Auf meine gute Kinderstube scheiss ich – Fluchen ist gesund und hilft, Stress abzubauen. Wer nie Dampf ablässt und jeden Ärger in sich hineinfrisst, wird früher oder später psychische und physische Probleme bekommen. Das ist unbestritten. Ich frage mich aber, ob es meiner Gesundheit förderlich ist, wenn ich meine Sprache mit Kraftausdrücken würze, die mit Fäkalien durchsetzt sind.

Kaum. Trotzdem könnte ich wetten, dass auch Ihre Fundgrube für Schimpfwörter der menschliche und tierische Körper ist, samt Geschlechtsorganen und Ausscheidungen. Oder beschwören Sie einen «versigellaggierten Hemperstock», wenn etwas nicht so will, wie Sie wollen? «Potz Holzöpfel und Zipfelchappe»: So flucht doch nur Jörg Schneider auf den «Kasperli»-Platten.

Ein «Fuck you» für den Papi

Und der «Heilige Bimbam», der «Heitere Beck» und die «Verbrannte Zaine» existieren vielleicht noch beim Urgrossmami, aber bestimmt nicht in der Kinderstube. Weil dort alles «voll Scheisse» ist, hängt der Haussegen bei mancher Familie ziemlich schief – wie bei dem besorgten Vater, der kürzlich die Erziehungshotline des Beobachters kontaktierte: Unter seinem Dach wollte er «das Wort, das mit ‹Sch› anfängt und mit ‹eisse› endet», nicht mehr hören. Schon gar nicht von seinem vierjährigen Sohn. Dieser nahm das Verbot gelassen: «Fuck you, Wichser!», so sein Kommentar. Was nun?

Besagter Vater hätte seinen Sohn stante pede zur Brust nehmen können – er verliess aber stattdessen das Kinderzimmer, um sich erst mal zu beruhigen. Richtig so.

Nach einigen tiefen Atemzügen schlug seine Wut in Kränkung um, die er seinen Sohn spüren lassen wollte. Und zwar mit Liebesentzug – was pädagogisch völlig verkehrt, menschlich aber verständlich ist: Wenns emotional wird und man beleidigt ist, reagiert man meistens nicht kühl und sachlich. Genau das wäre in diesem Fall aber angebracht gewesen, denn der kleine Sohn wusste vermutlich gar nicht richtig, was er da sagte. Er wird die Worte irgendwo aufgeschnappt haben und sich gedacht haben, dass sie dann verwendet werden, wenn man die Ansicht eines anderen absolut nicht teilt.

Daher hätte der Vater erklären können, dass man seinen Unmut zwar äussern darf, aber nicht mit beleidigenden, kränkenden und unflätigen Sprüchen. Je nach Alter wäre auch die Bedeutung der Worte zu erklären. Grössere Kinder sind sich dieser und der Wirkung solcher Worte durchaus bewusst. Wenn sich die Eltern dann aufregen – super! Ziel erreicht. Gelassenheit und gegebenenfalls ein klares Verbot, das bei Nichtbeachtung Konsequenzen nach sich zieht, ist in diesem Fall angebracht.

Aber es nützt nichts, von Kindern etwas zu verlangen, woran man sich selbst nicht hält. Wenn Eltern selber fluchen und üble Zoten loslassen, werden es die Kinder nicht anders handhaben. Sinnvoller ist, seinen Wortschatz mit angemessenen und originellen Schmähreden anzureichern. Hören Sie dazu «Kasperli»-Platten, fragen Sie Ihre Eltern und Grosseltern oder lassen Sie sich von einem «Füdlibürger» inspirieren (siehe Spieltipp unten).

Spieltipp

Roland Pecher, Michael Schmitz, Walter Soiron: «Füdlibürger. Das Schweizer Schimpfwortspiel»; Verlag Anaconda, für Kinder ab 6 Jahren, Fr. 14.90