Viele Autofahrer nehmen einen Blechschaden nicht allzu ernst. Die Anfragen beim Beobachter-Beratungszentrum zeigen denn auch: Die meisten Ratsuchenden haben bei Blechschaden weder die Polizei aufgeboten noch gemeinsam ein Unfallprotokoll Strassenverkehr Kein Unfallprotokoll – wie wehre ich mich nun? ausgefüllt. Wie fahrlässig das ist, merken sie erst, wenn sie sich über die Schadensregulierung mit dem Kontrahenten nicht einigen können – oder wenn die Gegenversicherung die Übernahme ablehnt. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen, damit die «Nachbetreuung» eines Verkehrsunfalls möglichst reibungslos abläuft.

Wie muss ich mich unmittelbar nach der Kollision verhalten?

Am wichtigsten ist, dass Sie sofort anhalten – nur schon um herauszufinden, ob ein Schaden entstanden ist. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Situation und sichern Sie falls nötig die Unfallstelle ab . Insbesondere sollten Sie am Strassenrand ein Pannendreieck aufstellen, und zwar 50 Meter vor der Unfallstelle (oder 100 Meter, wo schnell gefahren wird).

Wann soll ich die Polizei rufen?

Wenn beim Unfall niemand verletzt wurde, müssen Sie die Polizei nicht rufen. Dasselbe gilt bei kleinen Schürfungen oder Prellungen – oder wenn nur Sie als Fahrzeuglenker oder Familienangehörige geringfügig verletzt sind. Besondere Vorsicht sollten Sie allerdings bei einem Unfall mit einem schwächeren Verkehrsteilnehmer Kollision War das jetzt Fahrerflucht? walten lassen, da sich gewisse Verletzungen erfahrungsgemäss erst nachträglich bemerkbar machen. Besteht zudem ein Unfallbeteiligter darauf, die Polizei zu holen, müssen Sie auch bei einem Blechschaden warten, bis die Beamten eingetroffen sind. Ebenso müssen Sie die Polizei rufen, wenn Gefahr für Dritte besteht – etwa durch auslaufende Flüssigkeit – oder wenn Strasseninfrastruktur wie ein Verkehrssignal oder eine Leitplanke beschädigt wurde.

Kann ich darauf bestehen, dass die Polizisten einen Rapport erstellen?

Die Polizei darf ein Auge zudrücken, indem sie bei Bagatellunfällen auf einen Rapport verzichtet und stattdessen mit den Beteiligten ein Unfallprotokoll ausfüllt. Sie können aber auch darauf bestehen, dass der Unfall polizeilich rapportiert wird. Das kann sich im Nachhinein allerdings als Bumerang erweisen: Ausgangspunkt für den Unfall ist meist eine Verkehrsregelverletzung – etwa ein missachteter Vortritt oder eine Unaufmerksamkeit –, und diese muss die Polizei aufgrund des Rapports dann von Amts wegen verfolgen.

Was ist beim Ausfüllen des Unfallprotokolls zu beachten?

Auf dem Formular finden Sie genaue Anweisungen. Wichtig ist, dass nur der Unfallhergang sowie die Schäden an den Fahrzeugen festgehalten werden. Auf keinen Fall sollten Sie bereits Ihre (Mit-)Schuld anerkennen Verkehrsunfall Was passiert, wenn ich die Aussage verweigere? . Kommt Ihre Versicherung oder ein Gericht nämlich zu einem anderen Schluss, müssen Sie den Schaden möglicherweise aus der eigenen Tasche zahlen. Neben dem Ausfüllen des Protokolls ist es auch sinnvoll, den Unfallort und die Schäden an den Fahrzeugen zu fotografieren.

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Bei einem Autounfall mit Blechschaden wird man schnell nervös und vergisst unter Umständen, ein Unfallprotokoll auszufüllen. Guider erklärt Beobachter-Abonnenten, wie sie nach einem Verkehrsunfall im In- oder Ausland richtig vorgehen und was sie in Bezug auf die Autoversicherung wissen sollten.

Was ist nach dem Unfall zu tun?

Wurden Sie verletzt oder treten später Beschwerden auf (Kopfweh, Schwindel et cetera), sollten Sie im Zweifelsfall zum Arzt oder ins Spital. Dann sollten Sie den Unfall auch Ihrer Unfallversicherung anmelden. Bei einem Blechschaden informieren Sie umgehend Ihre Motorfahrzeugversicherung, indem Sie ihr das ausgefüllte Unfallprotokoll schicken. Eine sofortige Intervention bei den Strafbehörden ist hingegen wenig sinnvoll: Wurde ein Rapport erstellt, warten Sie besser ab, bis die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Sie kontaktiert.

Soll ich die Vollkaskoversicherung auch dann einschalten, wenn ich finde, der andere sei schuld?

Das hängt von der Beweislage ab. Bei Blechschaden muss derjenige Lenker, der Schadenersatz vom anderen oder von dessen Versicherung verlangt, dessen (Mit-)Verschulden für den Unfall nachweisen können (siehe «Haftpflicht: Und was ist mit der Betriebsgefahr?»). Vor allem wenn es keine Drittpersonen gibt, die den Unfallhergang bezeugen können, kann das schwierig sein. Dann lohnt es sich abzuklären, ob die eigene Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt und Bonusverlust für den Schaden am eigenen Auto aufkommen würde.

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eRatgeber: Verkehrsunfall – Was tun?
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Was tun, wenn der andere Lenker den Schaden nicht bei seiner Versicherung anmeldet oder wenn er ganz einfach alles abstreitet?

Wenn die Polizei vor Ort war oder Sie mit dem Unfallbeteiligten ein Protokoll ausgefüllt haben, sind auch die Motorfahrzeugversicherungen bekannt. Somit können Sie sich auch auf eigene Faust bei der Gegenversicherung melden. Haben Sie kein Unfallprotokoll erstellt, kennen aber das Kennzeichen des involvierten Fahrzeugs, können Sie über das Strassenverkehrsamt des Kantons, wo dieses zugelassen ist, den Versicherer in Erfahrung bringen. Bestreitet der Lenker zudem plötzlich, was er auf der Unfallstelle noch zugegeben hat, sollten Sie nachträglich noch zur Polizei gehen. Ohne Unfallprotokoll und Zeugen dürfte Ihre Beweislage aber schwierig sein.

Darf ich den Schaden an meinem Auto sofort reparieren lassen?

Diejenige Versicherung, die den Schaden voraussichtlich übernehmen wird, hat das Recht, Ihr Auto von einem Experten begutachten zu lassen. Steht der Wagen bereits in der Werkstatt, wird die Versicherung die Reparaturkosten möglicherweise direkt mit dem Garagisten aushandeln. Ist das Auto schrottreif oder nimmt die Reparatur längere Zeit in Anspruch, bekommen Sie von der Versicherung ausnahmsweise und nur für eine beschränkte Zeit einen Ersatzwagen bezahlt, wenn Sie besonders darauf angewiesen sind und Sie sich nicht auf günstigere Weise einen fahrbaren Untersatz beschaffen können.

Was kann ich tun, wenn die Gegenversicherung nur einen Teil des Blechschadens übernehmen will?

Es kommt darauf an, mit welcher Begründung die Versicherung die Übernahme des Gesamtschadens ablehnt. Erfahrungsgemäss nehmen Motorfahrzeughaftpflichtversicherungen jede Information ihrer Versicherten zum Anlass, um die Haftung gegenüber dem Geschädigten zu bestreiten oder wenigstens zu kürzen. Es lohnt sich deshalb, schriftlich zu intervenieren und dabei eine begründete Ablehnung zu verlangen. Wer auf Beratungsdienstleistungen zählen kann, etwa beim Beobachter, sollte vorgängig ein solches Angebot in Anspruch nehmen. Ansonsten können Sie sich an den Versicherungsombudsmann wenden.

Muss die Haftpflichtversicherung wirklich nur den Zeitwert ersetzen?

Das ist richtig: Selbst wenn Ihr Auto trotz seinem Alter noch gut im Schuss war, bekommen Sie bei einem Totalschaden nur den effektiven Wert gemäss Eurotax ersetzt. Dass Sie sich damit vielleicht kein gleichwertiges Auto kaufen können, liegt auf der Hand, entspricht aber dem Haftpflichtrecht. Nur wenn Sie – zum Beispiel über Ihren Garagisten oder durch Internetrecherche – beweisen können, dass Ihr Auto einen Liebhaberwert hatte, müssen Sie die Bewertung nach Eurotax nicht akzeptieren.

Haftpflicht: Was ist mit der Betriebsgefahr?

Autos, Lastwagen und Motorräder sind von vornherein gefährliche Verkehrsmittel – besonders wenn sie auf nicht oder schwach motorisierte Verkehrsteilnehmer treffen. Je nach Gewicht, Grösse, Leistung et cetera geht von ihnen daher eine grössere oder kleinere sogenannte Betriebsgefahr aus.

Bei Unfällen mit Blechschäden spielt diese Betriebsgefahr aber nur eine Rolle, wenn bloss eines der Fahrzeuge in Betrieb war.

In allen andern Fällen von Blechschäden ist nur das Verschulden massgebend.

Fazit: Kann keiner der Beteiligten dem andern die Schuld nachweisen, muss jeder selbst für seinen Schaden aufkommen. Sind beide gleichermassen schuld, trägt jeder die Hälfte des Schadens.

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