«Ich finde das Verhalten der Zürich-Versicherung einfach jenseits!», ärgert sich Pierre Wiezik. Er hat seit 30 Jahren dort eine Motorfahrzeugversicherung. Und obwohl er immer unfallfrei unterwegs war, soll er ab Januar eine viel höhere Prämie bezahlen. Von 1934 Franken auf 2210 Franken steigt sie, das sind fast 15 Prozent. 

Die Versicherung begründet diesen Schritt im Begleitschreiben damit, dass höhere Energiekosten und komplexere Fahrzeugtechnik zu teureren Reparaturen führen, es mehr schwere Unwetterschäden gäbe und generell mehr Unfälle. Die Kombination dieser Faktoren verursache hohe Kosten. 

Die Preiserhöhung an sich sei das eine, findet Wiezik, dessen Familie nicht will, dass ihr Name in den Medien steht. Viel mehr ärgert er sich über die Kurzfristigkeit: «Ich bekam den Brief erst in den letzten Novembertagen und hatte damit nur einen Monat Vorwarnung. Das geht doch nicht», sagt er. Schliesslich habe er drei Monate Kündigungsfrist. 

Darf die Versicherung den Preis überhaupt so kurzfristig erhöhen? 

Einseitige Vertragsanpassungen

Tatsächlich zeigt ein Blick in die allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), dass die Versicherung einseitige Vertragsanpassungen – wie zum Beispiel eine Erhöhung der Prämien – tatsächlich jeweils auf Ende Jahr mit nur 25 Tagen Vorwarnung vornehmen darf. Und das gilt nicht nur bei der Zürich – vergleichbare Bestimmungen finden sich etwa auch in den AVB der Axa und der Mobiliar. 

Beobachter-Expertin Nicole Müller sagt: «Das ist rechtens, die AVB-Bestimmungen sind gültig.» Im Gegenzug haben aber auch die Kundinnen und Kunden das Recht, am letzten Tag des Versicherungsjahres zu kündigen. Meistens ist das auch noch an diesem Tag selbst möglich, so auch bei der Zürich. Das gilt auch bei langjährigen Verträgen, die ordentlichen Kündigungsfristen von meist drei Monaten gelten nicht.

«Als Aktionär der Zürich weiss ich, dass es dem Konzern blendend geht. Umso unverschämter finde ich dieses Vorgehen.»

Pierre Wiezik, betroffener Kunde, Name geändert

Pierre Wiezik musste plötzlich unter grossem Zeitdruck in der Vorweihnachtszeit Offerten wälzen und eine neue Versicherung suchen. Er fand beim TCS tatsächlich ein Angebot zu denselben Konditionen, aber 500 Franken günstiger. Er hat nun bei der Zürich gekündigt. Die ganze Sache ärgert ihn aber ganz grundsätzlich: «Als Aktionär der Zürich weiss ich, dass es dem Konzern blendend geht – er macht daraus auch kein Geheimnis. Umso unverschämter finde ich deshalb das Vorgehen. So wird die Teuerung befeuert, die uns alle belastet.»

Die Zürich-Versicherung betont, man habe keine flächendeckende Erhöhung der Preise um 15 Prozent beschlossen. «Individuelle Preiserhöhungen können aus unterschiedlichen Gründen anfallen.» Dass die Kosten allgemein steigen, betreffe die ganze Branche: «Wie Comparis bereits im Sommer berechnet hat, steigen derzeit die Prämien der Motorfahrzeugversicherungen im gesamten Markt in der Schweiz um durchschnittlich 17 Prozent.»

Hinweis: Wir haben den Namen des Betroffenen auf Wunsch seiner Familie nachträglich geändert.