Liebe Leserinnen und Leser

Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die vergangene Woche für Sie ein. Unsere Brille dabei: Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Was sagt der Beobachter zu diesen Ereignissen? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Vier bis fünf wirklich wichtige Nachrichten, kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. 

Und ab jetzt können Sie diese Nachrichtenübersicht auch als E-Mail abonnieren. Damit haben Sie «Das war richtig wichtig» jeden Freitag zur Mittagszeit im Postfach:

Anrede

Das Zitat der Woche

Am Bezirksgericht in Winterthur hat Anfang Woche der Prozess gegen einen Mann aus Serbien begonnen, der 2021 die Frau seines Enkels erschossen hat. Er plädiert auf Notwehr:

«Ich habe die Schwiegertochter sehr gut gemocht, bis ich sie erschossen habe.»

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, die 32-jährige Frau getötet zu haben, weil sie die Scheidung von dessen Enkel eingereicht hat. Er habe seine Wertvorstellungen und die Familienehre verletzt gesehen. 70 Prozent der Frauen, die in der Schweiz getötet werden, werden Opfer ihres aktuellen oder früheren Partners oder ihres Vaters. Im vergangenen Jahr kritisierte eine Expertengruppe des Europarats, dass die Schweiz vergleichsweise wenig gegen geschlechterspezifische Gewalt unternehme.

Wirklich wichtig war diese Woche:

Überwachung des Internets: Wir werden wohl alle ausspioniert

Darum geht es: Eine Recherche der «Republik» zeigt: Der Nachrichtendienst des Bundes betreibt in der Schweiz massive digitale Überwachung. 

Darum ist es wichtig: Als die Schweizer Bevölkerung 2016 dem neuen Nachrichtendienstgesetz zustimmte, befürchteten Kritikerinnen, dass der Geheimdienst nun sämtliche Internet-Kommunikation mitlesen kann. Doch der Bundesrat beteuerte, mit der Kabelaufklärung würden keine Schweizer Bürger überwacht. Laut «Republik» haben Behörden und Politik ihr Versprechen von damals nicht gehalten. Dem Onlinemagazin liegen nach eigenen Angaben Gerichtsakten und amtliche Korrespondenz vor, die zeigen, dass der Schweizer Internetverkehr  massenhaft mitgelesen, ausgewertet und gespeichert werde. 

Das sagt der Beobachter dazu: In ihrer Recherche bilanziert die «Republik», die Kabelaufklärung komme einer Massenüberwachung gleich. Politiker aus unterschiedlichen Lagern fordern jetzt eine Aufarbeitung der mutmasslichen Missstände beim Geheimdienst. Wenn Sie wissen möchten, ob auch Sie vom Nachrichtendienst erfasst wurden, können Sie mithilfe unseres Musterbriefes Einsicht in Ihre Akten verlangen.

Schweiz–EU: Jetzt wird wieder über die Beziehungen verhandelt 

Darum gehts: Nach der Festtagspause haben in Bern die Diskussionen über die neue Verhandlungsrunde mit der EU begonnen. Im Dezember hat der Bundesrat ein Verhandlungsmandat verabschiedet, das die Eckpunkte absteckt. Und bis Ende Jahr soll ein neues Vertragspaket stehen. Wenn es denn nicht an innerschweizerischen Konflikten scheitert; Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard hat bereits signalisiert, dass die geplante Liberalisierung des Schienenverkehrs und die Strommarktöffnung für die Gewerkschaften No-Gos sind.

Darum ist es wichtig: Nach dem Scheitern des Rahmenabkommens 2021 ist das ein neuer Versuch, die Beziehungen der Schweiz zur EU zu regeln und zu sortieren. Derzeit basieren sie auf rund 120, zum Teil jahrzehntealten, bilateralen Abkommen. Diese müssen ständig einzeln aktualisiert werden – und es gibt keinen praktikablen Modus, um Streitfälle beizulegen. 

Das sagt der Beobachter dazu: Die Beziehungen zur EU sind für die Schweiz wichtig, die bilateralen Abkommen in die Jahre gekommen und lückenhaft. Bereits vor dem Beginn der Verhandlungen No-Gos zu verkünden, schwächt die Position der Schweiz. Das kann nur machen, wer gar keine Verhandlungen will. Und das ist eine wenig sinnvolle Vogel-Strauss-Politik.
 

Historischer Prozess: In Bellinzona wird über Verbrechen gegen die Menschlichkeit geurteilt

Darum gehts: In Bellinzona steht seit Montag der ehemalige gambische Innenminister Ousman Sonko vor Gericht. Vorgeworfen werden ihm sogenannte Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese soll er unter der Diktatur des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh begangen haben. Sonko hielt sich vor seiner Verhaftung in einem Asylheim in Lyss BE auf, deshalb steht er in der Schweiz vor Gericht. Nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip können solch schlimme Verbrechen überall auf der Welt verfolgt werden. So soll verhindert werden, dass Täter straflos ausgehen. 

Darum ist das wichtig: Für Gambia ist der Prozess historisch. Privatkläger erhoffen sich, dass Verantwortliche für die Übergriffe unter dem Jammeh-Regime endlich verurteilt werden. Auch für die Schweiz ist der Prozess bedeutend: Es ist erst das zweite Mal, dass die Schweiz über Verbrechen gegen die Menschlichkeit urteilt. Sonko ist zudem der höchste Staatsbeamte, der in Europa wegen internationaler Verbrechen nach Weltrechtsprinzip vor Gericht gestellt wurde. Eine grosse Verantwortung für das Bundesstrafgericht. 

Das sagt der Beobachter dazu: Zum Prozessauftakt wurde Kritik laut – das Bundesstrafgericht knausere bei Übersetzungen und gewisse Privatklägerinnen könnten sich die Anwesenheit am ganzen Prozess nicht leisten, sagen Anwältinnen. Sind die Vorwürfe gerechtfertigt? Wir ordnen ein.

⇒ Jetzt lesen: Kritik am Bundesstrafgericht

Coop verlangt deutlich mehr für Bio als die Konkurrenz

Darum gehts: Der Beobachter hat die Preise von elf Lebensmitteln in Bio- und Nichtbio-Qualität bei Coop, Migros, Aldi und Lidl erhoben. Darunter Spaghetti, Butter, Gurken oder Bananen. Der Preisvergleich zeigt: Bio-Lebensmittel sind bei Coop mit Abstand am teuersten, nämlich knapp ein Viertel teurer als bei der Konkurrenz. 

Darum ist das wichtig: Bei Nichtbio-Produkten gibt es einen harten Preiskampf. Sie kosten im Preisvergleich bei allen vier Detailhändlern ähnlich viel. Bei Bio-Lebensmitteln ist das nicht so. Die Preisunterschiede sind riesig. Ein Beispiel: 1 Kilo Bio-Spaghetti kostet bei Coop Fr. 5.90, bei der Migros Fr. 3.40 und bei Aldi und Lidl Fr. 2.70. Coop sagt allerdings, dieses Bio-Produkt sei nicht vergleichbar, weil das Coop-Produkt strengere Bio-Richtlinien erfüllen würde. 

Das sagt der Beobachter dazu: Tatsächlich erfüllt Coop wohl die strengsten Bio-Richtlinien. Doch die anderen drei Anbieter erfüllen ebenfalls strenge Qualitätskriterien, einfach nach anderen Standards. Wer Bio will, hat die Wahl.

Soviel für heute

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Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.