Schon wenn an einem Gutachten der Firma Pmeda nur «relativ geringe Zweifel» bestehen, können Betroffene eine neue Begutachtung verlangen. Das hat das Bundesgericht in einem aktuellen Urteil entschieden.

Auslöser war der Fall eines Kochs. Er hatte wegen anhaltender Rückenschmerzen eine IV-Rente beantragt und wurde von Pmeda begutachtet. Die Firma urteilte, dass er in einer angepassten Tätigkeit – etwa als Hauswart – voll arbeitsfähig sei. Im Sommer 2022 entschied die IV, ihm keine Rente zu zahlen. Dagegen wehrte sich der Mann, das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich stützte jedoch den Entscheid der Invalidenversicherung.

Gericht will strengere Voraussetzungen

Das Bundesgericht urteilt nun aber anders. Es hat entschieden, dass die Vorinstanz nochmals über seinen Fall entscheiden und ein neues Gutachten einholen muss. Hintergrund ist der Bericht der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) vom Oktober 2023. Die EKQMB stellte damals fest, dass die Gutachten der Pmeda zu oft fehlerhaft seien. Der Beobachter und andere Medien hatten zuvor schon zahlreiche Fallgeschichten veröffentlicht, die diesen Verdacht nahelegten. Das Bundesgericht will nun strengere Voraussetzungen an Pmeda-Gutachten stellen.

Der Anwalt Luzius Hafen, der Betroffene vertritt, begrüsst das Urteil. Versicherungen und Gerichte hätten lange nicht wahrhaben wollen, dass es bei Pmeda-Gutachten besonders viele Mängel gebe. Jetzt verlangt das höchste Gericht, dass sie genau hinschauen. «Wer in einem hängigen Gerichtsverfahren ist, kann sich gegen ein Pmeda-Gutachten wehren und womöglich ein besseres Resultat erzielen», so Hafen.

«Wer gegen ein rechtskräftiges Urteil noch keine Revision eingereicht hat, ist mittlerweile wohl zu spät.»

Luzius Hafen, spezialisierter Anwalt

Betroffenen, die eine abschlägige Verfügung der IV erhalten und hingenommen haben, also nicht bei einem Gericht angefochten haben, empfiehlt Hafen, ein gut begründetes Wiedererwägungsgesuch bei der Versicherung zu stellen. Seiner Meinung nach müssten die IV-Stellen bei Pmeda-Gutachten diese Gesuche milder beurteilen.

Auf Rentenentscheide, die schon ein Gericht beurteilt hat, hat das Urteil dagegen keine direkten Auswirkungen. «Wer gegen ein rechtskräftiges Urteil noch keine Revision eingereicht hat, ist mittlerweile wohl zu spät», sagt der Anwalt. Die 90-tägige Frist habe wohl mit dem Bericht der EKQMB zu laufen begonnen.

Es ist nicht der einzige Wermutstropfen für Hafen: «Leider betrifft das Urteil nur Pmeda-Gutachten. Nötig wäre es, dass Verwaltung und Gerichte begründete Einwände gegen unstimmige Gutachten generell ernster nehmen würden.»


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