Das Ferienfoto vom Garten vor unserem Bed and Breakfast in Südfrankreich sah perfekt aus. Ich sah einen azurblauen Pool, Liegestühle, die von Zypressen und Olivenbäumen gerahmt wurden, schmale Kiesweglein, die sich durch das Idyll schlängelten, und ein Licht, das kein Instagram-Filter so hinbekommt. Auch unser Zimmer sah herrlich aus: hell und grosszügig.

Und wir? Wir sassen auf dem Sofa und waren geknickt. Die Stimmung war zwar nicht auf dem Nullpunkt, aber definitiv ungemütlich. Dabei hatten wir gefühlt alles richtig gemacht und uns an meine besten Tipps für entspannte Ferien Stress in den Ferien «Einmal entspannen, bitte!» gehalten: Wir hatten im Vorfeld über Vorstellungen und Erwartungen gesprochen und versucht, diese auf ein freundliches, aber definitiv erreichbares Level zu bringen.

Mit der Anreise hatten wir uns Zeit gelassen und keinen Druck auf uns ausgeübt, nach anstrengenden Monaten innert weniger Stunden von hundert auf null zu entschleunigen. Wir hatten ein paar Aktivitäten geplant, aber nicht zu viele. Darunter auch solche, die mein Mann und ich je allein machen wollten. Wir waren uns nah, wir waren locker, wir waren ... unglücklich.

Die versprochene Tavolata

Der Auslöser für dieses Stimmungstief war ein Wechsel im Angebot unseres Feriendomizils: Statt einer allabendlichen, von den Gastgebern frisch zubereiteten Tavolata – ein Hauptkriterium beim Buchen – gabs nur ein paar Weckgläser mit Salaten und Eintöpfen aus dem Supermarkt im Dorf. Dass die Tavolata auf der Homepage versprochen worden war, wie mein Mann behauptete, bezweifelte ich zuerst, statt den Fehler beim Anbieter zu suchen.

«Trotzdem ist der Funke zwischen uns und dieser Reise nicht übergesprungen.»

Caroline Fux, Psychologin

Die tiefste Wunde hatte aber vermutlich hinterlassen, dass wir zwar alles richtig gemacht hatten, aber trotzdem nicht belohnt wurden. Genau deshalb möchte ich unser Erlebnis mit Ihnen teilen. Ja, es war wichtig, dass wir ein gutes Erwartungsmanagement und eine nette Planung gemacht hatten. Ja, es hat sich gelohnt, dass wir uns Zeit liessen und uns Raum gaben. Aber keine Tippliste der Welt kann verhindern, dass Enttäuschungen passieren. Und die tun dann halt weh.

Mittelmässige Ferien

Es wäre toll, wenn ich Ihnen nun erzählen könnte, mit welchem Trick wir das Steuer rumgerissen haben. Nur wäre das leider komplett erfunden. Unser wöchentliches Paargespräch Beziehung Die Sprechstunde beim Partner , das wir auch in den Ferien nicht auslassen, hat geholfen. Es hat uns an unsere Beziehungskompetenzen erinnert, aber auch daran, dass wir in Krisen recht unterschiedlich funktionieren und deshalb – ohne es zu realisieren – manchmal gegeneinander arbeiten statt miteinander. Megahappy waren wir trotzdem nicht.

«Man kann nicht jeden Ferientaucher verhindern.»

Caroline Fux, Psychologin

Gut war auch, dass wir die Mittelmässigkeit des Ferienerlebnisses thematisiert und ausgehalten haben. Wir haben weitergemacht, wie wir es uns vorgenommen hatten. Haben versucht, die kleinen Dinge auszukosten Geniessen lernen Mit Genuss gegen die Widrigkeiten des Alltags . Trotzdem ist der Funke zwischen uns und dieser Reise nicht übergesprungen. Das kommt vor.

Tränen der Freude

Was uns gerettet hat: Freunde und die Familie zu Hause rieten uns, noch etwas länger wegzubleiben. Nicht weil sie die Schnauze voll von uns hätten, aber das Wetter zu Hause war derart miserabel, dass sie uns versicherten, dass jeder noch so zähe Trip besser wäre als dieser legendär miese Frühling. Also haben wir unseren Roadtrip verlängert, einen Schlenker über Italien gemacht und es nochmals mit einem neuen Hotel versucht. Das Essen dort trieb uns Tränen der Freude in die Augen. Es nährte nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Seele, und an die verpassten Tavolate dachten wir keine Sekunde.

Lustigerweise bleibt mir dieser Trip derart positiv in Erinnerung, als wäre er von A bis Z grossartig gewesen. Die Lektion, die ich dabei gelernt habe? Man kann nicht jeden Ferientaucher verhindern. Manche Erlebnisse sind toll, andere nicht. Ferienfotos und Erinnerungen können trügen. Manchmal auf die glorreichste Weise.

Buchtipp
Das Paar-Date
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Zur Person

Caroline Fux

Caroline Fux schreibt für den Beobachter über ihre Arbeit als Psychologin und die tägliche Konfrontation mit sich selbst. Ausserdem ist sie Co-Autorin der Beobachter-Bücher «Was Paare stark macht», «Guter Sex» und «Das Paar-Date».

Quelle: Paul Seewer

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