Draussen sollte eigentlich die Sonne vom Himmel brennen. Drinnen dampfen die Kühltruhen unbeeindruckt. Neben Cornets, Wasserglacen und Pralinatos lockt ein Neuling in die Kühlabteilung der Migros. «WOW» steht in grossen weissen Lettern auf der blau-gelben Verpackung. «Just Fruit», verspricht der «Pineapple Pop». Ein «New Produkt» und «Nice Tech» soll in der Tüte stecken. 

Ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe: 100 Prozent Ananas. Ziemlich gesund. Aber auch ziemlich deprimierend. Denn die Glace-Alternative ist tatsächlich nicht mehr: ein kleines Stück gefrorene Ananas. «Nur Frucht» halt. Wer also lieber an einem Stück roher Frucht nuckelt, statt sich dem Cornetgenuss hinzugeben, kann dies nun tun. Zu unschlagbaren 29 Kalorien. Ein Zolli-Cornet von Gasparini eine Truhe weiter schlägt immerhin mit gut 300 Kalorien auf die Hüfte.

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Stolzer Preis

Die gesunde Alternative hat ihren Preis. Für 3.95 Franken gibt es fünf Ananas-Pops. Insgesamt 250 Gramm. Absurd ist, dass die Migros direkt neben den Ananas-Glacen auch ganze Säcke gefrorene Ananasstücke anbietet. Und zwar die doppelte Menge zum selben Preis. Könnte der linienbewusste Konsument nicht einfach einen Sack gefrorene Ananas kaufen und an diesen Stückchen lutschen?

Die Migros erklärt: Bei den günstigeren M-Classic-Ananasstücken handle es sich um kleine Fruchtstücke, die zur Weiterverwendung als Smoothie-Zutat, für Desserts oder als Pizza-Topping gedacht seien. Die Ananas-Pops hingegen seien eine gesunde Glace-Alternative. Aha.

Dann bringt die Detailhändlerin doch noch ein Verkaufsargument für die teuren Pops: «Dank der Gefrier-Technologie des Produzenten Nice Tech wird die Struktur der gefrorenen Frucht so gut wie möglich erhalten.» Üblicherweise verlören gefrorene Produkte beim Auftauen an Struktur und Nährstoffen. Nice-Tech-Lebensmittel blieben dagegen unverändert. Die Frucht sehe daher aus wie eine frische Frucht und habe mehr Geschmack.

Und: Im Gegensatz zu den meisten anderen Früchten, die bei 50 Prozent Reife geschnitten würden, würden die für die Ananas-Pops verwendeten Früchte erst bei einem Reifegrad von bis zu 90 Prozent geschnitten. Alles klar!

Erhitzen nicht nötig

Stellt sich die Frage, ob es denn tatsächlich so gesund ist, tiefgefrorene Ananas zu essen. Deutsche Konsumentenschützer raten, tiefgefrorene Beeren vor dem Konsum zu erhitzen. Das, weil die Beeren in der Vergangenheit häufiger mit Noroviren oder Salmonellen verunreinigt waren.

Anders in der Schweiz: «Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass unter Einhaltung der Guten Herstellungspraxis beim Umgang mit tiefgefrorenen Früchten kein Erhitzungsschritt vor dem Konsum erforderlich ist», sagt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Auch die Migros betont, sie arbeite mit Lieferanten zusammen, die durch regelmässige Qualitätstests garantierten, dass die Produkte sicher seien. 

Lange werden ultra-figurbewusste Konsumentinnen und Konsumenten den gesunden Ananas-Snack allerdings nicht mehr geniessen dürfen. Mit dem Sommer verschwindet er wieder aus den Kühltruhen. Das Produkt wird laut Migros nur noch bis Mitte September verkauft – pünktlich zur Magenbrot- und Weihnachtsguetsli-Saison.

So sieht eine Packung «WOW Pineapple Pop» aus

Diese Packung mit fünf Ananas-Pops kostet stattliche 3.95 Franken. 

Quelle: migros
«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.