Plötzlich purzeln die Preise. Das Mountainbike Ghost Lector FS SF LC 29" kostete vor ein paar Monaten noch 5499 Franken, jetzt zahlt man bei SportXX noch 2999 Franken. Das Strassenrad Sirrus 4.0 von Specialized erhält man heute für 1600 statt 2000 Franken.

Cannondale hat die Preise für die Hälfte seiner 218 Modelle gesenkt, Specialized bei einem Drittel der 180 Modelle. Beim Fachhändler Veloplus sind 21 Prozent der Bikes ohne Antrieb und 61 Prozent der E-Bikes dauerhaft reduziert.

Der Wind hat gedreht, die fetten Jahre sind vorbei. Für die Velobranche war Corona wie immerwährender Rückenwind, der die Verkaufszahlen anschob wie nie zuvor. Und obwohl die Preise durch die Decke gingen, fand auch noch das letzte Rad seinen Käufer. Hersteller wie Trek und Specialized fuhren voraus, in ihrem Windschatten folgte die Konkurrenz.

2021 viel zu viele Velos bestellt

Jetzt geht es in die andere Richtung. Und wieder haben die beiden amerikanischen Marktführer die Nase vorn und schalten bei den Preisen «knallhart runter», wie ein Insider dem Beobachter sagte. Und wieder ziehen die meisten anderen mit.

Die Probleme der vielen kleinen Händler begannen schon im Frühling 2021. Sie bestellten, was sie nur konnten, erhielten die meiste Ware aber erst im Herbst. «Der Markt war um das Dreifache überbestellt», sagt Martin Platter vom Branchenverband Velosuisse.

Krieg, Teuerung, nasser Frühling

Dann begann die Talfahrt. Erst Putins Krieg gegen die Ukraine, dann zog die Teuerung an und ging die Zeit des billigen Geldes vorbei. Und der Frühling 2023 war dann so nass, dass keine Kauflaune aufkommen wollte.

Jetzt sind die Lager voll, und die Nachfrage ist mässig. Dass die Preise nun sinken, sei nur gut, sagt Dominique Metz, der Geschäftsleiter von Veloplus. «Die zum Teil enormen Preiserhöhungen in den Corona-Jahren waren auch für uns nicht mehr verständlich. Es ging einfach zu weit nach oben. Jetzt beginnt sich der Markt zu normalisieren.»

Bei der Migros-Tochter Bike World warnt man aber vor zu grossen Glücksgefühlen. Es gebe zwar eine gewisse Sättigung. «Dass Velos etwas günstiger geworden sind, stimmt teilweise», so Sprecherin Carmen Hefti.

Preise dürften vorerst tief bleiben

Die Preise der verschiedenen Biketypen reagieren unterschiedlich auf die neue Lage. Bei E-Mountainbikes, bei denen das Angebot sehr gross ist, fallen sie auf breiter Front, genauso bei sehr hochpreisigen Modellen. Bei Rennvelos und Gravelbikes dagegen ist das Angebot knapp, und die Preise sind ziemlich stabil.

Jetzt ist bestimmt ein guter Zeitpunkt, um ein neues Velo zu kaufen. Dominique Metz von Veloplus spricht von einer Gelegenheit, die es so wohl sehr lange nicht mehr geben wird. Aber man muss nichts überstürzen.

Alle vom Beobachter befragten Experten sind überzeugt, dass die tieferen Preise bis nächsten Frühling halten werden. Und im Herbst könne man mit «gewissen Sale-Angeboten rechnen», heisst es bei Bike World.

Sechs Tipps für den Velokauf

  1. Kaufen Sie ein Velo, das zu Ihrem Fahrstil und zum Einsatzzweck passt. Mit dem richtigen Velo hat man am meisten Spass, man fährt mit ihm in der Regel auch am längsten.
  2. Geben Sie lieber etwas mehr aus und pflegen Sie das Velo regelmässig. Das erhöht die Lebensdauer. Billigräder sind in der Regel reparaturanfällig und halten nicht sehr lange.
  3. Kaufen Sie antizyklisch: Im Frühling ist Hochsaison, die Preise sind dann am höchsten. Im Herbst und im Winter, bevor die neuen Modelle eintreffen, fallen die Preise.
  4. Kaufen Sie ein Vorjahresmodell: Es muss nicht immer das Neuste sein. Grosse Technologiesprünge von einem Jahr auf das nächste sind selten. Und hochinnovative Modelle werden meist nach kurzer Zeit deutlich günstiger.
  5. Sprechen Sie den Händler auf Aktionsmodelle an und fragen Sie ihn nach einem persönlichen Rabatt – ganz freundlich.
  6. Erst mieten, dann kaufen: Wenn man ein Velo zuerst ein paar Tage lang Probe fährt, merkt man, ob es passt und ob man noch Änderungswünsche hat bei Sattel, Vorbau und Griffen. Der Mietpreis wird beim Kauf meistens angerechnet.