Mit vier Jahren in den Kindergarten: Das ist ab dem kommenden Schuljahr für Kinder aus den Kantonen Zürich, St. Gallen und Thurgau zwingend. Neu gilt, wie schon in Basel-Stadt, ein zweijähriges Kindergartenobligatorium. Der Trend zur früheren Einschulung besteht jedoch landesweit. Dahinter steckt das Projekt Harmos, das interkantonale Konkordat zur Harmonisierung der Schule (siehe «Was bedeutet Harmos?»). Das zweijährige Kindergartenobligatorium ist jedoch umstritten. Kritiker befürchten, Kindern würde damit ein Teil ihrer Kindheit entzogen. Für die Eltern stellen sich in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Menge Fragen. Hier die wichtigsten - und die Antworten dazu.

Ab wann genau ist unser Kind schulpflichtig?
Das ist kantonal unterschiedlich geregelt. In den Kantonen Zürich und Basel-Stadt gilt als Stichdatum der 30. April, im Thurgau der 31. Juli und in St. Gallen der 1. August. Kinder, die bis dann vier Jahre alt sind, müssen im selben Jahr im August in den Kindergarten eintreten.

Was machen wir, wenn wir das Gefühl haben, unser Kind ist noch nicht reif für den Kindergarten?
Eltern können eine Rückstellung des Kindes beantragen. Wie das geht, ist kantonal verschieden. In Basel-Stadt etwa gibt es auf dem Formular für die Kindergartenanmeldung eine Rubrik dafür. Wer eine Rückstellung wünscht, kann es dort vermerken. Darauf folgt eine Abklärungsuntersuchung des Kindes, in der Regel bei einem Schulpsychologen. Dazu gehören Gespräche mit den Eltern. Letztlich entscheidet die zuständige Behörde.

Ist das Kind nicht altersgemäss entwickelt, etwa weil es sich nicht von der Mutter trennen kann, sehr klein oder völlig verspielt ist, kann es zur Rückstellung kommen. Fremdsprachige Kinder und solche mit sprachlichen Entwicklungsrückständen oder einer körperlichen Behinderung werden nicht vom Obligatorium befreit.

Können wir unser Kind nicht einfach noch ein Jahr zu Hause behalten?
Wo ein Kindergartenobligatorium gilt, geht das grundsätzlich nicht mehr. Wer sein Kind einfach zu Hause behält, muss mit einer Busse rechnen. Diese kann je nach Kanton bis zu einigen tausend Franken betragen. Eine Option ist, das Kind selbst zu Hause zu schulen. Der Unterricht muss in diesem Fall jenem des öffentlichen Kindergartens entsprechen. Andrea Lanfranchi von der Hochschule für Heilpädagogik, der sich seit Jahren mit der frühkindlichen Bildung beschäftigt, rät jedoch davon ab. «Wir brauchen eine Gesellschaft, die sozial durchmischt ist», sagt er. Der Kindergarten, wo sich Kinder verschiedenster Herkunft und aus unterschiedlichen sozialen Schichten begegnen, leiste einen wichtigen Beitrag dazu.

Kann das Kind im Kindergarten genug spielen?
Die Inhalte und Lernziele der Kindergärten verändern sich trotz Lehrplänen, Obligatorien und Volksschulanbindungen nicht wesentlich. «Die zentrale Lebens- und Lernform im Kindergarten bleibt das Spiel», steht etwa auf der Website der Kindergärten Basel-Stadt.

Was, wenn wir ausserhalb der Schulferien mit unserem Kind verreisen wollen?
Es gelten die Regeln der Schule und die Dispensationsgründe, die das jeweilige Volksschulgesetz festhält. Eine grosse Reise wird nur im Ausnahmefall genehmigt. Unbedingt nötig ist dafür ein frühzeitig eingereichtes Gesuch.

Was bedeutet Harmos?

Harmos ist eine interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule mit dem Ziel, Qualität und Durchlässigkeit des schweizerischen Schulsystems zu gewährleisten. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren hat das Konkordat im letzten Sommer einstimmig verabschiedet. Aktuell laufen in den Kantonen die Beitrittsverfahren.

Sobald sich zehn Kantone für Harmos ausgesprochen haben, tritt die Vereinbarung in Kraft. Sie gilt dann für diejenigen Kantone, die ihr beigetreten sind. Ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die sechsjährige Übergangsfrist für die Umsetzung.

Künftig soll die Einschulung der Kinder mit vier Jahren - Stichdatum 31. Juli - die Norm sein. Damit einhergehend wird eine Basisstufe angestrebt, in der jahrgangsübergreifendes Lernen stattfindet und die Kinder gemäss ihrer persönlichen Entwicklung gefördert werden. Das Modell fasst als Vorschulstufe den Kindergarten und die ersten beiden Primarschuljahre zusammen. Den Kantonen steht allerdings frei, ob sie schliesslich eine solche Basisstufe ein-führen oder aber die Struktur Kindergarten/Primarstufe beibehalten wollen.