Als Yvonne Schwarz* ihre Stelle verlor, war sie 61 – ein denkbar ungünstiges Alter, um nochmals etwas Neues zu finden. Umso grösser war ihre Erleichterung, als man ihr sagte, dass sie als ältere Arbeitslose von Sonderleistungen der Arbeitslosenversicherung (ALV) profitieren könne: Statt wie üblich 400 Taggelder in zwei Jahren habe sie 640 Taggelder in einer bis zum AHV-Alter verlängerten Rahmenfrist zugut.

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Diese Leistungen hätten für zweieinhalb Jahre gereicht. Zusammen mit der Teilzeitstelle, die sie bald darauf fand und als Zwischenverdienst angeben konnte, wären die Taggelder gar noch länger geflossen. So hätte die Frau aus Gattikon ZH fast bis zum AHV-Alter mit einem monatlichen Einkommen von 3050 Franken rechnen können.

Das Einkommen schrumpft

Nach zwei Jahren Stempeln kam aber die böse Überraschung: Entgegen der ursprünglichen Zusicherung wurde die Rahmenfrist für Yvonne Schwarz nicht verlängert. Stattdessen gab man ihr aufgrund ihres Zwischenverdienstes eine neue Rahmenfrist mit tieferen Leistungen – ihr Einkommen schrumpfte auf 1750 Franken. «Ich wäre besser auf der faulen Haut gelegen», empörte sich Schwarz damals. Tatsächlich hätte sie ohne Zwischenverdienst weiterhin die höheren Taggelder bezogen.

Im Februar 2006 berichtete der Beobachter erstmals über diesen systemwidrigen Fehlanreiz. In der Folge häuften sich die Beschwerdefälle, und bald sahen auch die zuständigen Behörden ein, dass es sich um eine stossende Regelung handelte. Im Sommer des gleichen Jahres änderte der Bundesrat die entsprechende Verordnungsbestimmung und löste damit das Problem.

Doch nun sieht es danach aus, als sollte es nur eine Lösung auf Zeit sein. Denn dem geänderten Verordnungstext fehlt es an der nötigen gesetzlichen Grundlage: Der Bundesrat hatte mit seiner Änderung seine Kompetenzen überschritten. Bei der Revision des Arbeitslosengesetzes, die kürzlich über die Bühne ging, war eigentlich geplant, die fehlende Grundlage nachzuliefern. Das Parlament war allerdings wohl dermassen mit Sparmassnahmen beschäftigt, dass es die textlich unauffällige Gesetzesänderung verwarf; den Stimmbürgern wurde sie gar nicht mehr vorgelegt.

Alte Regelung bringt heute mehr Nachteile

Das Problem der fehlenden Gesetzesgrundlage besteht somit weiterhin. Deshalb sieht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gemäss seinem Bericht zum aktuellen Verordnungsentwurf keine andere Möglichkeit, als mit der Verordnung wieder zur alten Regelung zurückzukehren. «Und die Auswirkungen wären noch viel stossender, weil die Leistungen in der zweiten Rahmenfrist gemäss dem bald geltenden neuen Arbeitslosengesetz noch tiefer ausfallen als früher», erklärt Thomas Gächter, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich.

Eine taugliche neue Version

Es ginge aber auch anders: Mit einer dritten Variante der fraglichen Verordnungsbestimmung, in der nur ein Teil der Änderung von 2006 übernommen wird, liesse sich zumindest die grösste Ungleichbehandlung beheben – und zwar durchaus im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Grundlage. Das sieht auch Rechtsprofessor Gächter so. «Die Rückkehr zum alten Verordnungstext ist nicht zwingend erforderlich», sagt er. «Die vom Beobachter vorgeschlagene Neuformulierung läge im Rahmen der Kompetenz des Bundesrats.» Und vor allem: Sie wäre auch praktikabel, damit ältere Arbeitslose nicht bestraft werden, wenn sie einen Zwischenverdienst erzielen – schliesslich entlasten sie damit die ALV.

All das verhallt in Bern nicht ungehört. Der zuständige Projektleiter des Seco, Claude-Alain Vuissoz, kündigt an, man wolle eine Verordnungsänderung, wie sie der Beobachter vorschlägt, nach abgeschlossener Vernehmlassung im März dem Bundesrat unterbreiten. Bleibt zu hoffen, dass dieser die späte Einsicht des Staatssekretariats teilt.