Franco Facons erste Bekanntschaft mit einer Autoversicherung fällt ernüchternd aus. Der 21-jährige Bauschlosser hat unlängst sein erstes Auto gekauft und bei der Axa Winterthur die obligatorische Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Für die Axa hatte er sich entschieden, weil sie ihm ein vermeintlich vorteilhaftes Angebot gemacht hatte: einen Prämienrabatt von 15 Prozent plus den Gratiseinbau eines Crash-Recorders. Das ist ein im Fahrzeug eingebauter Fahrtenschreiber, der nach einer Kollision als Beweismittel dienen kann. Echt cool sei ihm das damals vorgekommen, sagt Facon heute.

Wenige Tage später fällt er aus allen Wolken, als er herausfindet, dass er bei einer Hochpreis-Gesellschaft abgeschlossen hat. In der Tat gehört die Axa in der Alterskategorie 18 bis 25 zu den teuersten Anbietern. Diesen Ruf hat sie mit der per 1. Dezember durchgeführten Tariferhöhung weiter gefestigt.

Sparpotential von fast 1000 Franken

Bei den drei Automodellen, die der Beobachter in einer Vergleichsumfrage nannte, ist die Kombination von Haftpflichtdeckung und Teilkaskodeckung bei der Axa Winterthur am teuersten, egal, ob die Versicherten nun in Chur oder, wie Facon, in Winterthur wohnen. Das gilt auch nach Abzug des Prämienrabatts. Am Beispiel des Renault Clio: Für die Kombination Haftpflicht-/Teilkaskodeckung spart Facon zwar 414 Franken. Bei Zürich Connect hätte er für die praktisch gleiche Versicherung aber statt 2349 nur 1398 Franken bezahlt. Auch bei der Allianz Suisse und der «Zürich» wäre er viel besser gefahren. Die Axa lässt sich den vermeintlich unentgeltlichen Crash-Recorder also teuer bezahlen.

Seit dem Wegfall des Einheitsprämien-Kartells 1996 berechnet die Branche die Prämien nach Risikokriterien. Benachteiligt werden dadurch vor allem Ausländer aus anderen Kulturkreisen sowie Fahrer bis 25. Sie sind laut Statistik mit deutlich höherem Risiko unterwegs als Ältere. Doch die Versicherungen verrechnen die höhere Belastung durch Junge sehr unterschiedlich.

Tief in die Tasche greifen müssen Junge nicht nur bei der Axa, sondern auch bei TCS und Bâloise. Damit wollten sie verhindern, dass ältere Fahrer die Neulenker subventionieren, sagen die drei Gesellschaften. Für den TCS, der einen anhaltenden Mitgliederschwund zu beklagen hat, ist das aber eine etwas abwegige Strategie: Sie könnte Junglenker von einem Klubeintritt abhalten. TCS-Mediensprecher Stephan Müller winkt aber ab: «Auto TCS ist bei Junglenkern gefragt.» Offenbar informieren sich junge Fahrer vor dem Abschluss einer Police ungenügend zu Preis und Leistung.

Die befragten Anbieter hätten Junglenker Franco Facon auch seine unfallfreien drei Jahre unterschiedlich honoriert. So hätte er bei der günstigen Zürich Connect einen 45-Prozent-Rabatt erhalten (Bonusstufe von 55 Prozent). TCS und Bâloise hätten nur 10 Prozent Rabatt gewährt. Auf die tiefste Bonusstufe von 30 Prozent heruntergerechnet, unterscheiden sich die Prämien von Zürich Connect und TCS nur um wenige Franken. Für Facon ist das aber unerheblich. Bis er beim TCS den maximalen Bonus erhielte, könnte er anderswo viel Geld sparen. Daran ändert auch nichts, dass er bei TCS und Bâloise nach der (gesetzlichen) Zweiphasenausbildung um einige Stufen vorrücken würde. Bei allen Anbietern kommen in Chur Wohnhafte günstiger weg, obwohl hier ein Leasingvertrag angenommen wurde, was verteuernd wirkt.

Die Kunden sind nicht mehr so treu

Die Beobachter-Stichprobe zeigt: Bei Axa, Bâloise und TCS werfen Junglenker Geld aus dem Fenster. In Frage kommen für sie von den angefragten Anbietern eigentlich nur Allianz Suisse, Mobiliar (Ausnahme: Renault Clio) und die «Zürich» (beide Tarife).

Die Strategie dieser Gesellschaften, einen moderaten Ausgleich zwischen den Generationen herzustellen, ist nicht ganz uneigennützig. Sie wissen aus Erfahrung, dass Versicherte treue Kunden sind und man ihnen später viel leichter eine Lebensversicherung verkaufen kann. Allerdings hat diese Kundentreue im Motorfahrzeuggeschäft gelitten, seit 2006 die Unteilbarkeit der Prämie aufgehoben wurde. Dadurch kann man nach einem Schadensfall oder bei einem Fahrzeugwechsel die Versicherung wechseln ohne finanzielle Einbusse.

Axa verlangte von Junglenkern vor wenigen Jahren noch moderate Prämien. Das hat sich seit der Übernahme der «Winterthur» durch die französische Axa geändert. Statt mit günstigen Versicherungen lockt sie Einsteiger mit «unentgeltlichen» Fahrtenschreibern; in Kürze sollen «attraktive Produkte und Dienstleistungen in anderen Bereichen» folgen. Dieter Gosteli, Leiter Privatkunden: «Die jüngsten Lenker sind uns auch in Zukunft wichtig.» Ob Franco Facon, der einen Zweijahresvertrag abschloss, diese Axa-Zukunft noch erleben wird?

Wie junge Leute die richtige Autoversicherung finden

  • Gehen Sie nicht aufs Geratewohl auf die Offerte eines Agenten ein – selbst wenn er Ihre Eltern berät.

  • Lassen Sie telefonisch Angebote der wichtigsten Anbieter (siehe Tabelle linke Seite) kommen. Verbitten Sie sich Agentenbesuche. Bei einigen Gesellschaften können Sie Ihre Prämie im Internet selber berechnen.

  • Holen Sie immer auch die Offerte mindestens eines Direktversicherers (Zürich Connect, Smile Direct) ein.

  • Schliessen Sie nur Einjahresverträge ab, damit Sie im sich rasch verändernden Markt flexibel bleiben.

  • Überprüfen Sie Ihre Police alle zwei Jahre, und zwar mindestens drei Monate vor Ablauf der Versicherungen.

Prämienvergleich Autoversicherung: Wo Junge am günstigsten fahren

Testperson: 21-jähriger Bauschlosser, Schweizer, Führerausweis seit drei Jahren, unfallfrei, fährt jährlich 30'000 Kilometer, gelegentliche Auslandsfahrten und gelegentliche Fahrten zur Arbeit, keine Garage Prämien ohne gesetzliche Abgaben (5,75 Prozent), Stand 1. Dezember 2009, in Klammern: Bonusstufe