«Unvollständige Phimose» lautete die Diagnose des Urologen, den Sebastian F. nach langem Zureden seiner Freundin aufgesucht hatte. Seit seinen Teenagerjahren litt der 25-Jährige unter einer zu engen Vorhaut. Das störte ihn nicht, solange der Penis schlaff war. Nach einer Erektion jedoch glitt die Vorhaut nicht zurück, sondern bildete hinter der Eichel einen schmerzhaft verdickten Schnürring. Ein peinliches Thema, das Sebastian F. nie mit seinen Eltern oder seinem Hausarzt zu besprechen wagte.

Solche «versteckten» Vorhautverengungen, die sich erst bei Erektionen bemerkbar machen, kommen bei vielen Männern vor. Früher fackelten die Ärzte bei dieser Diagnose nicht lange: Ein Griff zum Skalpell – und das Problem war im wahrsten Sinn des Wortes beseitigt. Heute ist die Beschneidung, also das vollständige Entfernen der Vorhaut, aber nicht mehr die einzig mögliche Behandlung.

Vorhautverengung ist aber nicht gleich Vorhautverengung. Von Geburt an umgibt die Vorhaut das Glied wie eine Art Schutzhülle: Sie ist bei vielen Neugeborenen mit der Eichel verklebt und kann nicht zurückgezogen werden. Die Verklebung löst sich meist bis zum dritten Lebensjahr, und die Vorhaut gewinnt Bewegungsfreiheit. Spätestens im Teenageralter ist sie voll funktionsfähig, ausgestattet mit Tausenden von Nervensträngen und Tastkörpern, die sie zu einem der feinfühligsten Teile des Penis machen.

Die Grenzen zwischen der normalen Verklebung und einer behandlungsbedürftigen Verengung der Vorhaut sind fliessend und nicht genau definiert. Deshalb gehen auch die Meinungen darüber auseinander, wann und wie dieses männliche Problem zu lösen ist.

«Gymnastik» in der Badewanne

Verzögert sich die natürliche Ablösung der Vorhaut im Kindesalter, kann der Vorgang durch eine sanfte «Gymnastik» beim Baden beschleunigt werden. Auf keinen Fall ist Gewalt angebracht: Durch das gewaltsame Zurückziehen der Vorhaut bilden sich feine Risse, die später vernarben und eine weitere Verengung zur Folge haben. Bei einer nicht sehr stark ausgeprägten Phimose kann die Anwendung von Kortisonsalbe helfen: Das lokale Auftragen weitet in der Regel die Vorhaut. Um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden, sollten jedoch nur niedrig dosierte Präparate verwendet werden. Bestehen die Verklebungen weiterhin, kann der Arzt versuchen, die Vorhaut unter örtlicher Betäubung mit einer Sonde zu lösen.

Erst wenn keine dieser Methoden zum Erfolg führt, häufige Entzündungen und Probleme beim Harnlassen oder beim Geschlechtsverkehr auftreten, ist der Griff zum Skalpell erforderlich. Aber auch dann genügt meist eine plastische Operation zur Erweiterung oder eine teilweise Entfernung der Vorhaut, um den nötigen Spielraum zu schaffen.

So auch bei Sebastian F.: Der Urologe entfernte nur den äussersten, engsten Rand der Vorhaut. An den neuen Zustand seines Penis musste sich der junge Mann erst gewöhnen, denn die Eichel war nun teilweise unbedeckt, die Haut wurde trockener, und das Gefühl beim Sex veränderte sich. Erektionen konnte er jetzt jedoch befreit erleben, nichts engte ihn mehr ein. Heute ist Sebastian F. überglücklich: «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den Eingriff viel eher machen lassen.»

Eine radikale Beschneidung nur aus medizinischen Gründen ist selten nötig. Welche Behandlung die geeignetste ist, muss der Arzt entscheiden. Sicher ist: Scham ist nicht angebracht, und Verschweigen bringt eher Frust statt Lust.

Was ist eine Phimose

Bei einer Phimose (Vorhautverengung) lässt sich die Vorhaut am Penis nicht oder nur unter Schwierigkeiten über die Eichel zurückziehen. Aber Achtung – bei kleinen Kindern ist dieser Zustand völlig normal: Von Geburt an besteht eine sogenannte Vorhautverklebung (bzw. physiologische Phimose), die erst im Alter von drei Jahren überwiegend verschwunden ist.

Dass sich die Vorhaut (Präputium) beim Säugling und Kleinkind nicht zurückziehen lässt, ist entwicklungsbedingt und gibt sich mit der Zeit durch natürliche Reifungsvorgänge meist von selbst. Erst wenn das Zurückziehen der Vorhaut etwa ab dem dritten bis fünften Lebensjahr immer noch nicht möglich ist, kann dies auf eine krankhafte Phimose hindeuten. Hinter einer solchen Vorhautverengung steckt eine angeborene oder erworbene Verengung des sogenannten äusseren Vorhautrings.

Die Vorhautverengung kann auch erst im höheren Alter entstehen: Mögliche Ursachen für die spätere Entstehung einer Phimose sind wiederholte Entzündungen oder gewaltsame Einwirkungen mit Einrissen, Blutungen oder entzündlicher oder narbiger Abheilung. Wenn eine solche sekundäre Phimose bei Erwachsenen auftritt, besteht oft ein Diabetes mellitus.

Die nicht zurückziehbare Vorhaut ist das Hauptmerkmal der Phimose. Zusätzlich können infolge der Vorhautverengung folgende Symptome auftreten:

  • Spannungsgefühl oder Einrisse bei der Erektion
  • aufgeblähte Vorhaut beim Wasserlassen
  • erschwerte Harnentleerung, dünner und/oder abgelenkter Harnstrahl
  • häufig entzündete Eichel und Vorhaut
  • weissliche Ablagerungen auf der Eichel infolge der erschwerten Intimhygiene
  • schmerzhafter Schnürring (sog. Paraphimose bzw. Spanischer Kragen) bei gewaltsam über die Eichel zurückgestreifter Vorhaut, durch den die Eichel – wenn diese Komplikation länger besteht – absterben kann

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