Die 20-minütige Reparaturarbeit an der Waschmaschine kostete 36 Franken, 60 Franken die Wegpauschale. «Das ist doch ein krasses Missverhältnis!», ärgert sich Edwin L. über die Rechnung des Servicemonteurs.

Fragen nach Höhe und Berechnungsart der Wegkosten werden am Telefon des Beobachter-Beratungszentrums regelmässig gestellt. Die Erwartung der Ratsuchenden: Das Gesetz regle die Wegkosten und die Art, wie sie abzurechnen sind. Das ist nicht der Fall. Im Obligationenrecht heisst es nur ganz allgemein, dass der effektive Aufwand den Preis bestimmt, wenn dieser im Voraus nicht genau abgemacht worden ist.

In der Praxis stützen sich viele Unternehmen auf die Empfehlungen ihrer Branchenverbände. Diese Vorgaben sind aber weder für die Firmen noch für die Kundschaft verbindlich, sondern bloss Richtschnur – eine sehr lockere Richtschnur, wie eine Umfrage des Beobachters zeigt.

Rückt etwa ein Schreiner aus, um eine lädierte Tür zu flicken, rät der Schreinermeister-Verband: Anfahrtszeit mit dem üblichen Stundenansatz des Fachmanns verrechnen, zuzüglich Fahrzeugkosten bis zu zwei Franken pro Kilometer. Auch in der Fenster- und Fassadenbranche wird so gerechnet: Der Monteur notiert die Fahrzeit als Arbeitszeit. Dazu kommt die Vergütung für den Servicewagen. Bei einer fahrenden Werkstatt ist der Ansatz höher als bei einem gewöhnlichen Transporter.

Für Heizungsfachleute gilt ebenfalls: Reisezeit ist Arbeitszeit. Die Anfahrt wird separat, aber zum gleichen Stundenansatz wie die übrige Arbeit abgerechnet. Erfolgt die Reparatur im Umkreis von zehn Kilometern ab Servicestelle, ist das Auto im Stundenansatz inbegriffen. Bei längeren Strecken wird der Wagen mit 70 Rappen pro Kilometer verrechnet. Wenn ein Monteur auf der Servicetour mehrere Kunden besucht, sei die Reisezeit aufzuteilen, sagt Urs Wyssling von der Clima Suisse.

Die Verbände der Elektroinstallationsfirmen sowie der Maler und Gipser machen ihren Mitgliedern keine Empfehlungen. Üblich ist, dass bei Aufträgen nach Aufwand die Fahrzeit als Arbeitszeit verrechnet wird, wobei das Fahrzeug in der Regel im Stundenansatz inbegriffen ist.

Ohne Werkzeug am Steuerrad

Radio- und Fernsehfachleute kennen ein differenzierteres System: Für Reparaturen im städtischen Umfeld empfiehlt der Verband Schweizerischer Radio- und Televisions-Fachgeschäfte (VSRT) eine Pauschale, die 80 bis 90 Franken beträgt. Bei langen Anfahrten von der Stadt aufs Land empfiehlt der Verband, Reise- und Autokosten individuell abzurechnen. Wobei für die Reisezeit ein tieferer Stundenansatz gilt als für die Reparaturarbeit. VSRT-Präsident Raymond Vonesch: «Während der Reise fährt der Monteur ja bloss Auto und hat kein Werkzeug in der Hand.»

Allein auf das System der Wegpauschale setzt der Fachverband der grossen Haushaltgeräte (FEA). Er rät seinen Mitgliedern, für die Reisezeit und das Fahrzeug in der ganzen Schweiz und bei jedem Servicefall einen einheitlichen Satz anzuwenden. Die Idee, so FEA-Geschäftsführer Rudolf Bolliger: «Ein Kunde in Samnaun soll für die Anfahrt nicht mehr bezahlen als einer in Affoltern am Albis. Es ist ja reiner Zufall, ob jemand in der Nähe einer Servicestelle wohnt oder nicht. Wir appellieren hier an die Solidarität unter den Konsumenten.»

«Für diesen Solidaritätsgedanken haben die Leute aber immer weniger Verständnis», bedauert Katharina Hasler, Präsidentin des Konsumentenforums Schweiz. Für sie hat die Pauschale den Vorteil, dass man im Voraus genau weiss, mit welchen Wegkosten man rechnen muss.

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) sieht in der Pauschale nichts Positives, obwohl sie seinerzeit auch an der FEA-Empfehlung mitgewirkt hat. «Die einheitliche Wegpauschale ist nicht zeitgemäss», kritisiert SKS-Geschäftsleiterin Jacqueline Bachmann. «Die Leute wählen eine möglichst nahe Servicestelle und sind nicht bereit, lange Fahrten aufs Land mitzufinanzieren.» Die SKS verlangt deshalb vom FEA: Wegpauschalen sollen abgestuft werden – für kurze Strecken niedrigere, für lange Anfahrtswege höhere Ansätze.