Kupferschmied, Brauer, Typografin, Vermessungszeichner, Schriftenmalerin, Käser, Lagerist, Damenschneiderin, Buchbinder oder Zahnarztgehilfin - all diese Berufe gibt es nicht mehr. Zumindest nicht mehr unter diesen Namen. Umgekehrt sind an die 130 Berufe vor allem im letzten Jahrzehnt auf neu getrimmt oder neu zum Lehrberuf geworden.

«Gemeinsam ist neuen Berufen, dass nicht mehr Einzelfertigkeiten gelehrt, sondern Generalisten in einem Tätigkeitsfeld ausgebildet werden», erklärt Martino Lutz vom Laufbahnzentrum der Stadt Zürich. Er räumt ein, dass durch die laufenden Veränderungen für Jugendliche die Orientierung bei der Berufswahl schwieriger geworden sei - zumal einzelne Berufsnamen innerhalb von wenigen Jahren gleich mehrmals gewechselt haben. Zusätzliche Verwirrung stiftet der zweite, zweijährige Grundbildungsweg mit dem eidgenössischen Attest als Abschluss.

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Bis 2012 durchlaufen sämtliche derzeit angebotenen Lehrberufe - etwa 250 an der Zahl - eine Anpassung an das neue Berufsbildungsgesetz: Das jeweilige Ausbildungsreglement sowie der Bildungsplan werden entsprechend umgestaltet.

Den Grundstein für einen neuen Beruf legen die Berufsverbände. «Es brauchte fünf Jahre Entwicklungsarbeit, bis die neue Ausbildung Gestalter/in Werbetechnik starten konnte», sagt der Präsident des Verbands Werbetechnik, Florian Tanner. Gekostet hat das 130'000 Franken, davon bezahlte der Verband einen Drittel. Er soll auch für die Verankerung des neuen Berufs in der öffentlichen Wahrnehmung sorgen.

Jugendliche sind konservativ

Neue Berufe bieten einen Mehrwert. Stärker gewichtet wird neben technischen Neuerungen vor allem auch die Kundennähe, denn heute arbeiten 73 Prozent der Angestellten im Dienstleistungssektor. Ein typisches Beispiel für einen neuen Beruf ist der Lehrling Fachmann/Fachfrau Betreuung. Je nach Lehrbetrieb werden Kinder, Behinderte oder Betagte betreut, das eröffnet ein breites Spektrum an Arbeitsmöglichkeiten. «Wichtig ist aber auch, dass Betreuung mit dem Fähigkeitsausweis nun endlich den Stellenwert als professionelle Arbeit erhält», betont Mary Krebs, Ausbildnerin von Stift Predrag Ristic (siehe Porträt im Nebenartikel).

Unters Volk gebracht werden neue Berufe via Internet und an Berufsmessen. Sämtliche Lehrberufe findet man auf der Internetplattform www.berufsberatung.ch, die vom Schweizerischen Verband für Berufsberatung geführt wird (siehe «Weitere Infos»), genauer orientieren dann die kantonalen Berufsberatungen. «Wir haben immer etwa zwei Jahre Wissensvorsprung, bevor eine neue Lehre startet», erklärt Martino Lutz vom Zürcher Laufbahnzentrum.

Obwohl es nicht an entsprechenden Informationen fehlt, suchen Jugendliche ihre Berufe sehr traditionell aus. Zuoberst auf der Hitliste stehen für junge Frauen und Männer KV und Verkauf. Zwei Drittel der Frauen wählen unter gerade mal zehn Berufen, neben den beiden erwähnten vor allem Coiffeuse, Gesundheits- und Betreuungsberufe sowie Köchin. Bei den Männern landen zwei Drittel in 25 Berufen - auf KV und Verkauf folgen Elektromechaniker, Schreiner, Maurer, Gärtner, Koch, Landwirt sowie Gewerbeberufe. An dieser Auswahl hat sich in den letzten 25 Jahren wenig geändert. Als einziger neuer Beruf schaffte es Fachangestellte Gesundheit in die Hitliste der Frauen: Innerhalb von vier Jahren verfünffachte sich die Zahl der Einsteigerinnen.

Die Eltern sind am Drücker

Ob ein neuer Beruf überhaupt auf Interesse stösst, habe auch viel mit Imagefragen zu tun, sagt Berufswahlexperte Martino Lutz. «Deshalb wird mit neuen Berufsnamen oft auch eine Werthaltung ausgedrückt.» Zusätze wie «-assistent» oder «-gehilfe» werden durch «Fachmann/Fachfrau» ersetzt, die breitere Ausrichtung mit Namen wie «Logistiker» statt «Lagerist», «Automobil-Mechatroniker» statt «Automechaniker» ausgedrückt.

«Den entscheidenden Einfluss bei der Berufswahl haben nach wie vor die Eltern», weiss Lutz. Er rät ihnen, nicht einfach auf Bewährtes zu setzen und Unbekanntes abzulehnen. Der beste Weg sei immer noch, sich mit den individuellen Fähigkeiten und Schwächen des Berufseinsteigers auseinanderzusetzen und sich dann auf dieser Grundlage unvoreingenommen zu informieren. «Bei der Berufsberatung kann man sich auch nach Erfahrungen mit einem neuen Beruf erkundigen», betont er.

Nicht irritieren lassen sollte man sich dabei von Namen, unter denen man sich zuerst überhaupt nichts vorstellen kann, denn häufig verbirgt sich dahinter Wohlbekanntes. Die am Anfang dieses Artikels aufgezählten «verschwundenen» Berufe heissen heute Anlagen- und Apparatebauer, Lebensmitteltechnologe, Polygrafin, Geomatiker, Gestalterin Werbetechnik, Milchtechnologe, Logistiker, Bekleidungsgestalterin, Printmedienverarbeiter und Dentalassistentin.

Weitere Infos

Berufswahl-Eignungstests

  • «Feel ok», ein multithematisches Internetprogramm für Jugendliche: www.feelok.ch/...(«Berufseignungstest»)
  • Kantonaler Gewerbeverband Zürich: www.kgv.ch/...; Selbsteinschätzung und Kompetenzprofile für 55 Berufe, vor allem gewerbliche


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