Andrea Löpfe war 16 und «nicht wirklich rebellisch drauf». Dennoch entschied sie sich, ein Tattoo stechen zu lassen. «So ein Kunstwerk auf der Haut hatte halt seinen Reiz. Es war cool und passte gut zu den Piercings in Bauch, Nase und Zunge, fand ich.» Und nicht jeder liess sich stechen, schon gar nicht in dem Alter. Andrea war unter Teenagern etwas Besonderes. Damals.

Heute ist sie eine von vielen – eine von schätzungsweise zwei Millionen Tätowierten in der Schweiz. Für die Kommunikationsfachfrau aus Zürich sollte es ein Pegasus sein – ein geflügeltes Pferd. Damals hatte sie gerade einen neuen Freund, und der stand auf Raubtiere. «Ich habe mir tatsächlich überlegt, einen Tiger stechen zu lassen. Zum Glück siegte die Vernunft über mein Teenager-Hirn.» Heute kann sich die 29-Jährige trotzdem kaum erklären, was sie damals geritten hat.

Das ominöse Permanent Make-up

Die Dame, die ihr das Pferd verpasste, war Kosmetikerin, die neben dem Ausdrücken von Pickeln auch Tattoos anbot – unter dem Begriff «Permanent Make-up». Sie lullte den Teenager mit der Phrase ein, das Pferd würde nach ein paar Monaten verschwunden sein. «Ich dachte: umso besser. Falls es mir nicht gefällt, ist es bald wieder weg», sagt Löpfe. Das böse Erwachen kam ein halbes Jahr später, als der Pegasus noch immer auf ihrem linken Schulterblatt prangte – in prallen Farben.

«Ich habe einige solche Geschichten gehört», sagt Guido Varesi. Der Tätowierer ist seit 32 Jahren im Geschäft. Als der Trend mit den Permanent Make-ups aufgekommen sei, hätten viele Kosmetikerinnen auf den Tattoo-Zug aufspringen wollen. Denn mit gestochenen Bildchen liess sich gutes Geld verdienen.

Was viele gar nicht wissen wollten: Gestochen ist gestochen – ob «Auf ewig dain» oder ein hübsches chinesisches Zeichen, das sich als «Campingtisch» entpuppt. Auch dass die Farbe nach einer Weile verschwindet, ist ein Mythos. Sie verblasst höchstens. Verschwinden tun nur Henna- oder Kaugummipapierli-Tattoos für Kids.

Worauf man achten sollte

Katastrophen wie jene bei Andrea Löpfe lassen sich verhindern. Mit der richtigen Vorbereitung: 

  • Was?
    Zuerst sollte man sich im Klaren sein, welches Motiv man haben möchte. Eine gute Entscheidungshilfe ist die eigene Motivation: Will man eine Erinnerung an die Geburt des ersten Sprösslings? Oder einen zähnefletschenden Wolfskopf mit roten Augen?

  • Wo?
    Ein feuerspeiender Drache am Hals, das mag mit 18 cool sein, im Berufsleben ist es aber ein Nachteil. Wer auf Nummer sicher gehen will, entscheidet sich für eine Körperstelle, die von einem T-Shirt locker bedeckt wird.

  • Welcher Stil?
    Wer sich da nicht sicher ist, blättert am besten Arbeitsmappen der Künstler durch. Sie liegen in den Studios auf. Und sonst ist das Internet eine gute Inspirationsquelle.

  • Bei wem?
    In der Schweiz darf von Gesetzes wegen jeder zur Tätowiernadel greifen. So läuft man schnell einmal jemandem in die Arme, der pfuscht. Und der Pfusch bleibt: Linien, die nach ein paar Monaten «ausfransen», die zu tief oder zu wenig tief gestochen wurden.

Nicht selten trifft man Pfuscher auch an Tattoo-Partys. Da trinken sich Abenteuerlustige in kleiner Runde im heimischen Wohnzimmer Mut an, um dann einen Körperteil einem «Tattoo-Künstler» hinzuhalten. Das Problem: «Diese Leute halten kaum Sicherheitsstandards ein. Das fängt schon bei den giftigen Farben an», sagt Luc Grossenbacher, Präsident des Verbands für Berufstätowierer.

Profis erkenne man daran, dass sie hygienisch arbeiten. Die Schweizer Fachverbände der Tätowierer, Piercer und Kosmetiker haben deshalb zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit ein Qualitätslabel geschaffen, um die Hygiene sicherzustellen. Doch Verbandszugehörigkeit ist nicht alles. Viele der wirklich guten Tätowierer in der Schweiz gehören dem Verband nicht an.

Für Tattoo-Experten zählt letztlich nur eines: der gute Ruf. Die wirklich guten Tätowierer haben sich einen Namen gemacht. Wer dazugehört, erfährt man mitunter an Tattoo-Conventions – das sind Messen, an denen Tätowierer ihr Können zur Schau stellen. Solche gibt es in Zürich, Gossau SG und Schaffhausen, aber auch im näheren Ausland. Die Daten findet man in Tattoo-Zeitschriften.

Solche Tätowierer machen auch gute Cover-ups, wenn man an den Falschen geraten ist und ein hässliches Tattoo weghaben will. Sie schaffen es, das alte Motiv in seinen Formen und Farben gut in ein neues einzubinden.

Aber man muss sich keine falschen Hoffnungen machen: Das Cover-up wird immer etwas grösser sein als das bestehende Tattoo. Wer das nicht will, dem bleibt nur das Weglasern. Das ist aber teuer, bestätigt Adrian Gsell, Geschäftsleiter einer Tattoo-Entfernungspraxis in Dietikon. Seine Faustregel: «Das Weglasern kostet in der Schweiz fünfmal mehr, als man für das Stechen des Motivs bezahlt hat.»

Sechs Tipps für bessere Tattoos

  • Fragen Sie Freunde und Bekannte, die schöne Tattoos haben, nach ihren Erfahrungen. Und wenn Sie auf der Strasse jemanden mit einem guten Tattoo sehen: Sprechen Sie die Person an. Sie wird sich geehrt fühlen – und Sie finden den für Sie richtigen Tätowierer.

  • Ein Blick ins Studio verrät vieles: Daumen hoch für Tätowierer, die einen guten und gepflegten Eindruck machen. Stichworte: gepflegte Fingernägel, saubere Räume.

  • Vergewissern Sie sich vor dem Stechen, dass hygienisch gearbeitet wird (Desinfektion der Haut und der Geräte).

  • Halten Sie sich an die Ratschläge zur Pflege. Wer in den ersten Wochen an die Sonne geht, im Chlorwasser badet oder in die Sauna geht, riskiert eine Infektion der Wunde. Dann ist das schönste Tattoo kaputt.

  • Direkte Sonne lässt jedes Tattoo verblassen. Darum gilt lebenslang: Im Schatten bleiben und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor benützen.

  • Wer Angst hat vor dem Stechen, begnügt sich mit einem Kaugummi- oder Henna-Tattoo.