Männer und Frauen, egal ob mit oder ohne Schweizer Pass, sollen einen Dienst für die Gemeinschaft leisten. Das will der Verein Service Citoyen. Im Herbst 2023 hat das Initiativkomitee rund um Noémie Roten das Volksbegehren eingereicht. Sie ist sich sicher: Der Militärdienst ist in die Jahre gekommen. 

Das Initiativkomitee rechnet damit, dass die Initiative 2026 vors Volk kommt. Jetzt gibt der Bundesrat bekannt, dass er den Dienst nicht unterstützt. Auch einen Gegenvorschlag schliesst er aus. Der Service Citoyen sei zu teuer, stärke die Armee nicht ausreichend und könne gar als Zwangsarbeit gelten, heisst es in seiner Stellungnahme. 

Noémie Roten ist Co-Präsidentin des Initiativkomitees. Gegenüber dem Beobachter nimmt sie Stellung.
 

Beobachter: Noémie Roten, will der Service Citoyen die Bevölkerung zur Arbeit zwingen?
Noémie Roten: Nein, wir wollen, dass jeder junge Mensch einen zeitgemässen Einsatz zugunsten der Allgemeinheit leistet – als Teil der Grundausbildung. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und dem Bundesrat eine Studie der Universität Freiburg vorgelegt: Sie zeigt, dass ein Service Citoyen menschenrechtskonform umsetzbar ist. Es wäre am Bundesrat gewesen, diese Literatur zu lesen und ein Modell vorzuschlagen, das Zwangsarbeit ausschliesst. Wenn unser jetziges System mit der Wehrpflicht für die Männer menschenrechtskonform ist, warum sollte unser Vorschlag, der mehr Wahlfreiheit bringt, plötzlich Zwangsarbeit sein? 

Weiter schreibt die Regierung, es könnte ein hoher wirtschaftlicher Schaden entstehen. Arbeitspersonal würde auf dem Markt fehlen, und die Erwerbsersatzkosten verdoppelten sich.
Klar kostet der Service Citoyen etwas, die Dienstleistenden sollen ja entschädigt werden. Doch es ist eine Investition in die Zukunft und in den Zusammenhalt. Das kommt auch unseren Unternehmen zugute. Wer einen Gesellschaftsdienst leistet, erlernt Kompetenzen und knüpft Kontakte, die für die Wirtschaft interessant sein können. Am Ende muss aber das Volk entscheiden, ob ihm diese Vorzüge das Geld wert sind.

Sie klingen gefasst. Haben Sie mit dem Entscheid gerechnet?
Uns hat es nicht erstaunt, dass der Bundesrat die Initiative ablehnt. Ich finde es trotzdem extrem schwach, dass sich die Regierung keine Gedanken machen will, wie man das Dienstpflichtsystem nachhaltig weiterentwickeln könnte. Dazu kommt, dass das Parlament zusätzliches Geld für die Armee gesprochen hat. Aber der Bund, insbesondere das Departement für Verteidigung, hat einfach keinen Plan, wie es mit dem Wehrdienst weitergehen soll und wie sie diese Mittel einsetzen wollen. 

Viele Frauen leisten heute unbezahlte Care-Arbeit. Warum sollen auch sie einen Gesellschaftsdienst verrichten?
Laut dem Generationenbarometer befürwortet eine Mehrheit der Frauen einen Gemeinschaftsdienst. In unserem Verein gibt es junge Frauen, die ein unbezahltes Praktikum machen in gemeinnützigen Organisationen. Es ist doch unfair, dass der männliche Zivi für dieselbe Arbeit Geld verdient und sie nicht. Wir wollen zudem mit Stereotypen aufräumen: Männer können genauso gut im Care-Bereich dienen wie Frauen in der Armee.