Chemische Schmerzmittel können heftige Nebenwirkungen auslösen. Bei sehr langer Nutzung sind gar Schäden an der Magenschleimhaut und der Niere möglich. Daher können natürliche Schmerzmittel eine gute Alternative sein. Sie auszuprobieren lohnt sich in vielen Fällen, denn sie haben in der Regel weniger Nebenwirkungen. Zwar gibt es nicht zu jeder Therapie überzeugende Wirksamkeitsstudien. «Aber wahrscheinlich helfen viele dieser Methoden ähnlich gut wie klassische Schmerzmittel», sagt Thomas Rosemann, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin an der Uni Zürich. «Wenn dadurch der Einsatz klassischer Schmerzmittel vermieden oder reduziert werden kann, ist das sicher sinnvoll.»

Falls die Schmerzen nach wenigen Tagen nicht abklingen, ist ein Arztbesuch nötig. Auch wer mit Alternativmedizin eine medikamentöse Behandlung unterstützen will, sollte das vorher mit dem Arzt besprechen.

Homöopathie

Bislang ist nicht geklärt, ob die extrem stark verdünnten Wirkstoffe etwas bewirken. Die Wissenschaft geht von einem Placeboeffekt aus. Ausprobieren schadet aber nicht – Nebenwirkungen gibt es so gut wie keine.

Gegen Schmerzen gibt es im Handel etwa Arnika-Globuli. Für Kopfschmerzen Hypericum, Colocynthis, Natrium chloratum, bei Migräne unter anderen Cyclamen. Bei Gelenk- und Rückenschmerzen sollen Acidum benzoicum, Bryonia oder Rhus toxicodendron helfen.

Entspannung und Yoga

Kopf- und Muskelschmerzen gehen oft auf stressbedingte Verspannungen zurück. Meditation, Rolfing, Yoga oder autogenes Training können helfen. Schnell und überall anwendbar ist die progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson. Dabei werden verschiedene Muskelgruppen während fünf bis sieben Sekunden kräftig angespannt und dann 20 bis 30 Sekunden ganz langsam entspannt. Ebenfalls entspannend wirken Bäder mit ätherischen Ölen.

Die Komplementärmedizinerin Claudia Witt empfiehlt bei chronischen Rückenschmerzen Yoga und achtsamkeitsbasierte Entspannungsübungen.

Akupressur, Aku-Taping und Akupunktur

Akupressur gehört wie Akupunktur zu den Methoden der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Das Reizen bestimmter Stellen durch Fingerdruck soll die Selbstheilungskräfte anregen. Wissenschaftler vermuten, dass der Reiz im Gehirn die Ausschüttung schmerzlindernder Substanzen auslöst.

Bei Kopfschmerzen soll dreiminütiges starkes Drücken des Akupressurpunkts «drittes Auge» zwischen den Brauen den Schmerz lindern. Auch bekannt ist der Punkt «Dickdarm 4» in der Mitte des Muskels zwischen Daumen und Zeigefinger. Bei Migräne soll «Milz 6» helfen, vier Finger breit über dem Fuss-Innenknöchel, oder «Gallenblase 20», beidseitig der grossen Halsmuskeln direkt unter dem Schädel. Bei Nacken- und Rückenschmerzen soll es «Blase 60» zwischen Fussaussenknöchel und Achillessehne sein, ebenso das Massieren von «Blase 10» beidseitig des Nackenmuskels unterhalb der Schädelbasis.

Immer beliebter ist das Aku-Taping. Die dehnbaren, bunten Klebebänder reizen bei jeder Bewegung Haut, Muskeln und Gelenke darunter. Das soll ähnlich wirken wie Akupressur.

Akupunktur hat ihre Wirkung besonders bei chronischen Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen und Kniearthrose in Studien bewiesen, sagt Claudia Witt vom Institut für Komplementärmedizin der Uni Zürich. «Wir empfehlen sie oft und wenden sie auch selbst in der Klinik an.» Durchführen sollte sie allerdings nur ein Akupunktur-Arzt.

Pflanzliche Mittel

«Beinwell, auch Wallwurz genannt, ist zu empfehlen bei Schmerzen durch Sportverletzungen, Prellungen und bei rheumatischen Beschwerden», sagt Beat Meier von der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie. Der schmerz- und entzündungshemmende Wurzelextrakt
in Salben oder Gels wirkte in Vergleichsstudien genauso gut wie eine Diclofenac-Creme oder eine Schmerztablette. Bewährt haben sich auch Präparate mit Arnika. Das Einmassieren der Cremen unterstützt ausserdem ihre schmerzlindernde Wirkung. Weidenrindenextrakt besitzt eine ähnliche chemische Formel wie Acetylsalicylsäure und wirkt schmerz- und entzündungslindernd. Auch Pfefferminz- und Eukalyptusöl zum Einreiben wirken durch ihren kühlenden Effekt ebenso gut wie eine leichte Schmerztablette.

«Bei Spannungskopfschmerzen hat sich Pfefferminzöl in einer zehnprozentigen alkoholischen Lösung zum Einreiben bewährt», sagt Heilpflanzenexperte Martin Koradi aus Winterthur. Diese Wirkung wurde in Studien bestätigt und sei der Einnahme von Paracetamol oder Acetylsalicylsäure ebenbürtig.

Bei Migräne hat sich der krampflösende Pestwurz-Spezialextrakt bewährt. «Die Studien dazu sind so überzeugend, dass die
Deutsche Gesellschaft für Neurologie das Präparat in die Therapieleitlinien aufgenommen hat», sagt Koradi. Apotheken führen Produkte unter unterschiedlichen Namen.

Bei akuten Zahnschmerzen hat sich das Kauen von Gewürznelken bewährt. Ihr ätherisches Öl Eugenol wirkt wie ein lokales Betäubungsmittel. Als Alternative kann man das Zahnfleisch mit Nelkenöl einreiben. Achtung: Wegen der Wehen auslösenden Wirkung ist es für Schwangere nicht geeignet.

Kneippen

Die Wassertherapie nach Kneipp ist bewährt bei akuten Schmerzen. Ein kalter Guss mit weichem Strahl lässt einen Reiz ins Gehirn gelangen, der die Muskulatur entspannt und Schmerz lindert. Dazu wird etwa ein schmerzendes Bein langsam aufsteigend von der Fussspitze bis zum Knie begossen, dann auf der Rückseite absteigend.

Bei Kopfschmerzen und Migräne kann ein Gesichtsguss lindernd wirken: Für eine Minute ein richtig kalter, dann ein lauwarmer Wasserstrahl auf die Nase fördert die Durchblutung.

Tens-Elektrotherapie

Bei der Tens genannten Therapie werden die Nerven durch einen sanften Stromfluss gereizt. Das soll das Schmerzsignal ans Gehirn blockieren und schmerzlindernde Substanzen ausschütten. Geeignet vor allem für Sportverletzungen und Gelenkschmerzen.

Allerdings ist der Wirksamkeitsnachweis eher schwach. Neu gibt es mobile Geräte, etwa als Elektropflaster, als Gürtel bei Rückenschmerzen oder als Pads.

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