Zum 18. Geburtstag erhielt Alina Gerber (Name geändert) nicht nur schöne Geschenke – sondern auch 10’000 Franken Schulden. Was weder sie noch ihre Mutter zu dem Zeitpunkt wussten: Alinas Vater hatte jahrelang ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlt. Da sie nun volljährig war, wurden ihr diese Schulden übertragen.

Alina wandte sich ans Beratungszentrum des Beobachters und wollte wissen, wie sie sich gegen den Schuldenberg wehren kann. Doch die Beraterinnen konnten nicht helfen. Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) sieht vor, dass die Eltern die obligatorische Krankenkasse im Namen ihrer Kinder abschliessen. Zahlen sie die Prämien ihrer Kinder nicht, gehen die Schulden der Eltern auf ihr volljähriges Kind über.

Das ändert sich nun auf Anfang 2024 mit der Anpassung des KVG. Junge Erwachsene werden künftig nicht mehr betrieben, wenn ihre Eltern ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlt haben. Dies hat der Bundesrat Mitte November beschlossen. 

Kommission lehnt Ausweitung auf 25-Jährige ab

«Diese Anpassung war längst überfällig», sagt Pascal Pfister, Geschäftsführer der Schuldenberatung Schweiz. «Solch hohe Schulden können gerade bei jungen Erwachsenen Existenzprobleme auslösen.» Wie viele Personen davon betroffen waren, weiss Pfister nicht. Dem Dachverband der Schuldenberatung sind einige Fälle bekannt, in denen 18-Jährige Schulden von mehreren Tausend Franken übernehmen mussten.

Doch Pfister geht die Änderung nicht weit genug. Schuldenberatung Schweiz forderte 2021 während der parlamentarischen Beratungen der Vorlage eine Ausweitung der Reform auf junge Erwachsene in Ausbildung. Wer die Lehre oder das Studium noch nicht abgeschlossen hat, soll noch bis zum Alter von 25 Jahren von den Krankenkassenschulden der Eltern befreit sein. Die zuständige Kommission strich nach anfänglicher Zustimmung die Erweiterung aber wieder raus.

Krankenkasse darf Verschuldete nur zweimal im Jahr betreiben

Für Pfister ein enttäuschender Entscheid: «Die Begründung, dass die Umsetzung zu kompliziert sei, teile ich nicht.» Trotzdem begrüsst er, dass die Politik nun handelt und den Verschuldeten mehr Hilfe bietet. 

Nebst dem Schuldenabbau bei Minderjährigen hat der Bundesrat weitere Änderungen im KVG beschlossen. Unter anderem sollen die Krankenkassen ihre Versicherten nur noch zweimal im Jahr betreiben dürfen. Diese Änderung tritt aber erst am 1. Januar 2025 in Kraft.