Der Beobachter hat wiederholt darüber berichtet: Fallen hohe Pflegekosten an, müssen die Versicherten finanziell bluten. Zwar sagt das Krankenversicherungsgesetz, dass Versicherte und auch Krankenkassen sich nur bis zu einem gewissen Betrag an den Pflegekosten beteiligen müssen: die Versicherten maximal mit 21.60 Franken pro Tag, die Krankenkassen mit 9 bis 108 Franken pro Tag, je nach Pflegebedarf. Den Rest der Kosten haben die Kantone oder die Gemeinden zu übernehmen. In der Praxis zahlen diese jedoch oft nur bis zu einem gewissen Betrag. Reicht dieser im Einzelfall zur Begleichung der Kosten nicht aus, bitten sie die Versicherten zusätzlich zur Kasse. Oft werden so über Jahrzehnte angesparte Vermögen in kurzer Zeit vernichtet .

Das Bundesgericht hat nun aber entschieden, dass diese Praxis nicht rechtens ist. Wenn die Kosten für einen Pflegefall höher sind als die gesetzlich limitierten Beiträge der Krankenkassen und der Versicherten, muss der Kanton oder die Gemeinde den fehlenden Betrag vollständig übernehmen. Diesen Entscheid hat das Bundesgericht am Montag veröffentlicht. Es ist somit nicht statthaft, dass Versicherte oder auch betroffene Pflegeheime die ungedeckten Kosten zahlen müssen. Sonst bestünde gemäss Bundesgericht auch die Gefahr, dass Heime versuchen würden, die fehlenden Mittel über die Heimbewohner zu generieren. Etwa, indem sie überhöhte Betreuungs- und Pensionstaxen Pflegekosten Tricksen mit den Taxen erheben, die sie den Versicherten verrechnen können. Oder aber die Heime wandeln Pflegeleistungen kurzerhand in Betreuungsleistungen um.

Höhe des Betrags spielt keine Rolle

Das Bundesgerichtsurteil bezieht sich auf einen Fall aus dem Kanton St. Gallen. Dieser hat Höchstansätze festgelegt, wie viel die Gemeinden an die Restkosten eines Pflegefalls zahlen müssen. Im Falle einer pflegebedürftigen Frau reichte dieser Betrag allerdings nicht aus – worauf Gemeinde und Kanton die ungedeckten Kosten der Frau in Rechnung stellten. Das St. Galler Versicherungsgericht befand dieses Vorgehen jedoch als nicht rechtens, wogegen wiederum die St. Galler Ausgleichskasse Beschwerde einreichte. Das Bundesgericht wies die Beschwerde nun aber ab und bestätigte den Entscheid des Versicherungsgerichts.

Wie das Bundesgericht nun mitteilt, ist es den Kantonen zwar grundsätzlich erlaubt, Pauschaltarife einzuführen, um ihrer Pflicht zur Restfinanzierung der Pflegekosten nachzukommen. So, wie das der Kanton St. Gallen gemacht hat, in dem er Höchstansätze festsetzte. Im Einzelfall müssen diese Höchstansätze jedoch kostendeckend sein. Das heisst: Egal wie hoch der Betrag ist, der Kanton oder die Gemeinde müssen ihn übernehmen. Dies sei auch zweifelsfrei die Haltung, die aus der parlamentarischen Debatte zur Pflegefinanzierung Pflegefinanzierung Vier Szenarien für die Zukunft hervorgegangen sei.

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Matthias Pflume, Leiter Extras
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