Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beschäftigt sich mit einem Dokumentarfilm des Schweizer Fernsehens (SRF) über die evangelikale Privatschule «Domino Servite» in Kaltbrunn. Ehemalige Schülerinnen und Schüler berichteten darin von Schlägen, psychischer Gewalt und einer Vergewaltigung unter Schülern. Die Ermittlungsbehörden prüfen nun, eine im Jahr 2022 sistierte Untersuchung wieder aufzunehmen, wie Stefan Hess, der stellvertretende Medienbeauftragte der St. Galler Staatsanwaltschaft, auf Anfrage des Beobachters bestätigt.

Tangiert sein könnten die Straftatbestände der leichten und der schweren Körperverletzung sowie der strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Die Staatsanwaltschaft will dazu nichts Genaues sagen. «Bei der Prüfung der sich neu ergebenden Ermittlungsansätze sind wir auch auf Anzeigen aussagebereiter Opfer angewiesen», so Hess.

Eltern nicht mehr in Firma involviert

Der Film hat grosse Wellen geworfen, weil auch der Gründer der Schule, der Schweizer Chocolatier Jürg Läderach, beschuldigt wird, Kinder geschlagen zu haben. Gegenüber SRF stritt Läderach dies vehement ab. Sein Sohn Johannes Läderach, der gegenwärtige Chef der Schokoladenfabrik, ging in einem Interview in der «Sonntagszeitung» auf Distanz zu seinem Vater. Er hat 2018 die Firmenleitung übernommen. Seine Eltern seien in keiner Weise mehr in die Firma involviert, betonte er. 

Johannes Läderach hat nach eigener Darstellung im Jahr 2019 eine externe Untersuchung der Vorgänge an der Schule angestossen und danach die evangelikale Glaubensgemeinschaft verlassen. Im selben Jahr wurde auch der Name der Schule geändert von «Domino Servite» zu Christliche Schule Linth. Als die Ergebnisse der Untersuchung letztes Jahr bekannt wurden, ist die Staatsanwaltschaft tätig geworden. Sie kam damals zum Schluss, dass bei den meisten der in Frage kommenden Delikte bereits Verjährung eingetreten war oder ein Strafantrag fehlte.

Eine Strafuntersuchung wegen Verdacht auf Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit Kindern wurde sistiert, da keine weiteren Ermittlungsansätze vorhanden waren. «Neuen Hinweisen von Opfern, die sich bei uns melden, werden wir unverzüglich nachgehen», sagt nun Staatsanwaltschaft-Sprecher Stefan Hess.