Was würden Sie denken, wenn die Krankenkasse Sie anrufen und eine Darmspiegelung vorschlagen würde? Wahrscheinlich wären Sie überrascht. Noch liegen solche Beratungen nicht in der Kompetenz der Kassen. Der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt und die Helsana sind nun auf gemeinsamer Mission, das zu ändern.

Aus Sicht der Helsana gibt es ein grosses Sparpotenzial, wenn die Krankenkassen die Gesundheitsdaten der Versicherten besser nutzen könnten. Ein interner Bericht der Helsana kam zum Schluss, dass Gesundheitskosten gespart werden können, wenn die Kasse Patienten zum Beispiel informieren darf, wenn sie Voruntersuchungen für Krebs nicht durchgeführt haben – oder wenn sie «auffällig viele» Schmerzmittel einnehmen. Das sagt Helsana-Chef Roman Sonderegger Mitte September gegenüber CH Media.

Aus Gründen des Datenschutzes dürfen die Versicherungen der Kundschaft heute keine solchen Behandlungsempfehlungen machen. Der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt (FDP) will das ändern und hat im Parlament einen entsprechenden Antrag eingereicht. Er ist Teil eines grossen Kostensenkungspakets. In einer vorberatenden Sitzung hat die Gesundheitskommission des Nationalrats dem Vorschlag im Sommer zugestimmt. Nun kommt das Geschäft in den Nationalrat, der am 28. September darüber debattiert.

Silberschmidt findet, die Krankenkassen sollen eine aktivere Rolle einnehmen: «Heute haben die Kassen kein Mitspracherecht. Wenn sie sehen, dass jemand einen Medikamentenmix einnimmt, der gefährlich sein könnte, können sie nicht informieren.» Diese Hürde will er abbauen.

Verwirrung oder Hilfestellung?

Nicht alle sind mit dem Vorschlag einverstanden. Hanspeter Kuhn, Berner Anwalt für Gesundheitsrecht, kritisiert das Vorhaben: «Wenn der Arzt mir Medikament A empfiehlt und die Krankenkasse Medikament B, wem soll ich dann vertrauen?» Solche Empfehlungen der Krankenkasse bergen aus seiner Sicht ein grosses Risiko, Verwirrung zu stiften.

Kuhn, der als früheres FMH-Vorstandsmitglied die Branche gut kennt, räumt aber ein: «Die Krankenkassen haben teilweise einen besseren Überblick über die gesundheitliche Versorgung einer Person als die behandelnden Ärzte. Besonders, wenn der Patient keinen Hausarzt hat.» Die Kasse hingegen kennt alle Medikamente und Behandlungen, die Versicherte über sie beziehen.

Kuhn schlägt deshalb einen Kompromiss vor, damit die Krankenkassen ihre Informationen nutzen können: «Sie sollen die Behandlungen dem Facharzt oder der Hausärztin vorschlagen dürfen, der oder die dann die Patienten informiert.​​» So blieben die Rollen zwischen Krankenkasse und Hausärztin klar definiert.