Der Fund des Gletschermanns «Ötzi» war nicht nur für Historiker ein Ereignis. Der gut erhaltene Körper des Bronzezeitmanns, der vor 5300 Jahren in den Dolomiten ums Leben gekommen war, liefert auch Medizinern spannende Hinweise. So weiss man heute zum Beispiel, dass «Ötzi» an Arthritis und wegen einer Darminfektion an Durchfall litt.

Der Mann aus der Bronzezeit nutzte die Kräfte der Natur gegen seine Beschwerden: Uber den schmerzhaften Gelenken brachte er Pflaster mit Heilkräutern an. Und gegen die Darmparasiten nahm der pflanzenkundige Jäger einen Pilz ein, der antibiotische Wirkstoffe enthielt.

Auch viele moderne, vermeintlich «künstliche» Medikamente gegen Infektionen sind der Natur abgeschaut – zum Beispiel das bekannte Antibiotikum Penizillin. Das Stoffwechselprodukt von Schimmelpilzen verhindert den Aufbau von bakteriellen Zellwänden. Die meisten Penizilline werden jedoch nicht mehr aus Pilzen, sondern synthetisch hergestellt.

Antibiotika oft falsch angewandt

Heute werden nicht nur viel zu viele Antibiotika verschrieben, oft werden sie auch falsch angewandt: zum Beispiel bei einer Grippe oder einer akuten Bronchitis. Diese Krankheiten werden fast immer durch Viren verursacht – Antibiotika wirken jedoch nur gegen Bakterien. Zudem fördert der unkontrollierte Antibiotikagebrauch die Entstehung von resistenten Keimen, wodurch viele Medikamente ihre Wirkung verlieren. Ein guter Grund, nicht bei jedem banalen Infekt zur Tablettenschachtel zu greifen, sondern sich mit natürlichen Heilmitteln zu behelfen.

Kamille als «Bakterientöterin»

Viele Pflanzen besitzen Inhaltsstoffe mit bakterientötender Wirkung, die therapeutisch genutzt werden können. Die Kamille zum Beispiel war schon im antiken Griechenland und im römischen Reich für ihre Heilkraft bekannt. Ihre ätherischen Öle neutralisieren bakterielle Giftstoffe. Zudem enthalten die Kamillenblüten entzündungshemmende Substanzen. Bei einer bakteriellen Entzündung der Haut oder der Mundschleimhaut wirkt eine Spülung mit Kamillenextrakt oft Wunder.

Nicht geeignet ist die Kamille hingegen für Anwendungen an den Augen. Früher wurde bei Augenreizungen noch das «Auswaschen mit Kamille» propagiert. Die Gerbstoffe in der Kamille reizen jedoch die sensible Bindehaut und können allergische Reaktionen auslösen.

Eine desinfizierende Wirkung haben auch Thymian, Pfefferminze und Lindenblüten – sowie Johanniskraut, das auch gegen Depressionen verwendet wird: Es enthält die Substanz Hyperforin, das unter Laborbedingungen das Wachstum gewisser Mikroorganismen hemmt.

Gegen Erkältungen oder Grippeattacken wirken auch Teeaufgüsse aus den getrockneten Blüten der Sommerlinde oder des Schwarzen Holunders. Deren Inhaltsstoffe wirken schweisstreibend. Schon im Mittelalter wurden Holunderblüten zu Schwitzkuren eingesetzt.

Das Extrakt des roten Sonnenhuts (Echinacea purpurea) ist schon fast ein Lifestyle-Medikament. Viele stressgeplagte Leute stärken in der kalten Jahreszeit mit Echinacea-Tropfen ihre Abwehrkräfte. Ob der Sonnenhut wirklich nützt, ist jedoch umstritten.

Der Sonnenhut dient jedoch nicht nur zur Stärkung der Abwehrkräfte. In der Heimat der Pflanze, den zentralen und südöstlichen USA, pflegen die Indianer seit jeher ihre Wunden mit Echinacea-Brei. Sonnenhutkraut wird auch in unseren Breitengraden bei schlecht heilenden, oberflächlichen Wunden angewandt.

Tee hilft bei Blasenbeschwerden

Nach dem Baden in kalten oder nicht ganz sauberen Gewässern leiden vor allem Frauen oft unter Blasenentzündungen. Die ersten Symptome sind brennende Schmerzen beim Wasserlassen und häufiger Harndrang. Im Anfangsstadium wirkt ein Tee der Immergrünen Bärentraube lindernd. Er wird mit kaltem Wasser über Nacht angesetzt, dann kurz aufgekocht und – über den ganzen Tag verteilt – getrunken. Es sollten mindestens zwei Liter täglich getrunken werden: Nur so werden die Bakterien aus der Blase herausgeschwemmt.

Vorsicht vor Kortison in Kräutern

Doch Vorsicht: Nicht alles, was als «natürlich» angepriesen wird, stammt wirklich aus der Natur. So gibt es etwa unter den Anbietern von chinesischer Medizin auch etliche Scharlatane. Deren angeblich «nur aus Kräutern» hergestellte Salben und Pasten enthalten oft Kortison – eine synthetische Substanz, die zwar bei vielen Hautkrankheiten rasche Linderung bringt, aber auch gefährliche Nebenwirkungen haben kann. Aus diesem Grund sollte Kortison immer nur unter ärztlicher Kontrolle angewandt werden.

Einige «natürliche Heilmittel» sind geradezu gesundheitsgefährdend. Im Internet findet man zum Beispiel diverse Anbieter von kolloidalem Silber. Wer glaubt, dass dieses «natürliche Antibiotikum» gegen «jeden möglichen Krankheitserreger» wirkt, ist mehr als gutgläubig. Eine übermässige Einnahme von kolloidalem Silber kann zu gefährlichen Nebenwirkungen führen.

Neben pflanzlichen Heilmitteln gibt es eine Vielzahl weiterer naturheilkundlicher Methoden, die die Immunabwehr des Körpers unterstützen. Dazu gehören etwa die Heilmethoden der traditionellen chinesischen Medizin. Und nicht zu vergessen: Ein gesunder Lebensstil ist nach wie vor die beste Prophylaxe gegen Infektionskrankheiten.

Hilfe aus der Natur

Echter Thymian bei Bronchitis und Rachenentzündung. Extrakt mit ätherischem Öl zur äusseren Anwendung oder als Tee.

Pfefferminze bei Mundschleimhautentzündung und krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich.

Sommerlinde bei Erkältungskrankheiten.

Schwarzer Holunder bei Erkältungskrankheiten. Der Tee aus getrockneten Holunderblüten wirkt schweisstreibend.

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