Schweizer Sport – das ist nicht nur heile Welt. Das weiss die Schweiz spätestens seit das Magazin des «Tages-Anzeigers» im Herbst 2020 die «Magglingen-Protokolle» veröffentlichte und Missstände im Kunstturnen und in der rhythmischen Sportgymnastik publik machte. Die Recherchen zeigten, wie Athletinnen über Jahre von ihren Trainern gedemütigt wurden.

Rund ein Jahr später hat Sportministerin Viola Amherd verschiedene Massnahmen initiiert, unter anderem eine unabhängige Meldestelle für Missbrauch im Schweizer Sport. Sie ist seit 2021 aktiv und arbeitet seit Anfang 2022 unter dem Namen Swiss Sport Integrity. Seither wurden zahlreiche Missstände unter anderem im Synchronschwimmen Kandidatinnen für den Prix Courage 2023 Für die Wahrheit opferten sie alles , Trampolinspringen und Fussball publik.

Welche Aufgabe hat Swiss Sport Integrity?

Ziel von Swiss Sport Integrity ist es, Doping, Ethikverstösse und Missstände im Sport zu bekämpfen. Dafür führt sie Dopingkontrollen durch, arbeitet in der Prävention und der Forschung und nimmt Meldungen zu Missständen sowie Missbrauch entgegen und untersucht diese.

Wie wird die Meldestelle finanziert?

Für das erste Jahr wurden für Swiss Sport Integrity 1,1 Millionen Franken budgetiert. 60 Prozent davon bezahlte der Bund und 40 Prozent Swiss Olympic. Das Parlament hat den Beitrag bereits nach den ersten Monaten um 360’000 Franken aufgestockt. VBS-Chefin Viola Amherd hat nun für die Jahre 2024 und 2025 je zusätzliche 600’000 Franken gesprochen. Swiss Olympic erhöht seine Beiträge um 400’000 Franken. Das Parlament muss die Mittel bei der Budgetdebatte im Dezember noch genehmigen. Die zusätzliche Million soll steigenden Personalbedarf und externe Fachpersonen finanzieren.

Wie viele Meldungen erreichen Swiss Sport Integrity?

2022 verzeichnete Swiss Sport Integrity 264 Meldungen. Für das Jahr 2023 führt die Meldestelle bereits eine Zunahme von 50 Prozent auf und rechnet bis Ende Jahr mit rund 400 Meldungen. Laut dem Leiter des Bereichs Ehtikverstösse von Swiss Sport Integrity, Markus Pfisterer, handeln etwa 30 Prozent der Meldungen von psychischen Verletzungen, weitere 30 Prozent betreffen physische oder sexuelle Grenzüberschreitungen.

Ist die Meldestelle auch für den Breitensport offen?

Betroffene aus Spitzen- und Breitensport können sich bei Swiss Sport Integrity melden. Auch Personen, die nicht direkt betroffen sind, sondern Vorfälle nur beobachten, können Vorfälle melden. Also Trainerinnen, Eltern, Zuschauende oder Vereinsvertreter. Um das Angebot der Meldestelle im Breitensport bekannt zu machen, arbeitet Swiss Sport Integrity mit den nationalen Sportverbänden zusammen.

Wie kann eine Meldung gemacht werden?

Über ein Meldeportal kann man sich online an Swiss Sport Integrity wenden. Ausserdem gibt es eine Telefon-Hotline. Über die Hotline beraten und informieren die Mitarbeitenden auch über mögliche Vorgehensoptionen, ohne dass direkt eine Meldung aufgenommen werden muss.

Was passiert nach einer Meldung?

Swiss Sport Integrity prüft die Meldung und eröffnet eine Untersuchung, wenn sie einen Ethikverstoss für wahrscheinlich erachtet. Ab Meldungseingang kann die Meldestelle bereits vorläufige Massnahmen aussprechen. Nach der Untersuchung erstellt Swiss Sport Integrity einen Schlussbericht und legt diesen zusammen mit den Anträgen für eine Sanktion oder Einstellung des Verfahrens der Disziplinarkammer des Schweizer Sports vor. Diese prüft den Bericht, hört die betroffenen Parteien an und entscheidet über Massnahmen.

Wie können solche Massnahmen aussehen?

Swiss Sport Integrity und die Disziplinarkammer können Verwarnungen, Sperren (temporär bis zu lebenslang), Geldstrafen bis zu 50’000 Franken, Abberufungen von Gremien oder ein Verbot von gewissen Tätigkeiten aussprechen. Die Massnahmen betreffen jeweils den ganzen Sport, nicht nur einzelne Sportarten.