Als der Wanderer die Wiese überqueren will, geht der Muni auf ihn los und verletzt ihn so schwer, dass der 80-Jährige später an den Folgen des Angriffs stirbt. Wie kann es zu solch tragischen Unfällen kommen?

Den Schweizern ist tiergerechte Haltung wichtig. Seit Jahren setzt man deshalb vermehrt auf Freilandhaltung – auch bei den sogenannten Mutterkuhherden. Darin leben Stiere, Kühe und Kälber auf derselben Weide, ganz wie es der Natur der Tiere entspricht. Der Trend birgt Gefahren für Wanderer, die das Hoheitsgebiet der Herde durchqueren: durch Mutterkühe, die ihre Kälber schützen, oder durch Stiere, die ihre Herde verteidigen wollen. Vor allem Hundehalter müssen vorsichtig sein (siehe unten «Kühe verletzen Hund – wer zahlt?»).

Besonders wenn Kühe brünstig sind, sehen Stiere den Wanderer oder andere Tiere als Nebenbuhler. Die Mutterkühe sind vor allem um die Geburtszeit schnell aggressiv. Auf Bedrohungen reagiert jedoch nicht nur eine einzelne Kuh, sondern die gesamte Herde. Zwar empfiehlt der Bund Viehhaltern, Mutterkuhherden mit Stieren so abzuzäunen, dass keine Wanderwege durch ihre Weiden führen. Das ist aber nicht überall der Fall.

Die Signale der Tiere erkennen

Den wirksamsten Schutz vor angriffigen Kühen bietet das richtige Verhalten der Wanderer.

  1. Distanz halten
    Möglichst auf dem Wanderweg bleiben und mindestens 20 Meter Abstand zu den Kühen bewahren. Stehen diese auf dem Wanderweg: lieber um sie herumgehen als mitten durch die Herde.
     
  2. Hunde an der Leine führen
    Wenn sie in die Herde stürmen, werden Hunde angegriffen – denn Kühe und Stiere nehmen sie als besondere Bedrohung wahr. Nur wenn die Kühe den angeleinten Hund angreifen, muss er freigelassen werden. Sonst würde auch der Halter Gefahr laufen, auf die Hörner genommen zu werden.
     
  3. Sich ruhig verhalten
    Nie mit Armen oder Stöcken herumfuchteln oder Lärm machen. Den Tieren nicht direkt in die Augen schauen und ihnen nicht den Rücken zukehren.
     
  4. Nie die Nähe zu Kälbern suchen
    Mutterkühe und die Herde werten das als Bedrohung für den Nachwuchs. Auch erwachsene Tiere nicht berühren oder streicheln.
     
  5. Drohgebärden der Kühe ernst nehmen
    Ein Senken des Kopfs, Scharren und Brüllen sind klare Alarmsignale. Ruhe bewahren und langsam die Weide verlassen. Schnelle Bewegungen und Schreie wirken auf die Kühe bedrohlich.


Was aber, wenn die Kuh trotz allen Vorsichtsmassnahmen angreift? Wenn man nahe am Tor zur Weide ist, sollte man diese verlassen. So überlässt man den Tieren ihr Hoheitsgebiet wieder. Steht ein Wanderer beim Angriff mitten auf der Weide, kann er zur Abwehr versuchen, mit einem Stock auf die Nase der attackierenden Kuh zu schlagen. Doch auch das hilft nicht immer: Wenn das Tier wirklich angreift, ist es in der Regel zu spät.

Kühe verletzen Hund – wer zahlt?

Beim Wandern über eine Kuhweide haben drei junge Rinder meinen Hund angegriffen und verletzt. Wer muss die Tierarztrechnung bezahlen?

Das kommt drauf an. Sie müssen die Tierarztrechnung zwar bezahlen – unter Umständen muss Ihnen aber der Bauer die Kosten ersetzen.

Tierhalter haften nämlich für Schäden Haftpflicht Jeder Hund ist ein Risiko , die ihre Tiere einem Dritten verursachen. Es sei denn, sie können nachweisen, dass sie ihre Tiere sorgfältig beaufsichtigt haben. Was dies konkret heisst, hängt ganz vom Einzelfall ab – vor allem auch von der Art und der Gefährlichkeit der betroffenen Tiere.

So wird man zum Beispiel haftbar, wenn man seinen bissigen Hund unbeaufsichtigt herumstreunen lässt, aber nicht wenn die Katze Nachbars Sofa zerkratzt.

Seine Rinder muss der Bauer nicht rund um die Uhr beaufsichtigen, und er muss auch keinen Wanderweg speziell abzäunen. Wenn er aber weiss, dass einige seiner Tiere besonders aggressiv sind, muss er sie separieren. In diesem Fall reicht es nicht, wenn er einfach eine Warntafel aufstellt.

Weitere Infos

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) gibt Ratschläge für Wanderer und Rindviehhalter.

Buchtipp
«Lust auf Wandern 1» und «Lust auf Wandern 2»
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