Marco Bähler ist ein hartnäckiger Mensch. Der Physiklaborant misst seit Jahren rund um Schweizer AKWs mit professionellen Geräten radioaktive Verschmutzungen – auf eigene Kosten. Daten, die er nicht selber erheben kann, versucht er über das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) zu erhalten.
Bählers neustes Anliegen betrifft das AKW Leibstadt. Nach einem Urteil des Bundesgerichts von Ende September 2017 musste das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) der Umweltorganisation Greenpeace die Abluftdaten von Leibstadt für die Jahre 2013 und 2014 herausgeben.
Am Tag nach dem Urteil verlangte Marco Bähler vom Ensi die aktuellen Daten. Dass die Atomaufsicht die Angaben nur in einer Monatsbilanz publiziert, reicht ihm nicht. Er will die Messwerte, die im Zehn-Minuten-Rhythmus erhoben werden. «So lassen sich allfällige Unregelmässigkeiten erkennen», sagt er. Ausserdem unterschlage das Ensi in den Monatsbilanzen die Angaben zu radioaktivem Wasser- und Kohlenstoff. Bählers Begründung: «Das sind grosse Emissionen, die gesundheitlich bedeutungsvoll sind.»
«Das Ensi und das AKW Leibstadt versuchen damit, die Deutungshoheit über die Daten zu behalten.»
Marco Bähler, Physiklaborant
Obwohl die Rechtslage klar ist und die Dokumente gemäss Gesetz eigentlich innert 20 Tagen bei ihm hätten eintreffen sollen, wartet Bähler noch immer. Das Ensi räumte dem AKW Leibstadt eine zehntägige Frist zur Stellungnahme ein – und hat sie dann «angesichts des Umfangs des Gesuchs und der Feiertage» gleich bis 31. Januar verlängert. Weshalb, will das Ensi nicht sagen. Bählers Gesuch sei vor Weihnachten eingetroffen, begründet man beim AKW die Verzögerung, «zu einem Zeitpunkt, als sich das KKL in einem Wiederanfahrprozess befand».
Beim eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten staunt man über den grosszügig gewährten Aufschub. «Das Öffentlichkeitsgesetz verlangt von den Behörden, Anhörungen innerhalb von zehn Tagen durchzuführen. Eine Verlängerung dieser Frist ist im Gesetz nicht vorgesehen», sagt Sprecher Francis Meier.
Marco Bähler hat für die Verzögerung kein Verständnis. Das Ensi und das AKW Leibstadt versuchten damit, «die Deutungshoheit über die Daten zu behalten», vermutet er. Deshalb werde er wohl einmal mehr rechtlich gegen die Behörden vorgehen müssen. Er überlegt sich, eine Klage wegen Rechtsverzögerung einzureichen. Bähler bleibt hartnäckig.
2 Kommentare
Herr Bähler, messen Sie bitte den Austritt von radioaktivem Kohlenstoff aus den Schloten der Kohlekraftwerke. Das Ergebnis wäre sehr interessant.
Vielen Dank.
D. Marx
Rentner
am schlot, wie sie schreiben will ich lieber nicht zugange sein, das darf ich auch nicht! die behörde ENSI übernimmt die messdaten der akw gösgen u leibstadt und publiziert sie monatlich, aber lückenhaft: die organischen C14 verbindungen werden NICHT publiziert.
Argument: diese form von radiokohlenstoff C14 sei biologisch noch nicht relevant weil es zehn jahre dauere bis sie sich in die relevante form des radioaktiven CO2 verwandelt hätten. bei der halbwertszeit des C14 von fast 6000 jahren scheint mir dieses argument zu kurz gedacht.
siehe:
https://energisch.ch/die-…