Eine Jugendliche wird über Jahre hinweg von einem Priester aus Nigeria sexuell missbraucht. Als sie es mit knapp 40 Jahren endlich schafft, ihren Peiniger beim Bistum Basel zu melden, wird zwar ein Vorverfahren eröffnet. Aber der zuständige Basler Bischof Felix Gmür stellt dieses kurz darauf ein. Damit konfrontiert, zeigt er sich in einem aktuellen Beobachter-Artikel uneinsichtig.

Nun aber kommt es zu einer 180-Grad-Wende: Bischof Gmür gesteht sein Scheitern ein und verspricht dem Opfer einen «würdigen Umgang». In einer Stellungnahme schreibt Gmür, der Bericht des Beobachters sei «für das Bistum Anlass, begangene Fehler anzuerkennen, sie umgehend zu beheben und zukünftig zu vermeiden».

Bistum hatte wiederholt behauptet, korrekt gehandelt zu haben

Bischof Gmür gibt zu, dass es in diesem Fall zu mehreren Fehlern gekommen ist. Der Offizial, der die Voruntersuchung führte – ein Vertrauter Gmürs –, sei «fälschlicherweise davon ausgegangen», das Opfer müsse eingereichte Dokumente handschriftlich signieren. Die Frau hatte dem Bischof 2019 unter anderem Tagebuchnotizen aus der Zeit des Missbrauchs und eine Zusammenstellung der Ereignisse geschickt. Diese Unterlagen flossen aber gar nicht in die Voruntersuchung ein. Gegenüber dem Beobachter warf das Bistum der Frau mehrfach vor, sie habe sich «geweigert», die fraglichen Dokumente zu unterzeichnen. 

Dass der Bischof den Fall nach der Voruntersuchung – pflichtwidrig – nicht nach Rom meldete, sei ein «zweiter Fehler». Seit über 20 Jahren gilt im Kirchenrecht bei schweren Fällen eine Meldepflicht. Nicht der Bischof soll in solchen Fällen entscheiden, ob ein Kleriker kirchenrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, sondern die Glaubenskongregation in Rom. Gegenüber dem Beobachter hatte das Bistum wiederholt behauptet, korrekt gehandelt zu haben. Trotzdem schickte Gmür schliesslich noch während der Beobachter-Recherche Anfang Juli die Akten nach Rom.

«Der Bischof anerkennt dies als Scheitern»

Jetzt schreibt der Bischof: «Dass es nicht gelungen ist, die korrekten Schritte umzusetzen, anerkennt der Bischof als ein Scheitern, das nicht mehr vorkommen darf.» Und weiter: «Diese Verfahrensfehler haben der betroffenen Person zusätzlichen Schaden zugefügt. Der Bischof bedauert dies zutiefst, genauso wie die Tatsache, dass dem Recht der betroffenen Person auf einen würdigen Umgang und ein kirchenrechtlich konformes Verfahren in der Vergangenheit nicht entsprochen wurde.»

Kein Wort schreibt Bischof Gmür allerdings zur Tatsache, dass er in diesem denkwürdigen Fall auch noch die gesetzliche Schweigepflicht missachtet hatte. Er selbst schickte nämlich die Tagebuchnotizen der betroffenen Frau sowie deren persönliche Angaben wie Privatadresse und Telefonnummer dem mutmasslichen Täter weiter. Nur weil die Frist für Antragsdelikte bereits verstrichen ist, kann Gmür für diese Berufsgeheimnisverletzung nicht mehr juristisch belangt werden.

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