Über zwei Millionen Menschen leben in der Schweiz, die keinen Schweizer Pass haben und weder wählen noch abstimmen dürfen. «Das ist eine unvollständige Demokratie Immer weniger Stimmberechtigte Herrschaft des halben Volkes », finden die Mitglieder des Vereins Aktion Vierviertel. Sie haben am Dienstag mit einer Pressekonferenz in Bern eine Volksinitiative lanciert, welche die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern erleichtern soll. 

Wer seit fünf Jahren in der Schweiz lebt, «Grundkenntnisse einer Landessprache» besitzt und nicht zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt wurde, soll auf Wunsch den Schweizer Pass bekommen, fordert die Demokratie-Initiative. Damit würden die Hürden deutlich gesenkt.

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Würden das Schweizerinnen und Schweizer wissen?

Heute muss man für den Schweizer Pass mindestens zehn Jahre in der Schweiz leben, über einen tadellosen Leumund verfügen und die Sprache am Wohnort beherrschen. Kantone können verlangen, dass die Person bis zu fünf Jahre im Kanton wohnt, und viele Gemeinden führen Integrationstests durch, bei denen sie Kandidaten zur Schweizer Geografie oder zu lokalem Brauchtum befragen.

Das Initiativkomitee hält dieses Verfahren für willkürlich. «Die Integration wird oft als Vorwand benutzt, um Menschen in Gemeinden missbräuchlich die Einbürgerung zu verweigern», sagte Präsident Arber Bullakaj. Der St. Galler SP-Politiker ist im Kosovo geboren und hat selbst den Einbürgerungsprozess durchlaufen.

Er verweist auf Fälle, in denen Einbürgerungswillige wissen mussten, wann die Forschungsanstalt CERN gegründet wurde. «Heute müssen für den roten Pass Fragen beantwortet werden, die die meisten Schweizerinnen und Schweizer überfordern», sagt der Software-Entwickler.

Einbürgerung auch für vorläufig aufgenommene Geflüchtete

Die Initiative will die Anforderungen für die Einbürgerung in der Verfassung festschreiben. Wer sie erfüllt, hat ein Anrecht auf den Pass. Unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Vorläufig aufgenommene Geflüchtete könnten nach fünf Jahren ebenso den Schweizer Pass beantragen wie Menschen, die aufgrund des Berufs in die Schweiz gezogen sind.

«Nur solche klaren Regeln sind fair», sagte Bullakaj. Weitere Mitglieder des Initiativkomitees sind neben anderen die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (Grüne), Stefan Manser-Egli von der Operation Libero sowie der ehemalige St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner (SP).

Der Aargau hat die Hürden erhöht

Mit ihrem Ziel, die Einbürgerung zu erleichtern, steht die Initiative ziemlich quer zur jüngsten Entwicklung in der Politik. Das Aargauer Kantonsparlament etwa hat gerade erst die Hürden erhöht. Es verlangt bessere Deutschkenntnisse als heute üblich und will bei Bagatelldelikten wie dem Frisieren eines Töfflis die Einbürgerung automatisch verweigern. Das Kantonsparlament Zürich will Gemeinden verbieten, Ausländerinnen und Ausländern das Stimmrecht bei kommunalen Abstimmungen zu gewähren.

Die SVP hat bereits angekündigt, sich mit Vehemenz für ein Nein einzusetzen, sollte die Demokratie-Initiative zustande kommen. «Die Einbürgerung ist der Abschluss des Integrationsprozesses – nicht etwa der Anfang, wie das gewisse Kreise fordern», sagte Nationalrat Gregor Rutz gegenüber der Zeitung «20 Minuten». Seiner Meinung nach sind die Anforderungen für eine Einbürgerung heute tief.

Einbürgerung der dritten Generation stockt

Reformen des Bürgerrechtsgesetzes waren in den letzten Jahren immer wieder Thema Stimmrecht für Frauen, 16-Jährige und Ausländer «Es wird stets neu verhandelt, wer dazugehört» . Im Jahr 2017 beschloss das Schweizer Volk an der Urne, dass sich gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation leichter einbürgern können sollen. 2018 traten diese Änderungen in Kraft. Es zeigte sich aber, dass die Zahl der Einbürgerungen nicht so stark zunahm wie erwartet.

Als Grund sieht die Eidgenössische Migrationskommission die weiterhin zu hohen Hürden, die auch der Beobachter aufgezeigt hat Schweizer Pass Erleichterte Einbürgerung – doch nicht so leicht . So ist es zum Beispiel oft schwierig bis unmöglich, geforderte Belege zum Aufenthaltsstatus der Grosseltern aufzutreiben. Oder zu beweisen, dass ein Elternteil mindestens fünf Jahre in der Schweiz zur Schule ging. Der Nationalrat wollte diese Barrieren für die dritte Generation beheben, der Ständerat jedoch versenkte das Vorhaben in der Frühlingssession.

Die Initianten der Demokratie-Initiative haben bis am 23. November 2024 Zeit, die erforderlichen 100’000 Unterschriften zu sammeln. Wenn dies gelingt, darf die Schweizer Stimmbevölkerungen über die Vorlage abstimmen.