Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine stockten unsere Parlamentarier das Militärbudget in aller Eile um zwei Milliarden Franken auf. Ohne zu wissen, was sie mit dem Geld kaufen wollten. Ein bisschen von allem, Hauptsache, es wird von Schweizer Rüstungsfirmen produziert. Also lieber Mörser als intelligente Drohnen.

Auch die Gegenseite hat ihre Position zur Armee überdacht. Deshalb ist absehbar, dass schon bald die Diskussionen neu aufflammen werden, wie gut ausgerüstet und wie stark dotiert unsere Armee sein soll.

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Bei allen Reaktionen auf die äussere Bedrohung muss man sich aber auch Gedanken über innere Bedrohungen machen. Zumal ja die Armee das Gewaltmonopol mit der Polizei teilt. Denn Gewalt kann immer auch gegen die eigene politische Führung gerichtet werden, wie das regelmässig in manchen afrikanischen Staaten geschieht oder 2016 in der Türkei geschah.

Und man vergisst besser nicht, dass im Januar 2021 der Sturm auf das Kapitol nur unter Kontrolle gebracht werden konnte, weil sich die Streitkräfte loyal zur Demokratie verhielten – nicht zum abgewählten Präsidenten.

Deshalb überrascht es, dass in der Schweiz bis heute nirgendwo klar festgelegt ist, dass die Soldaten im Notfall unsere Demokratie und die politischen Institutionen verteidigen müssen. Im schlimmsten Fall auch gegen ihre Vorgesetzten, wenn die versuchen sollten, sich mit Gewalt in das demokratische Spiel einzuschalten.

Wie loyal gegenüber der Demokratie sind Schweizer Soldatinnen und Soldaten? Hat die Einführung des Zivildienstes 1996 dazu beigetragen, dass kritische Geister leider gar nicht mehr in der Armee vertreten sind? Welche «Wertvorstellungen, Einstellungen und politischen Kompetenzen, insbesondere im staatsbürgerlichen Bereich» junge Schweizerinnen und Schweizer haben, wird zwar jährlich mit den YASS-Jugendbefragungen ermittelt. Trotzdem wissen wir nicht, wie sich die Haltung der Rekruten gegenüber der Demokratie über einen längeren Zeitraum verändert hat. Das scheint weder das Militär noch die Forschenden zu interessieren.

Ganz nebenbei könnte man auch eine freche Frage stellen, nämlich: Warum ist die Quote der Dienstuntauglichen in allen lateinischen Kantonen signifikant höher als in der Deutschschweiz? Die verschämte Antwort des VBS: «Die unterschiedlichen Tauglichkeitsquoten der einzelnen Kantone lassen sich teilweise durch die Unterschiede in der Grösse und der Struktur der Bevölkerung der einzelnen Kantone erklären.» Anders gesagt: Das VBS nimmt es hin, dass die Armee stärker deutschschweizerisch geprägt ist als die Schweizer Bevölkerung. Für den nationalen Zusammenhalt ist das schlecht.

Zur Person
Michel Huissoud