Otto Weiler zahlt jeden Monat über 500 Franken, zusätzlich zur Grundversicherung, damit er privat krankenversichert ist. Seit Jahrzehnten. Sollte er krank werden, will er sich die beste Behandlung leisten können. Jetzt aber hat seine Versicherung, die Concordia, den Tarifvertrag mit den Zürcher Regionalspitälern gekündigt. Die Spitäler würden zu hohe Preise für Zusatzversicherte verlangen, so die Krankenkasse. 

Das ist ein Problem für Otto Weiler, der seinen richtigen Namen hier nicht preisgeben will. Der Rentner geht regelmässig zum Kardiologen ins Spital Männedorf. Dort bekommt er nun keine private Behandlung mehr – beziehungsweise müsste sie selber bezahlen. Weiler sagt: «Ich frage mich, ob eine Zusatzversicherung so noch Sinn macht.»

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Spitäler stehen in der Verantwortung

Dass Tarifstreitigkeiten auf dem Buckel der Versicherten ausgetragen werden, ist nichts Neues. 2020 scheiterten die Verhandlungen der Helsana und mehreren St. Galler Spitälern. Auch hier blieben Privat- und Halbprivatversicherte auf einem Teil der Kosten sitzen. Und auch hier war der Grund, dass die Versicherung die Tarife des Spitals für Privat- und Halbprivatversicherte als zu hoch einstufte. 

Der Beobachter berichtete mehrmals über das undurchsichtige Geschäft mit den Zusatzversicherungen. Die freie Arztwahl, das bessere Zimmer, der bessere Service – diese Versprechen würden häufig verrechnet, aber nicht eingehalten, berichten Patientinnen und Patienten immer wieder. Die Zusatzversicherten bringen den Spitälern damit viel Geld, sodass sie branchenintern als Cashcow oder Goldesel gelten. 

Zu dem Schluss kam vor einigen Jahren auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Sie forderte die Krankenversicherer auf, die Verträge mit den Spitälern bis Ende 2024 zu erneuern, um die Kundinnen und Kunden vor missbräuchlichen Rechnungen zu schützen.

Lückenhafte Kostendeckung ist auch bei anderen Krankenkassen gängig:

Die meisten Krankenkassen führen Listen mit Spitälern ohne Kostendeckung. Ebenso die Helsana, Swica oder Sympany. Um zu sehen, bei welchen Spitälern die Concordia keine volle Kostendeckung bietet, klicken Sie hier oder werfen Sie einen Blick auf die PDF-Liste.

Darum sind derzeit mehr als die Hälfte der Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Spitälern in Verhandlung. Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Es war zu erwarten, dass es in Einzelfällen zu vertragslosen Zuständen kommt.» Allerdings seien diese meist nicht von langer Dauer, da beide Seiten an einer Lösung interessiert seien.

Vor vorschneller Kündigung ist abzuraten

Was können Versicherte wie Otto Weiler tun? Versicherungsexpertin Gitta Limacher vom Beobachter-Beratungszentrum rät vor vorschnellen Kündigungen ab: «Häufig ist das ein Entscheid für immer.» Zusatzversicherungen sind Privatversicherungen, Krankenkassen können frei entscheiden, welche Anträge sie annehmen. Ohne Begründungspflicht. Ältere Menschen oder Personen mit gesundheitlichen Problemen werden oft abgelehnt. Auch die Concordia müsste Otto Weiler nicht wieder aufnehmen, wenn er einmal gekündigt hat – 20 Jahre Vertrag hin oder her.

Otto Weiler möchte seine Zusatzversicherung vorerst weiterlaufen lassen. Er hat bei der Concordia nach Alternativen gefragt: «Man sagte mir, dass es in der Umgebung mehrere Spitäler gibt, bei denen die Concordia Zusatzleistungen übernimmt – etwa das Unispital.» Dennoch ist er besorgt: «Wenn im Unispital aufgrund des höheren Patientenaufkommens kein Platz mehr ist, muss ich mich wieder auf die Suche machen.»