Spät am Abend piepste das Handy: «Jemand hat
sich in Dich verliebt und hat uns gebeten Dir das mitzuteilen.»
Drei solcher Liebes-SMS bekam René Hofer in einer Woche
jedes mit dem Versprechen, ihn via 0901-Nummer mit
der Handynummer einer Verehrerin bekannt zu machen. Die Anrufe
kosteten Fr. 4.23 bis Fr. 6.66 in der Minute. Hinter den Attacken
steckten aber keine liebeshungrigen Frauen, sondern auf schnelles
Geld versessene SMS-Dienstbetreiber.
Das Geschäft mit der unredlichen elektronischen Kuppelei
boomt. Vor drei Monaten gabs erst einen Anbieter, jetzt suchen
mindestens vier via Herzen einen Weg in die Portemonnaies
der Handybesitzer. Die Betreiber können mit kleinsten
Ausgaben grosse Beträge generieren. Sie bezahlen zwei
bis vier Rappen für ein SMS, dann wird über die
0901-Nummer abkassiert: Bis zu 80 Prozent des in Rechnung
gestellten Betrags gehen in die eigene Tasche.
Viele SMS-Empfänger fühlen sich von den vorgetäuschten
Liebesbotschaften belästigt. Innerhalb von zwei Monaten
haben sich über 50 verärgerte Konsumenten auf der
Webseite www.handybetrug.ch eingetragen. Auch bei den Telekomfirmen
und dem zuständigen Bundesamt Bakom nehmen die Beschwerden
zu. Doch wer sich gegen Liebes-SMS wehren will, wird abgewiesen:
Niemand will verantwortlich sein.
Wenig Hilfsbereitschaft
Beim Bakom gibt man keine Angaben über SMS-Betreiber
heraus, ausser es besteht der Verdacht auf Missbrauch oder
Verletzung von geltendem Recht.
Beim Telekomunternehmen Smartphone, zu dessen Kunden mehrere
SMS-Betreiber gehören, gab es schon einige Reklamationen.
Smartphone empfiehlt SMS-Geschädigten, sich per E-Mail
von der Empfängerliste streichen zu lassen. Aber bei
Fragen zu den SMS-Betreibern gibt Smartphone den Ball zurück
ans Bakom: «Infos sind dort einfacher zu kriegen»,
so Smartphone-Mitarbeiter Andreas Graf.
Sunrise gibt sich hilfsbereit und nennt die Namen ihrer
SMS-Dienstanbieter. Damit ist die Hilfsbereitschaft aber auch
schon erschöpft. Bei der Suche nach dem Betreiber Intelligent
Media AG in Zug stösst man zumindest im Telefonbuch
auf gähnende Leere. Die Verantwortlichen verstecken
sich hinter zahlreichen Briefkastenfirmen und Zwischenhändlern.
Die Telekomfirmen und das Bakom beteuern, dass ihnen Spamming,
das unverlangte Verbreiten von Massensendungen, ein Dorn im
Auge sei. Bei Orange und Swisscom werden die eigenen Vertragspartner
drauf hingewiesen, dass Spamming explizit untersagt sei. Beide
haben unter ihren Kunden keine SMS-Betreiber; sie engagieren
sich deshalb auch nicht sonderlich. «Wir können
nichts gegen Love-SMS tun, denn wir sind nichts anderes als
der Übermittler», erklärt Orange-Sprecherin
Therese Wenger. Bei Swisscom ist man laut Sprecher Josef Huber
wenigstens daran, die Preise für Netzbetreiber wie Sunrise,
die übers Swisscom-Netz SMS verschicken lassen, um einige
Rappen anzuheben. Damit wird Spamming massiv teurer.
Auch beim Bakom will man den Eindruck erwecken, dass das
Anliegen «Kunde» kein Lippenbekenntnis ist: Mit
der Annäherung an die kundenfreundlicheren EU-Richtlinien
soll mehr Transparenz geschaffen werden. Aber die Änderung
des Fernmeldegesetzes tritt voraussichtlich erst ab nächstem
Frühling in Kraft.
Derzeit können die Betroffenen von den beteiligten
Stellen also wenig erwarten. Nur einen Rat geben alle gern
und gratis: das Liebes-SMS sofort zu löschen.