Prozent verzinst, wären es hingegen 33000 Franken mehr.
Damit liesse sich im AHV-Alter immerhin eine Weltreise machen.
Bis dahin haben Walter und Kathrin noch eine lange Zeit
vor sich. Deshalb könnten sie es in zwei Jahren durchaus
riskieren, den goldenen Mittelweg zu beschreiten und ihren
Alterssparbatzen zu halbieren: Eine Hälfte wandert in
Wertschriftenfonds, die andere aufs Vorsorgekonto 3a. Wenn
die Börsen verrückt spielen, ist wenigstens das
halbe Kopfkissen noch für einen tiefen Schlaf gut.