Bei einem Bodenverbesserungsprojekt im Kanton Glarus fiel es auf: War das wirklich saubere Erde? Das Material, das die Blöchlinger AG diesen Frühling angeliefert hatte, sah aus wie Schlamm. Die Abteilung Umweltschutz und Energie des Kantons Glarus wurde misstrauisch. Eine Laboranalyse zeigte: Die für unverschmutzten Aushub geltenden gesetzlichen Giftstoffgrenzwerte wurden bei einem Teil des Blöchlinger-Materials überschritten. Und gemäss einer zweiten Analyse ist der Grenzwert bei den krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen deutlich erhöht: Der belastete Schlamm, zur Behebung von Unebenheiten im Landwirtschaftsraum eingesetzt, stellt eine Gefahr fürs Grundwasser dar. Die Abteilung Umweltschutz hat ein Strafverfahren beantragt. «Das gelieferte Material gehört auf eine Deponie, nicht auf die freie Wiese», sagt Abteilungsleiter Jakob Marti. Laut einem Sprecher ermittelt die Kantonspolizei Glarus; eine Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft sei derzeit keine eröffnet.

Hat die Entsorgung System?

Ein Einzelfall? Im Kanton St. Gallen wurde Blöchlinger angezeigt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Auch hier soll das Entsorgungs- und Aufbereitungsunternehmen übermässig belasteten Schlamm unsachgemäss deponiert haben.

Dieser entsteht in der Anlage der Blöchlinger AG in Neuhaus SG. Sie verarbeitet und reinigt unter anderem saubere Aushuberde und belastetes Abbruchmaterial. Das gereinigte Material, etwa Kies, wird rezykliert. Beim Aufbereitungsprozess bleibt auch Pressschlamm übrig, der toxische Problemstoffe wie Arsen, Blei und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthält. Ab einem gewissen Schadstoffgehalt muss der Schlamm in speziell dafür eingerichteten, überwachten Inertstoff- oder Reaktordeponien entsorgt werden.

Laut eigenen Aussagen auf der Website deponiert Blöchlinger «unverschmutzten Aushub» in einer Kiesgrube in Ermenswil SG. Auf dieser – ungeschützten – Fläche darf nur sauberes Material entsorgt werden, wie Robert Brem vom St. Galler Amt für Umwelt und Energie (AFU) betont. Doch Blöchlinger hat hier Pressschlamm aus den gleichen Materialien entsorgt wie im Kanton Glarus, wo die gesetzlichen Grenzwerte überschritten wurden. Hätte die Firma Pressschlamm systematisch in der Kiesgrube statt auf Deponien entsorgt, dann hätte sie damit viel Geld gespart – zulasten des Grundwassers.

Laut Auskunft ihres Firmenanwalts, Sandro Ruggli, musste die Blöchlinger AG im Zuge der polizeilichen Ermittlungen und auf Anordnung des AFU Proben des verdächtigen Pressschlamms analysieren lassen. Ergebnis: Die gesetzlichen Grenzwerte sind bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und beim Arsen überschritten – wenn auch nicht erheblich. «Die Behörden nehmen negative Abweichungen in einem geringen Umfang in Kauf», sagt Sandro Ruggli. Ob das in diesem Fall auch so sein wird, ist offen. Ebenso offen ist, ob die St. Galler Behörden der von Blöchlinger gelieferten Materialprobe vertrauen oder eigene Tests vornehmen werden. Die Staatsanwaltschaft hat dazu keine Stellung genommen.

Die Firma hält ihr Vorgehen für legal

Unklar ist auch, wie die Belastung des Materials zustande kam. Die Blöchlinger AG nimmt laut Anwalt Ruggli regelmässig Proben zur Überprüfung der Werte und «ging davon aus, dass die bisherige Entsorgungspraxis im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und der behördlichen Praxis steht»; sie habe nur Pressschlamm aus unverschmutztem Aushub in der Kiesgrube deponiert. «Seit Kenntnisnahme des Prüfberichts entsorgt die Blöchlinger AG ihren Pressschlamm bis auf Weiteres ausschliesslich in der Inertstoffdeponie Gäsi in Glarus Nord.»