Sehr genau» prüfe die Zürcher Kantonalbank (ZKB), «wohin die Zahlungen geleistet werden und ob diese mit dem Kostenvoranschlag übereinstimmen», sagte ZKB-Sprecher Urs Ackermann letzten Sommer zum Beobachter (Nr. 15/03). «Stellen wir irgendwo Kostenüberschreitungen fest, greifen wir sofort ein.»

Ganz andere Erfahrungen machte Heinz Weiss, der in Affoltern am Albis eine Überbauung mit 31 Eigentumswohnungen realisierte. Der heute 72-jährige Inhaber der Immobilientreuhandfirma Wefra in Baar ZG gründete mit drei Partnern im April 1993 das Baukonsortium Steinacher. Was gut begann, endete in einem wüsten Streit. Zwar sind sämtliche Wohnungen gebaut und verkauft, doch bei Justitia liegt das Dossier noch längst nicht ad acta.

Denn statt eines Gewinns von vier Millionen Franken, wie ursprünglich für das Konsortium erhofft, resultierte für Weiss ein Verlust von «über zwei Millionen Franken». Ausbezahlt wurde ihm einzig die Provision von 450000 Franken für den Verkauf der Wohnungen.

Arbeiten wurden massiv überzahlt


Besser erging es seinem Konsortialpartner Walter Brunner. Für die geleisteten Arbeiten erhielt der Inhaber der Affolter Baufirmen Frey & Götschi AG sowie Gautschi Bau AG rund fünf Millionen Franken.

Mit der Realisierung der Überbauung beauftragt wurde die Zürcher Karl Steiner Generalunternehmung AG. Stutzig wurde Weiss erst, als er nach Bauvollendung die Geldflüsse mit den Offerten verglich.

So sollen von der Steiner-Unternehmung nicht nur namhafte Beträge lange vor dem Abschluss der Bauarbeiten oder gar vor Baubeginn an die beiden Brunner-Firmen gezahlt worden sein. Auch seien an Konsortialpartner Brunner Zahlungen geleistet worden, die weit über dem Offertenbetrag lagen. Laut Weiss sind allein für den Aushub und die Hinterfüllung über eine halbe Million Franken zu viel bezahlt worden: Die Offerte samt Mehrkosten habe 302000 Franken betragen, ausbezahlt worden seien aber 818000 Franken. Auch die Gipserarbeiten eines anderen Unternehmers seien gegenüber der Offerte um das Doppelte überzahlt worden. Und die Arbeiten anderer Firmen seien ebenfalls deutlich zu hoch vergütet worden, sagt Weiss. Für ihn sind nicht wenige Finanztransaktionen rund um das 20-Millionen-Projekt undurchsichtig – ja gar verdächtig.

Walter Brunner, bei dessen Firma Frey & Götschi sich der Sitz des Baukonsortiums befindet, will zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Sein Anwalt hält es für «nicht zweckmässig», darauf einzugehen, da es sich bei diesem Streit um ein «weites, verzweigtes Umfeld» handle.

Zürcher Kantonalbank im Zwielicht


Umstritten ist die Rolle der ZKB, die das Baukreditkonto des Konsortiums führte: Punkto Sorgfaltspflicht scheint nicht alles zum Besten gestanden zu haben. Die ZKB schrieb im Februar 1995 an das Baukonsortium, die Kredittranchen seien «zweckgebunden» zu verwenden. Zur Kontrolle der geleisteten Zahlungen an die forderungsberechtigten Bauhandwerker und Lieferanten «sind uns seitens der Generalunternehmerin monatliche Auszüge aus der Leistungskontrolle einzureichen».

Als sich Weiss, formell Geschäftsführer des Konsortiums, später aufgrund einer rudimentären Bauabrechnung der Generalunternehmerin bei der Bank nach diesen Leistungskontrollen erkundigte, teilte ihm die ZKB mit, dass diese «in den Akten nicht vorhanden sind, da sie seitens der Generalunternehmerin nicht erhältlich waren». Obschon offenbar bereits während der ersten Etappe Monatsrapporte weder verlangt noch geliefert worden waren, hielt die Bank dieselbe Regelung auch bei Erteilung des zweiten Baukredits ein Jahr später aufrecht. Doch auch für die zweite Projektphase waren die monatlichen Kontrollbelege «nicht erhältlich».

Keine plausiblen Antworten vermochte die ZKB vergangenen März auch zu zwei fragwürdigen Transaktionen zu geben. Bei Rolf Vetter, Leiter der ZKB-Filiale Affoltern am Albis, erkundigte sich Weiss’ Anwalt nach den Aufträgen für zwei Vergütungen von 530000 und 300000 Franken, die im März 1995 aus dem Baukreditkonto «Steinacher» an Brunners Frey & Götschi sowie Gautschi Bau geflossen waren. Beide Belastungsanzeigen sind von Filialleiter Vetter visiert. Doch wer seitens des Konsortiums, das Kollektivunterschrift zu zweien verfügt hatte, die Auszahlungen veranlasste, bleibt im Dunkeln.

Auszahlungen zulasten des Baukreditkontos, hatte die ZKB in einem Brief an Weiss im September 1999 zugesichert, «erfolgten immer gestützt auf solche kollektiv unterzeichneten Vergütungsaufträge». Brisant ist diese Behauptung im Licht dessen, was die ZKB-Zentrale in Zürich letzten März einräumen musste: «Wir bestätigen Ihnen hiermit, dass die schriftlichen Aufträge für die (…) Vergütungen nicht vorliegen.» Wie die Transaktion zustande kam, welche Beteiligten sie auslösten und ob sie regelkonform abgewickelt wurde, bleibt vorläufig ebenso ungeklärt wie die Frage, ob die ZKB wenigstens über ein Handwerkerverzeichnis zur Kostenkontrolle verfügte.

Die Justiz lässt sich viel Zeit


Zu den Beobachter-Fragen nach der betriebsinternen Sorgfalt wollte die Zürcher Kantonalbank nicht Stellung nehmen, da «solche Auskünfte gegen das Bankkundengeheimnis verstossen» würden.

Es scheint, dass ausser Weiss niemand ein Interesse an Klärung hat. Vor drei Jahren reichte Weiss bei der Bezirksanwaltschaft Affoltern am Albis Strafanzeige ein. Doch Untersuchungsrichter Georges Fäh liess sich viel Zeit – durchaus nicht unfreiwillig. «Diesen Fall müssen wir aussitzen», erklärte er Weiss’ Anwalt nach dessen Aussage. Dabei gäbe es in diesem Fall einige Fragen zu untersuchen, die auch strafrechtlich von Bedeutung sein könnten.

Vom Beobachter kontaktiert, stellte Bezirksanwalt Fäh den Schlussbericht des ermittelnden polizeilichen Sachbearbeiters bis Ende 2003 in Aussicht. Keine Angabe konnte er dazu machen, wann er über Anklage oder Einstellung des Verfahrens entscheide. Als Grund für den schleppenden Untersuchungsverlauf führte Fäh an, es sei «ziemlich lange gegangen», bis die Kantonspolizei einen Ermittler habe bereitstellen können. Zudem seien anfänglich noch Vergleichsverhandlungen abgewartet worden. Von Filz und einer juristischen Alibiübung wollte er nicht sprechen.

Schneller mahlten die Mühlen der Justiz in einem Verfahren, worin Generalunternehmer Steiner vom Baukonsortium eine Restzahlung von 830000 Franken forderte. Vor dem Bezirksgericht Zürich drang Steiner mit dem Begehren durch – doch das Obergericht wies den Fall zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück, wo er hängig ist. Pikant: In diesem Verfahren sitzen Weiss und Brunner als Beklagte im selben Boot.