Der Anrufer lässt keinen Zweifel daran, dass es ihm ernst ist: «Passen Sie auf, wenn Sie mir am Morgen noch einmal meine Zeitung klauen, gehe ich zur Polizei!» Schliesslich sei er «früher selbst im Polizeidienst» gewesen.

Was nach einem verärgerten Nachbarn klingt, ist ein «Spassanruf». So jedenfalls sieht es der Deutsche Marc Waesche, Betreiber der Telefonspass-Website «Marcophono.com». Über diese kann man anonym jede beliebige Festnetznummer anrufen und Leute veräppeln. Dazu stehen über 30 Szenarien zur Verfügung: «verärgerter Ebay-Käufer», «Pizzakurier» oder «Abdulla Ali Akbar», der den Bau einer Moschee in der Strasse des Angerufenen ankündigt. Dabei kann man je nach Reaktion der Angerufenen per Klick vorgefertigte Gesprächsschnipsel einspielen und das Ganze via Website oder App live mithören.

«Natürlich bedienen wir niedere Instinkte. Aber das tut ein Bordell auch.»

Marc Waesche, Betreiber von Marcophono.com

Da die Website vom Ausland aus betrieben wird, sind den Schweizer Behörden jedoch die Hände gebunden. Sollte eine strafbare Handlung vorliegen, etwa der Missbrauch einer Fernmeldeanlage, Ehrverletzung oder Drohung, müsste die Schweiz über ein Rechtshilfeverfahren versuchen, gegen die Betreiber vorzugehen. Betroffene aus der Schweiz können sich somit nur wehren, wenn jemand ihre Reaktion auf den Anruf aufnimmt und im Internet veröffentlicht. Das verletzt aber die Persönlichkeitsrechte und ist illegal. Dennoch existieren auf Youtube nicht weniger als 24'000 solcher Aufnahmen mit Marcophono-Scherzen – häufig mit Name und Telefonnummer der Opfer.

Diese finden den «Telefonspass» oft alles andere als spassig: Vor allem ältere Leute reagieren hörbar gestresst oder verängstigt. Betreiber Marc Waesche sagt, er lege Wert darauf, «das Stresspotenzial so weit wie möglich zu minimieren». Natürlich bediene Marcophono niedere Instinkte, räumt er ein, «aber das tut eine Konditorei, eine Achterbahn oder ein Bordell auch».