Die gute Nachricht: Die Zahl der Kindesschutzmassnahmen bleibt in der Schweiz weitgehend stabil. 2022 wurden im Vergleich zum Vorjahr 2,9 Prozent mehr Fälle behandelt. Bereinigt um das Bevölkerungswachstum betrug die Zunahme nur 2,2 Prozent. Insgesamt waren 46’135 Kinder betroffen. Das berichtet die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes). 

Weniger erfreulich: In 44 Prozent der Kinderschutzfälle, die bei der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) landen, ging es um die Umsetzung des Besuchsrechts. Also um Eltern, die dermassen zerstritten sind, dass sie nicht mehr miteinander reden, dass keine Abmachungen getroffen und eingehalten werden können.

«Auch wir im Beobachter-Beratungszenrum stellen diesen Trend leider fest», sagt Beraterin Maya Rauscher. Sie berät tagtäglich Mütter und Väter, die mit dem anderen Elternteil nicht mehr kommunizieren können. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Eltern verheiratet waren oder nicht. «Die Leidtragenden sind die Kinder.»

Weil die Kesb und die jeweiligen Beistände diese Elternkonflikte meist nicht lösen können, hat die Kokes das Berner Pilotprojekt «Zentrum für Familien in Trennung» (Zfit) ins Leben gerufen. Besteht zwischen den Elternteilen in familienrechtlichen Verfahren ein Konflikt zu kindesrechtlichen Fragen, kann das zuständige Gericht oder die Kesb eine Beratung im Zentrum für Familien in Trennung anordnen.

Die zerstrittenen Eltern erarbeiten dann mit der Hilfe von Fachpersonen gemeinsam eine Vereinbarung rund um die Kinderbetreuung. Diese wird später von der Kesb oder dem Gericht genehmigt. Die Teilnahme an den Gesprächen ist obligatorisch, Anwälte dürften nicht dabei sein.

Ebenfalls hilfreich ist die Stiftung Kescha, eine Anlaufstelle sowie ein Informations- und Beratungsangebot für Menschen, die von Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen betroffen sind. 

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