Wer dieser Tage einkaufen geht oder gehen muss, bekommt den Eindruck, auf einer Baustelle oder im Labor gelandet zu sein. Absperrbänder, Markierungen am Boden, Desinfektionsmittel statt Willkommensgruss, Plexiglas auf der Theke und Handschuhe zum Einpacken. Verunsichertes Personal, irritierte Kundschaft Corona-Schutzkonzepte Kritik an den Kontrollen von Bund und Kantonen .

«Es war einmal das Shopping», kommentierte der italienische Sender Rai 1 letzte Woche und zeigte Bilder von verwaisten Innenstädten. Der Schweizer Detailhandel sackte bereits im März um mehr als 6 Prozent ab. Die Corona-Massnahmen hatten einschneidende Folgen. In den 191 Einkaufszentren im Land blieben die meisten der rund 5000 Geschäfte geschlossen. Mit jedem Tag Lockdown verloren die Center etwa 39 Millionen Franken an Umsatz, während der Online-Handel alle Rekorde schlug.

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Böse wurde auch Macy’s in den USA von Corona erwischt. Der grösste Warenhausbetreiber des Landes schloss im März alle 775 Filialen, um kurz darauf 68 wieder zu öffnen. In diesen Malls erwartet Macy’s 85 Prozent weniger Umsatz. «Mehr Totenglöcklein als Wiederauferstehung», schrieb das britische Magazin «The Economist» dazu. Das Marktforschungsinstitut GfK publizierte Mitte Mai eine Studie, wonach 27 Prozent der Schweizer Kundschaft Shoppingcenter künftig meiden und 32 Prozent öfter Lieferdienste nutzen wollen. Auf den Tourismus können die Detailhändler nicht hoffen. Diesen Frühling reisten so wenige Gäste an wie im Zweiten Weltkrieg.

Angst vor dem Jobverlust

Ob Mall oder Migrolino, «lustvolles und unbeschwertes Bummeln als Freizeitbeschäftigung ist noch stark eingeschränkt», sagt Markus Schweizer, Dozent für Handelsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft HWZ in Zürich. Mögliche Käufer halten sich zudem zurück, weil sie nicht wissen, wie viel Geld am Monatsende auf ihrem Konto liegt. Viele arbeiten kurz, manche fürchten die Entlassung oder sind bereits erwerbslos.

Zudem fehle das Erlebnis, sagt Schweizer, «der gemütliche Kaffee in der Innenstadt oder das spontane Treffen mit Freunden». Der Handel müsse «vom Notbetriebsmodus wieder in den Wertschöpfungsmodus übergehen». Es gelte, das Vertrauen der Kundschaft wiederaufzubauen, vor allem im Bereich der Hygiene. Etwa durch integrierte Wischer zum Desinfizieren der Griffe von Einkaufswagen. Oder durch intelligente Spiegel, die auf Sprachbefehl ein Kleidungsstück virtuell dem Körper der Kunden anpassen und eine Anprobe in der ersten Entscheidungsphase unnötig machen.

Ein Gespür für Stoffe

Doch wie soll die Leichtigkeit des Einkaufens wiederhergestellt werden, wenn die Leute schon beim Griff zum Pullover zusammenzucken, weil auf der Oberfläche Infektiologe Andreas Widmer «Handschuhe sind unsinnig» das Virus haften könnte? Und wer ist hierzulande gewohnt, draussen vor der Tür zu warten? «Niemand», sagt Christoph Oriet. Er war beim Migros-Genossenschafts-Bund für den landesweiten Ladenbau zuständig und berät für die Firma Storeconcept Detailhändler. Oriet ist überzeugt, dass sich die Menschen an die veränderten Umstände gewöhnen werden. «Sie wollen die Waren anfassen. Online geht das nicht.»

Das sieht auch Nadine Vasella so: «Man muss die Tasche in die Hand nehmen, den Kleiderstoff spüren können.» Der schrumpfenden Wirtschaft zum Trotz eröffnet sie im Juni in Zürich den Kleiderladen Corona-Lockdown Wie kleine Labels der Krise trotzen «Die Finderei» mit Einzelstücken. Sie sagt: «Ich mag Mode und kleide gern Frauen ein. Alles, was schön ist, macht auch in der Corona-Zeit Freude.» Auch auf das Cüpli mit Kundinnen will sie nicht verzichten.

Aus der Krise in die Zukunft

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