Schätzungsweise zwei Drittel der Bevölkerung beschleicht ein mulmiges Gefühl, wenn sie an den Zahnarzt denken oder auf dem Behandlungsstuhl liegen. Dieses Ziehen in der Magengegend ist aber kein Vergleich zu dem, was Menschen mit ausgeprägter Zahnarzt-Angst durchmachen. Haben sie sich endlich überwunden, die Praxis aufzusuchen, brechen sie in schiere Panik aus. Sie zittern vor Angst, bekommen Herzrasen, Schweissausbrüche, Weinkrämpfe, Durchfall und Übelkeit - bis hin zum Kreislaufkollaps.

Zahnarzt-Angst, die sogenannte Dentophobie, gräbt sich tief ins Unbewusste ein. Jemand, der als Kind schmerzhafte Behandlungen erleben musste, kann das auch als Erwachsener nicht vergessen. Oft werden auch Ängste der Eltern auf die Kinder übertragen oder von älteren Geschwistern auf die jüngeren. Manchmal findet sich aber auch keine rationale Begründung; das ist typisch für Phobien.

Die Zeit arbeitet gegen Sie

Die Folgen können fatal sein. Den Patienten ist bewusst, dass sie zum Zahnarzt gehen müssten. Doch sie schieben die Behandlung vor sich her und nehmen in Kauf, dass ihre Zähne immer schlechter werden. Entzündungen, Karies und Schmerzen machen sich breit. Die Beschwerden werden bei manchen Betroffenen so schlimm, dass sie es ohne Medikamente nicht mehr aushalten und das Zähneputzen kaum mehr möglich ist. Und mit der Zeit schämen sie sich, trauen sich nicht mehr zu lachen, verkrampfen sich beim Sprechen, wagen sich nicht mehr unter die Leute. Ein Teufelskreis, der zu sozialer Isolation führen kann. Das Schlimmste aber ist, dass Dentophobiker mit kaum jemandem über ihre Angst sprechen können, ohne ausgelacht zu werden. Es gibt sogar Zahnärzte, die keinerlei Verständnis haben für diese extreme Form der Angst.

Entspannen mit Lachgas

Dabei gibt es spezielle Methoden, mit denen sich die Furcht lindern lässt - und manchmal gar ganz verschwindet. Spezialist verwenden hier Lachgas. Über eine kleine Nasenmaske atmet der Angstpatient während der Behandlung ein Gemisch aus Lachgas und Sauerstoff ein. Gleichzeitig lauscht er über Kopfhörer entspannender Musik. Angst, Stress und Verspannung lösen sich schon nach kurzer Zeit. Der Patient gleitet hinüber in einen tranceähnlichen Zustand, ist ruhig und hängt seinen Gedanken nach.

Weitere Vorteile: Lachgas mindert den Würgereiz, unter dem viele Angstpatienten leiden. Kleinere Behandlungen sind wegen der schmerzstillenden Wirkung ohne Spritze möglich. Jene Patienten, die eine Spritze brauchen, merken den Einstich nicht. Und noch ein positiver Effekt: Ist die Behandlung gut verlaufen, verliert der Patient die «Angst vor der Angst». Viele können danach sogar ohne Lachgas behandelt werden. Die Methode hat keine Nebenwirkungen. Nur selten wird einem Patienten übel davon.

Wer tief schläft, lernt nichts

Lachgas ist aber nicht für alle Angstpatienten geeignet, da manche Leute  Probleme damit haben, loszulassen und die Kontrolle über sich ein Stück weit aufzugeben. Andere Patienten leiden zusätzlich zur Zahnarztangst unter Klaustrophobie und fühlen sich durch die Nasenmaske eingeengt. Hier brauchts andere Beruhigungsmittel.

Zurückhaltend eingesetzt wird Vollnarkose. Sie wird nur dann verabreicht, wenn alle anderen Methoden versagen. Der Grund: Patienten können abhängig davon werden, selbst einfache Füllungen sind dann nur noch mit Vollnarkose möglich. Ausserdem lernt der tief schlafende Patient nicht das, was er eigentlich lernen sollte: die Phobie abzubauen und zu merken, dass eine Zahnbehandlung nicht automatisch mit Schmerzen verbunden ist.

So verliert der Bohrer an Schrecken

  • Geben Sie sich schon als Angstpatient zu erkennen, wenn Sie einen Termin vereinbaren. So kann sich Ihr Zahnarzt darauf einstellen und mit Ihnen geeignete Behandlungen besprechen. Eine Übersicht der Praxen, die spezielle Methoden für Angstpatienten anwenden, findet sich auf der Homepage der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft: www.sso.ch


  • Einige Zahnärzte wenden bei Angstpatienten Hypnose an. Sie dämpft die Angst und das Schmerzempfinden. Patienten werden in leichte Trance versetzt, sie können dabei die Zahnbehandlung aus dem Bewusstsein ausklinken. Meist braucht es ein oder zwei Sitzungen zum Üben. Eine Liste von Hypnose-Zahnärzten findet sich bei der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Hypnose: www.smsh.ch
  • Eine Alternative zum Bohrer ist der Laser. Die Geräte arbeiten geräusch- und schmerzärmer, sind bislang aber nur für kleinere Reparaturen geeignet. Dasselbe gilt für Ultraschallgeräte. Wer Angst vor dem Bohrer hat, kann nach Carisolv-Gel fragen. Das Gel wird auf den kranken Zahn aufgetragen und «frisst» Karies weg. Nachteil: Die Behandlung dauert lange.