«So einfach war Sparen noch nie», wirbt die Post auf einem Flyer. Sie will Konsumentinnen und Konsumenten schmackhaft machen, Werbeprospekte im Briefkasten zu empfangen. So könne man dank Aktionsangeboten 2500 Franken pro Jahr sparen. 

Wer kann dazu schon Nein sagen? Leserin Dorothée Haller zum Beispiel. Sie hat sich beim Beobachter gemeldet, nachdem sie einen «Werbung willkommen»-Kleber und -Flyer im Briefkasten erhalten hatte. «Ich finde es grotesk, die Leute zum Konsum anzuspornen und gleichzeitig vorzugaukeln, dass man dann sparen könne!» 

Viele Briefkastenbesitzer scheinen die Meinung von Dorothée Haller zu teilen. Werbesendungen werden immer unbeliebter, wie die Zahlen der Post zeigen: Jedes Jahr haben rund 1,3 Prozent mehr Haushalte einen «Stopp Werbung»-Kleber am Briefkasten.

Vor zehn Jahren hat die Post 1,9 Milliarden Sendungen mit Werbematerial ohne Adresse verschickt. 2022 waren es nur noch 1,3 Milliarden. Kein Wunder, dass die Post dieser Entwicklung entgegenwirken möchte. Denn sie verdient mit unbestellten Werbeprospekten im Briefkasten Geld. Wie viel, dazu gibt sie auch auf Nachfrage keine Auskunft. Ganz unbedeutend kann der finanzielle Verlust durch die rückläufigen Sendungen nicht sein. Denn die Kampagne für mehr Werbeakzeptanz läuft bereits seit 2016. 

«Unbeabsichtigte» Stopp-Werbung-Sticker

Die Post sieht ihre Kampagne als guten Service für Sparwillige. «Vergangene Aktionen haben gezeigt, dass nicht jeder Haushalt den «Stopp Werbung»-Kleber bewusst angebracht hat», sagt Silvana Grellmann, Mediensprecherin der Post. So könne es vorkommen, dass der Kleber dem Vormieter gehörte und sich nun nicht mehr entfernen liesse. Für dieses Problem bietet die Post eine einfache Lösung: «Der Stopp-Kleber lässt sich einfach mit einem ‹Werbung ok›-Kleber überkleben.»

Leserin Dorothée Haller sagt: Ihr Stopp-Kleber ist kein Versehen. Die Aktion der Post hinterlasse bei ihr einen bitteren Nachgeschmack: «Die Post wirbt auch damit, dass sie sich für die Umwelt einsetzt. Mit dem ‹Werbung willkommen›-Kleber wirkt diese Botschaft aber ziemlich unglaubwürdig.»

Diesen Vorwurf weist die Post zurück. Die Werbesendungen seien klimaneutral, die CO2-Ausstösse der «Werbung willkommen»-Flyer würden kompensiert. In anderen Worten: Was die Post an einer Stelle an Emissionen verursacht, baut sie an anderer Stelle durch Klimaprojekte wieder ab.

«Stopp Werbung»: Trotzdem kommt einiges durch

Bei der Zustellung unadressierter Sendungen unterscheidet die Post zwischen «kommerziellen» Sendungen und sogenannten offiziellen Sendungen. Erstere werden nicht zugestellt, wenn Briefkästen mit «Bitte keine Werbung» vermerkt sind, alle anderen dagegen schon.

Als offizielle Sendungen gelten:

  • Briefe von Behörden und Verwaltungen von Bund, Kanton und Gemeinden
  • Informationen von öffentlichen Unternehmen von Bund, Kanton und Gemeinden; Beispiel: SBB informiert über ein Bauvorhaben
  • Amtliche Anzeiger und Printmedien; Beispiel: Quartierzeitung
  • Sendungen von politischen Parteien und Organisationen, wenn sie «dem Informationsbedürfnis einer breiten Öffentlichkeit» entsprechen; Beispiel: Abstimmungszeitung einer Partei
  • Nicht kommerzielle Sendungen von gemeinnützigen Organisationen, wenn sie «dem Informationsbedürfnis einer breiten Öffentlichkeit» entsprechen; Beispiel: Spendenaufrufe wie jene der Demenz-Forschung Schweiz, die zuletzt in zahlreichen Schweizer Briefkästen gelandet sind