«Transparent, ehrlich, fair»: Mit diesem Slogan wirbt die Luzerner Immobilienfirma Immobilien-Börse AG auf ihrer Website. Doch der Schein trügt. Der CEO häufte in den letzten Jahren Firmenschulden in Millionenhöhe an. 

Die Immobilien-Börse AG handelt mit Häusern und Wohnungen, um die sich laut der Website 70 Fachleute kümmern. Der Beobachter hat mit sechs ehemaligen Angestellten gesprochen. Das Wort, das am häufigsten fiel: «zermürbend». Sie erzählen, dass ein Grossteil der Belegschaft gekündigt habe. Der Grund: Der Chef hörte auf, Löhne zu zahlen. 

«Der CEO kann sich alles erlauben. Und der Staat schaut zu.»

Barbara Krebs (Name geändert), betroffene Angestellte

Den über 20 Betroffenen fehlen zwischen 15’000 und 75’000 Franken an Lohn und Sozialleistungen. «Der CEO kann sich alles erlauben», sagt Barbara Krebs (Name geändert), «und der Staat schaut zu. Ich kann nicht verstehen, warum die Firma noch nicht in Konkurs ist.»

Aufgrund der laufenden Gerichtsverfahren wollen die Angestellten anonym bleiben. Auf Anfrage des Beobachters bestreitet der CEO jegliche Vorwürfe. Er erklärt, dass ein «Sanierungsplan vorhanden» sei, um die wirtschaftlichen Schwierigkeiten abzuwenden.

Vom Helikopterflug zum fehlenden Lohn

Als Anita Meier (Name geändert) vor ein paar Jahren zur Immobilien-Börse stiess, florierte die Firma. Meier und ihre ehemaligen Arbeitskollegen erzählen von einem innovativen Arbeitsumfeld, hohen Boni und den teuren Sportwagen ihres Chefs. Sie feierten Sommerfeste und Jubiläen in Saus und Braus. «Wir kriegten sogar Helikopterflüge bezahlt», erinnert sich Meier.

Vor zwei Jahren geriet die Firma ins Wanken. Wie zwei Angestellte erzählen, blieb ihr Chef mehrere Monate im Ausland, liess nichts mehr von sich hören. «Wir sassen ohne Aufträge im Büro», sagt Meier.

Zurück in der Schweiz zahlte der Chef einen Teil der Löhne aus und erteilte Aufträge. Bis die Lohnzahlungen ganz ausblieben.

«Rund um die Uhr erreichbar»

Der CEO bestreitet diese Vorwürfe: «Seit der Übernahme der Firma war ich rund um die Uhr für die Mitarbeiter erreichbar.» Weiter dementiert er die Behauptung, dass er seine Angestellten nicht bezahlte: «Es ist im Jahr 2023 vorgekommen, dass die Lohnzahlungen mit etwas Verzögerung ausgeführt wurden.» Er habe jedoch alle offenen Forderungen beglichen.

Andreas Studer (Name geändert) lacht, als er von der Aussage erfährt. «Weder ich noch meine Mitarbeitenden haben einen Lohn erhalten», sagt er mit Nachdruck. Studer kämpft seit einem Jahr um sein Gehalt. «Mich stört am meisten, dass die Behörden nichts unternehmen. Wir sind auf uns allein gestellt.» 

Das Konkursamt Luzern bestätigt gegenüber dem Beobachter, dass kein Konkursverfahren gegen die Immobilien-Börse eröffnet wurde. Wie im Betreibungsregisterauszug von Ende Januar ersichtlich ist, hat der Chef der Immobilien-Börse AG bei über 40 Betreibungen einen Rechtsvorschlag erhoben. Zu den Gläubigern zählen nicht nur ehemalige Angestellte, sondern auch Privatkunden, Werbeagenturen oder Steuerverwaltungen. Auch bei der Pensionskasse sind noch 600’000 Franken offen.

Über 40 Betreibungen abgewendet

Mit einem Rechtsvorschlag lehnt die betriebene Person die Schuld ab. Gläubiger müssen sich daraufhin ans Gericht wenden. Die Angestellten bestätigen, dass bei all ihren Betreibungen Rechtsvorschlag erhoben wurde. Von Mitte Dezember bis Ende Februar fanden am Arbeitsgericht Schlichtungsverhandlungen mit bis zu zwölf Klagenden statt, doch der CEO tauchte unentschuldigt nicht auf. Die Angestellten müssen nun erneut Geld in die Hand nehmen und die Firma verklagen.

«Ich kann mir vorstellen, dass diverse Briefe bewusst nicht an mich weitergeleitet wurden.»

Der CEO der betroffenen Firma

Auf Nachfrage beteuert ihr Chef, dass er aufgrund einer Corona-Erkrankung die Termine nicht wahrnehmen konnte. Obwohl diese mehrere Wochen auseinanderlagen. Zudem gelange die Post an seine Mitarbeitenden: «Ich kann mir vorstellen, dass diverse Briefe bewusst nicht an mich weitergeleitet wurden», schreibt er weiter. 

Erst wenn die Firma in Konkurs fällt, erhalten die Angestellten eine Insolvenzentschädigung in der Höhe von maximal vier Monatslöhnen. Falls eine Firma die Insolvenz hinauszögert, etwa mit Rechtsvorschlägen, bleibt den Betroffenen nur die Klage. In der Zwischenzeit können sie sich an die Arbeitslosenkasse wenden, wenn sie nicht sofort einen neuen Job finden.

«Es war alles gelogen»

Noch macht der Chef der Immobilien-Börse weiter wie gewohnt. Er postet Wohnungsanzeigen auf Instagram und stellt neues Personal ein. Jana Schmid (Name geändert) stiess Ende 2023 zum Unternehmen. «Das Vorstellungsgespräch verlief super professionell. Mir wurde versichert, dass ich bald eine Lohnerhöhung kriege», sagt sie. «Heute weiss ich, das war alles gelogen.»

«Wir waren nur noch zehn Personen im Büro. Also fragte ich, weshalb wir eine derart riesige Bürofläche haben. Der Chef meinte nur, er stocke bald wieder auf.» Einige Wochen später wurde die Belegschaft ins Homeoffice geschickt.

«Mein Lohn wurde mir einen Monat zu spät und erst nach mehrmaligen Aufforderungen bezahlt», sagt Jana Schmid. Sie hat noch während der Probezeit gekündigt.