Anna Kleber arbeitet 60 Prozent. Ihr einjähriger Sohn kann die ganze Woche nicht in die Kita, weil er die Grippe hat. Wie lange darf sie der Arbeit fernbleiben?
Sie darf grundsätzlich bis zu drei Tage bezahlt beim kranken Kind bleiben. Die drei Tage gelten pro Krankheitsfall und ohne zeitliche Begrenzung pro Jahr.
Auch bei Teilzeitpensen besteht – falls nötig – der volle Anspruch von drei Tagen. Der Chef darf aber ab dem ersten Tag des Fernbleibens ein Arztzeugnis verlangen . Dies gilt auch dann, wenn laut Arbeitsvertrag oder Personalreglement ein solches bei eigener Krankheit erst nach einigen Tagen vorliegen muss.
Lea und Paul Sommer teilen sich die Betreuung ihrer dreijährigen Tochter. Jetzt hat das Mädchen einen stärkeren Infekt und muss zu Hause gepflegt werden. Wer darf bei ihr bleiben?
In diesem Fall braucht es eine individuelle Abwägung: Wessen Anwesenheit beim Kind ist nötiger? Wer ist bei der Arbeit eher abkömmlich? Grundsätzlich können nicht beide Eltern den Anspruch einfordern, die gleichen drei Tage zu Hause zu bleiben. Falls nötig, können sie aber nacheinander je bis zu drei Tage der Arbeit fernbleiben. Dauert der Infekt länger, sollten sich die Eltern um eine anderweitige Betreuungslösung bemühen – zum Beispiel durch die Grosseltern oder den Kinderbetreuungsdienst des Schweizerischen Roten Kreuzes.
Petra Kobler pflegt ihre kranke Schwiegermutter. Bekommt sie frei bei der Arbeit und erhält für diese Zeit weiterhin den Lohn?
Ja. Sind Familienangehörige oder Lebenspartner wegen gesundheitlicher Probleme auf Betreuung angewiesen, erhalten Angestellte bis zu drei freie Tag am Stück. Pro Jahr dürfen maximal zehn solche Tage bezogen werden. Die Firma muss für diese Tage den Lohn bezahlen. Welche Personen als Familienangehörige angesehen werden, lesen Sie bei Guider.
Marc Müller ist alleinerziehend. Nun ist sein zehnjähriger Sohn schwer erkrankt. Darf der Vater auch länger als drei Tage zu Hause bleiben?
Ab 1. Juli 2021 gibt es einen Anspruch auf bis zu 14 Wochen bezahlten Betreuungsurlaub
. Müller kann diesen Urlaub am Stück oder tageweise innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten beziehen, die ab dem ersten Krankheitstag der Langzeitpflege beginnt. Was darüber hinaus anfällt, ist nicht über die Erwerbsersatzordnung vergütet und muss durch
unbezahlten Urlaub oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit abgedeckt werden.
Bei einer Krankheit oder einem Unfall haben Arbeitnehmer Rechte und Pflichten. Für wie lange erhält man bei Arbeitsunfähigkeit noch den Lohn? Darf der Chef einfach kündigen? Was darf man mit einem Arztzeugnis noch in der Freizeit tun? Guider gibt Beobachter-Abonnenten Antworten auf diese und weitere Fragen.
Markus Meyers Zwillinge haben Besuchstag an der Schule. Darf er deswegen der Arbeit fernbleiben?
Grundsätzlich ja, obwohl er durchaus in der Lage wäre, zu arbeiten. Denn Meyer hat Anspruch auf ausserordentliche Freizeit, welche ihm der Chef unter gewissen Umständen gewähren muss. Viele Betriebe regeln die Details im Personalreglement oder im Arbeitsvertrag. Auch etliche Gesamtarbeitsverträge enthalten entsprechende Bestimmungen.
Angestellte haben laut Gesetz Anspruch auf freie Zeit, wenn es ihnen nicht möglich oder zumutbar ist, einen Termin in der Freizeit oder Gleitzeit wahrzunehmen.
Aber: Der Chef darf eine Interessenabwägung vornehmen. Massgeblich ist etwa, wie wichtig das Ereignis ist, wie lange Meyer schon angestellt ist und wie ersetzbar er ist. Lohn für diese Zeit erhält er nur, wenn das so vereinbart oder üblich ist – und das gilt beim Monatslohn immer.
Seit die Kinder von Eva und Erik Feusi schulpflichtig sind, können sie ihre Ferien nicht mehr flexibel planen. Muss der Arbeitgeber darauf Rücksicht nehmen?
Ja. Der Arbeitgeber bestimmt zwar grundsätzlich den Zeitpunkt der Ferien
. Doch er muss so weit wie möglich auf die Wünsche der Angestellten Rücksicht nehmen. Dabei haben familiäre Gründe Vorrang, etwa die Schulferien der Kinder oder der Wunsch, anschliessend an den Mutterschaftsurlaub Ferien zu beziehen.
Facebook-Live: Arbeitsrecht - Ferien
Können Arbeitnehmer selber entscheiden, wann sie in die Ferien wollen? Oder hat der Arbeitgeber das letzte Wort?
Nina Frei macht mit ihrer Tochter Skiferien. Die Fünfjährige erleidet komplizierte Knochenbrüche und braucht intensive Betreuung im Spital. Kann die Mutter die Ferien nachholen?
Ja. Ferien dienen der Erholung, und Frei kann sich nicht erholen, wenn sie sich an diesen Tagen intensiv um die Pflege der Tochter kümmern muss. Sie darf die Ferien nachholen
– weil sie schlicht nicht «ferienfähig» war.
Voraussetzung ist nämlich, dass man erheblich beeinträchtigt ist. Man gilt sehr wohl als «ferienfähig», wenn man sich trotz Betreuung des Kindes erholen kann, zum Beispiel wenn man spazieren gehen oder sich ausruhen kann, statt Ski zu fahren. Dann besteht kein Anspruch aufs Nachholen.
Roger Küng muss den Arbeitsplatz spätestens um 17.45 Uhr verlassen, damit er seinen Sohn rechtzeitig aus der Kita holen kann. Sein Chef will aber immer mal wieder, dass er länger bleibt. Kann er Küng zu Überstunden verpflichten?
Nein. Arbeitnehmer müssen zwar über das vereinbarte Pensum hinaus Mehrarbeit leisten, falls diese nötig und zumutbar ist. Wenn die Überstunden
einen Vater aber daran hindern, seine familiären Aufgaben zu erfüllen, sind sie für ihn nicht zumutbar.
Die Eltern Ida und Leon Maurer wohnen in Zürich. Ida Maurer arbeitet in Zürich, ihr Mann in Zug. Die Zuger Familienzulagen sind höher als die Zürcher. Können Maurers wählen, wer die Zulagen bezieht?
Nein. Das Gesetz legt klar fest, wer die Familienzulagen bekommt, wenn beide Eltern erwerbstätig sind. Im vorliegenden Beispiel ist es Ida Maurer, weil sie in ihrem Wohnkanton arbeitet. Weil Leon Maurer aber in einem Kanton tätig ist, der mehr als die gesetzlich vorgesehenen 200 Franken pro Monat an Zulagen ausrichtet, hat er Anspruch auf eine Differenzzahlung.
Melanie Ott arbeitet 100 Prozent in einer Kaderposition. Die Firma verspricht, sie könne nach dem Mutterschaftsurlaub
in gleicher Position mit reduziertem Pensum arbeiten. Doch dann bietet man ihr nur eine schlechter bezahlte Assistenzstelle an. Sie akzeptiert das nicht und erhält prompt die Kündigung. Kann sie sich wehren?
Melanie Ott kann die Kündigung als diskriminierend anfechten. Das Gleichstellungsgesetz schützt Angestellte vor Kündigungen aus geschlechtsspezifischen Gründen, besonders wegen der familiären Situation. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Mutterschaft glaubhaft gemacht werden kann.
Ott muss noch während der Kündigungsfrist beim Chef schriftlich gegen die Kündigung protestieren (siehe Guider-Musterbrief unten). Wenn keine Einigung zustande kommt, kann sie klagen. Dazu muss sie bei der speziell dafür vorgesehenen Schlichtungsbehörde ein Schlichtungsgesuch einreichen. Ott kann eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen verlangen. Sie hat aber keinen Anspruch, wieder angestellt zu werden.
Sie haben ein rechtliches Problem und brauchen Unterstützung? GetYourLawyer – die Anwaltsplattform in Partnerschaft mit dem Beobachter – unterstützt Sie dabei, einen passenden Anwalt für Arbeitsrecht zu finden.
Halten Sie die Kündigung Ihres Arbeitsvertrags für missbräuchlich, sollten Sie unbedingt während der Kündigungsfrist schriftlich dagegen protestieren. Beobachter-Abonnenten erhalten mit dem Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung» eine hilfreiche Vorlage, wie dieses Schreiben verfasst sein könnte.
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5 Kommentare
Hallo. Habe eine Frage..
Ich habe Zwillinge. Wenn meine Frau zuhause Unterstützung braucht weil die eine krank ist und die andere am zahnen ist und beide sehr viel aufmerksamkeit brauchen, wie wird das gehandhabt wenn ich nachhause gehe um ihr zu helfen? Hat man da als Eltenteil Tage zugut? Oder darf der Chef diese Rage von meinen Ferien abziehen?
FG
Ich habe eine Frage: ich habe mich intern auf eine andere Stelle beworben und stehe vor den finalen Interviews. Mein Arbeitgeber hat eine interne HR Regulierung, laut welcher in solchen Situationen ich de aktuellen Chef über meine Intention des Wechsels informieren soll, bevor die finalen Interviews stattfinden werden. Gibt es ein Gesetz oder eine arbeitsrechtliche Landesregierung, die Verschwiegenheit der internen Bewegungen vorsieht, zumindest bis ich die Zusage für die neue Stelle bekommen habe?
Vielen Dank!
Ich habe eine Frage zur Homeoffice Pflicht. Darf der Arbeitgeber Homeoffice verbieten (obwohl dies ohne Probleme möglich wäre), weil man Minusstunden hat?
Ob Minusstunden vorhanden sind oder nicht, spielt keine Rolle. Der Bundesrat hat entschieden, dass ab dem 18. Januar 2021 eine Homeoffice-Pflicht gilt. Homeoffice muss überall dort eingeführt respektive angeordnet werden, wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist.
Freundliche Grüsse
Eine Frage hätte ich zu Pkt. 7: Gilt dies auch wenn es sich hierbei nicht um Überstunden handelt sondern um normale Arbeitsstunden. Der Fall ist so: Offizieller Arbeitsbeginn ist 8:00 Uhr. Arbeitszeit pro Tag beläuft sich auf 8 Stunden inkl. Pausen. Es gilt die Vertrauensarbeitszeit. Mitarbeiter kommt zwischen 7:15 und 7:30 und verläßt um 15:30 die Firma, mit der Begründung er muss sein Kind von der Kita abholen (er ist im übrigen verheiratet - seine Frau auch berufstätig). Zum einen kommt er so ja nicht annähernd auf die 8 Stunden pro Tag (Pausen nimmt er sich zwischen 30 - 45 Minuten / täglich), zum anderen arbeitet er nicht in der Range die als Arbeitszeit bestimmt ist, nämlich ab 8:00 Uhr - max. 18 Uhr (Deckung einer Kundenhotline). Kann man den Mitarbeiter dazu auffordern täglich bis mind. 16:30 Uhr in der Firma zu sein? Würde mich sehr interessieren. Danke