Post, SBB, Swisscom oder Ruag – bei staatsnahen Betrieben wie diesen verdienen Topmanager weit mehr als 500'000 Franken pro Jahr und damit mehr als ein Bundesrat (siehe Tabelle am Ende des Textes). Das stösst im Nationalrat auf Unverständnis: Eine Motion des Berner SP-Nationalrats Corrado Pardini, die eine Deckelung dieser Topmanager-Löhne bei 500'000 Franken fordert, fand mit 111:74 Stimmen überraschend eine Mehrheit.
«Es gibt keine plausible Begründung, warum die Konzernleitung von Firmen, die ganz oder teilweise im Besitz des Bundes sind, wesentlich mehr verdienen soll als die Mitglieder des Bundesrats», so die Begründung von Pardini. Weil neben der SP und den Grünen auch viele SVP-Mitglieder für den Antrag stimmten, reichte es im Nationalrat für eine klare Mehrheit. Nun geht die Motion noch in den Ständerat.
Da war doch eine Volksabstimmung...
Der Entscheid des Nationalrats ist bemerkenswert, weil er nur ein Jahr nach der vom Stimmvolk deutlich abgelehnten «Pro-Service-Public»-Initiative zustande kam. Die Vorlage wollte staatsnahen Unternehmen einerseits verbieten, «einen möglichst hohen Gewinn anzustreben und gleichzeitig Leistung abzubauen». Andererseits sollten die Löhne der Topmanager bei 475'000 Franken pro Jahr gedeckelt werden.
Die Initiative war damals von National- und Ständerat jeweils einstimmig zur Ablehnung empfohlen worden. Bei der Volksabstimmung am 5. Juni 2016 erreichte die Vorlage einen Ja-Stimmenanteil von 32,4 Prozent. Pardini interpretierte das damalige Abstimmungsergebnis trotzdem dahingehend, etwas an den Löhnen ändern zu müssen. Auch wenn Experten wie der Headhunter Guido Schilling warnten: «Wenn die Löhne reglementiert werden und nicht mehr marktgerecht sind, können die Unternehmen nicht mehr die Besten für sich gewinnen».
Auch die Argumente des Bundesrats gegen Pardinis Lohndeckel sind heute dieselben wie im Abstimmungskampf: «Die Lohnobergrenze ist ein zu starker Eingriff in die Unternehmenssteuerung», sagte Finanzminister Ueli Maurer. «Die bundesnahen Unternehmen sind gut positioniert, erbringen Dienstleistungen von hoher Qualität und sind bedeutende und attraktive Arbeitgeber». Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser fand im Tages-Anzeiger klare Worte an die Adresse der Befürworter: «Verantwortlich dafür ist die Neid-Allianz».
Übersicht: Löhne der Konzernleitung staatsnaher Unternehmen im Jahr 2016
Unternehmen |
Rechtliche Form |
Konzernleitung |
Jahreslohn in CHF |
Swisscom |
Teilprivatisiert; Privatrechtliche Aktiengesellschaft mit 51,22 % Beteiligung des Bundes. |
Urs Schäppi | 1'833'000 |
Nationalbank |
Spezialgesetzliche Aktiengesellschaft mit 55% Beteiligung öffentlicher Gelder (mehrheitlich Kantone). Bund ohne Beteiligung. | Thomas Jordan | 1'153'000 |
SBB |
Öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft mit 100 % Beteiligung des Bundes. | Andreas Meyer | 1'051'571 |
Post |
Privatrechtliche Aktiengesellschaft mit 100 % Beteiligung des Bundes. | Susanne Ruoff | 974'178 |
Ruag |
Privatrechtliche Aktiengesellschaft mit 100 % Beteiligung des Bundes. | Urs Breitmeier | 912'468 |
Postfinance | Aktiengesellschaft. Tochtergesellschaft der Post. Untersteht der Aufsicht des Bundes. | Hansruedi Köng | 809‘985 |
Suva |
Öffentlich-rechtliches Unternehmen mit gesetzlichem Auftrag. Bezieht keine öffentlichen Gelder. | Felix Weber | 583'324 |
SRG |
Privatrechtlicher Verein. Handelt nach gesetzlichem Auftrag, bezieht dafür Gebühren. | Roger de Weck | 536'300 |
Skyguide |
Privatrechtliche Aktiengesellschaft mit 99,94 % Beteiligung des Bundes. | Daniel Weder |
523'116 |
Schweiz Tourismus | Öffentlich-rechtliches Unternehmen mit gesetzlichem Auftrag. | Jürg Schmid | 388'345 |
ETH Zürich | Unter der Trägerschaft des Bundes. | Lino Guzzella | 350'172 |
Identitas AG | IT-Dienstleister in der Landwirtschaft. Privatrechtliche Aktiengesellschaft mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes. | Christian Beglinger | 243'458 |
Pro Helvetia | Kulturstiftung (Förderstiftung des Bundes). | Philippe Bischof | 218'562 |
Billag | Privatrechtliche Aktiengesellschaft. Tochtergesellschaft der Swisscom. Hat den rechtlichen Status einer Behörde, die im Auftrag des Bundes handelt. | Ewout Kea | 200'000* |
*Vom Bundesrat mitgeteilter Durchschnittslohn aller sechs Mitglieder der Geschäftsleitung.
- Quellen: Kaderlohn-Reporting des Bundesrats (Eidgenössisches Personalamt EPA).
- Hinweis: Mehr als 40 Kaderpersonen dieser hier aufgeführten staatsnahen Betrieben verdienen mehr als 500'000 Franken pro Jahr. Eine Kürzung dieser Löhne hätte auch Auswirkungen auf mehrere Tausend Mitarbeiter des mittleren und höheren Kaders, da auch deren Löhne angepasst werden müssten.