Die schreienden Lettern beruhigen: «NO ADDED SUGAR» steht auf der Kellogg-Müeslipackung. Kein zugefügter Zucker. Es schmeckt süss, hat aber keine Berge von Kristallzucker drin. Nur natürliche Zutaten. 

Das Werbeversprechen «ohne Zuckerzusatz» ist in den Niederlanden allerdings als falsch beurteilt worden. Eine Irreführung der holländischen Verbraucher durch Kellogg. In der Schweiz gilt das jedoch nicht. 

Eine Klage bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission, die irreführende Werbung rügt, würde wohl auch nichts bringen. Denn der internationale Flöcklihersteller Kellogg betreibt sein Zucker-Verzichtsprogramm Kellogg's Crunchy-Müsli Nachhaltigkeit als Werbegag  ziemlich clever. Er operiert so gekonnt in der gesetzlichen Grauzone, dass sein Müesli zwar entzuckert wirkt, aber richtig süss bleibt. 

Ein Gummiparagraph machts möglich

Kelloggs Zaubertrick heisst Dattelpaste. Statt Kristallzucker hat’s im Müesli ziemlich viel von dieser Paste drin, die überwiegend aus Zucker besteht . 12 bis 16 Prozent des Müeslis sollen aus Dattelpaste bestehen, errechnete die Ernährungsorganisation Foodwatch. Sie spricht deshalb von «unzulässiger Gesundheitswerbung». Migros und Coop verkaufen es trotzdem.

Der Dattelpastentrick ist denn auch nur halblegal. Denn was drin sein darf, wenn «ohne Zuckerzusatz» draufsteht, regelt das Gesetz. In Holland und in der Schweiz lautet der entsprechende Paragraph genau gleich. Die EU hat’s erfunden, die Schweiz abgekupfert: Die Angabe «ohne Zuckerzusatz» ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht «irgendein anderes wegen seiner süssenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthält» anstatt Zucker. 

Die Vorschrift ist so unpräzise formuliert, dass sich die Juristen die Hände reiben. Ein Gummiparagraph. So ist für den holländischen Werberat zwar klar, dass Kellogg die Dattelpaste wegen ihrer «süssenden Wirkung» verwendet hat und trotzdem «ohne Zuckerzusatz» draufschrieb, was dem Gesetz widerspricht. Er rügte Kellogg deshalb.
 
Doch Kellogg behauptet, die Dattelpase sei nicht wegen ihrer «süssenden Wirkung» im Müesli drin, sondern wegen der Konsistenz. Ohne Paste klebten die Haferflocken nicht schön zusammen. Folglich verstosse Kellogg nicht gegen das Gesetz.

Vorbildliche «Familia»

Ehrlicher wäre jedoch, wenn «mit Dattelpaste gesüsst» draufstehen würde statt «ohne Zuckerzusatz». So wie es die Obwaldner Müeslimischfirma Familia bei einigen Produkten macht. Aber das lässt sich halt weniger gut vermarkten.

Ist Fruchtzucker gesünder als raffinierter Zucker?

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Ist Zucker aus Früchten gesünder als Raffinerie-Zucker? Dr. med. Twerenbold klärt auf.
Quelle: Beobachter Bewegtbild
«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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