Wenn sich jemand während der Ehe hauptsächlich um die Kinder gekümmert hat, sieht es bei einer Scheidung schlecht aus. Der finanzielle Knick bei Karriere und Altersvorsorge lässt sich kaum mehr wettmachen. Betroffen sind vor allem Frauen. Ein Jahr nach der Scheidung lebt jede achte Frau von der Sozialhilfe, zeigt eine Studie der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen.

In den letzten Jahren hat das Bundesgericht die Rechtsprechung zum sogenannten nachehelichen Unterhalt Schritt für Schritt verschärft. Das Gericht geht heute davon aus, dass sich beide Elternteile gleichermassen um die Kinder kümmern und die Frau finanziell unabhängig bleibt. Das entspricht oft aber noch nicht der Realität. Dennoch lautet das Credo: Clean Break statt Unterhalt. Unterhaltsbeiträge gibt es also nur noch im Ausnahmefall – etwa wenn noch sehr kleine Kinder zu betreuen sind, wenn man kurz vor der Pensionierung steht oder so krank ist, dass man keine Arbeit mehr findet.

Das bringt natürlich Unsicherheit für Frauen, die jahrelang eine eingespielte Rollenverteilung leben und auf finanzielle Absicherung vertrauen. Klug also, wer sich schon vor der Heirat informiert und sich für den Ernstfall absichert.

1. Rollenverteilung besprechen und verhandeln

Paare sollten sich schon vor der Heirat informieren , rät Stefanie Althaus, Fachanwältin für Familienrecht. Jedes Paar müsse bewusst entscheiden, welche Rollenverteilung es wähle und was das rechtlich bedeute. «Frauen müssen einfordern, dass sie im Erwerbsleben bleiben können. Und sie müssen einfordern, dass die Männer ihren Beitrag bei der Familienarbeit leisten.»

Sprechen Sie sich also offen über die Rollenverteilung ab: Wer hat mehr Potenzial im Beruf? Wer erledigt was und wann im Haushalt? Welche Bedürfnisse hat man im Leben, wie kann man sich gegenseitig dabei unterstützen?

Die Verhältnisse können sich auch ändern. Bleiben Sie also flexibel und verhandeln Sie Ihr Setting bei Bedarf neu. «Versprechen Sie sich gegenseitig, regelmässig Bilanz zu ziehen, Ihre Erwartungen offen zu kommunizieren, zu prüfen, was machbar ist – und es dann auch anzupacken», rät Helena Trachsel, Leiterin der Fachstelle Gleichstellung des Kantons Zürich. Und: warum diese Grundzüge nicht schriftlich miteinander festhalten?

2. Scheidungsvereinbarung «auf Vorrat»

Wer heiratet, wähnt sich im siebten Himmel. Wer will da schon an Stürme denken? In der Regel werden zwar die Folgen einer Scheidung – etwa der Unterhalt – im Scheidungsverfahren gemeinsam vereinbart. Man kann eine Scheidungsvereinbarung aber auch schon in guten Zeiten quasi auf Vorrat abschliessen (siehe Muster unten). Der Vorteil: Solange man vernünftig miteinander reden kann, gelingen faire Lösungen.

Wenn Sie eine solche Vereinbarung abschliessen wollen, beachten Sie die folgenden Punkte:

  • Form: Am besten ist es, wenn Sie das Vereinbarte schriftlich festhalten und beide unterzeichnen. Es braucht grundsätzlich keine besondere Form – auch keine öffentliche Beurkundung wie beim Ehevertrag.
  • Inhalt: Neben dem Unterhalt können Sie in der Konvention auch andere finanzielle Scheidungsfolgen regeln. Zum Beispiel wer die Eigentumswohnung übernimmt. Achten Sie darauf, dass die Vereinbarung klar und verständlich formuliert ist. Wenn nötig, halten Sie auch die Grundlagen und Beträge fest, auf denen die Abmachungen aufbauen.
  • Genehmigung: Das Gericht muss die Konvention – wie jede Vereinbarung über die Scheidungsfolgen – im Fall der Scheidung genehmigen, damit sie rechtsgültig wird. Die Konvention wird genehmigt, wenn sie klar und vollständig ist und nicht offensichtlich unangemessen. Das Gericht muss sich auch davon überzeugen, dass die Eheleute sie aus freiem Willen und nach reiflicher Überlegung geschlossen haben.

Wenn beide Eheleute einverstanden sind, können sie die einst getroffene Vereinbarung jederzeit ändern. Falls sich nur eine Seite nicht mehr daran halten will, wird es kompliziert.

Anfechtbar wird die Vereinbarung, wenn sich der andere grob rücksichtslos verhalten hat oder wenn sich Vermögensverhältnisse seit dem Vertragsschluss stark verändert haben. Vor Gericht müssen beide Parteien angehört werden. Wenn eine Partei abweichende Anträge stellt, kann das darauf hinweisen, dass sie die Konvention eben nicht reiflich überdacht, sondern eher romantisch-verklärt abgeschlossen hat.

Buchtipp
Faire Scheidung
Faire Scheidung

3. Fakten dokumentieren

Wer wegen der Ehe einen finanziellen Nachteil erleidet, hat womöglich Anspruch auf Unterhaltsbeiträge, sei es auch nur für eine Übergangszeit. Das ist vor allem dann der Fall, wenn man wegen der Ehe seine berufliche Karriere nicht so verfolgen konnte, wie das ursprünglich angedacht war. Das muss man aber beweisen können – am besten mit schriftlichen Belegen. «Halten Sie fest, wie die finanzielle Situation vor der Ehe war», rät Anwältin Althaus. «Wer hat was verdient? Und wer hatte welche beruflichen Ambitionen? Sammeln Sie dafür Mitarbeiterbeurteilungen oder andere Unterlagen, die über Ihr Potenzial Auskunft geben.»

Auch mit der Ehe hört das Dokumentieren nicht auf: Halten Sie zum Beispiel alle Entscheide fest, die das berufliche Fortkommen beeinflussen. Etwa den, dass der Partner eine Weiterbildung absolviert, während Sie sich mehr um die Kinder kümmern.

Auch wenn sich eine Trennung abzeichnet, sind Belege wichtig. Stefanie Althaus rät betroffenen Frauen, sich in diesem Fall so schnell wie möglich zu bewerben oder das Pensum zu erhöhen.

Denn bei einer Trennung muss der hauptbetreuende Elternteil ab der obligatorischen Einschulung des jüngsten Kindes grundsätzlich zu 50 Prozent arbeiten, ab Eintritt in die Sekundarstufe zu 80 Prozent und ab dem vollendeten 16. Lebensjahr zu 100 Prozent.

Das Gericht wird immer prüfen, bis wann und mit welchem Einkommen es gelingen kann, finanziell selbständig zu werden. Ohne konkrete Hinweise trifft das Gericht selber Annahmen – und die entsprechen nicht immer den konkreten Verhältnissen. «Halten Sie Ihre erfolglosen Suchbemühungen fest», rät darum Althaus. «Sie erhöhen damit die Chance auf eine realistische Übergangsfrist, während der Sie noch Anspruch auf Unterhaltsbeiträge haben.»

Muster: Vorausschauende Scheidungsvereinbarung

Dieses  Muster für eine antizipierte Scheidungsvereinbarung hilft Frauen, die wichtigsten Regelungen mit ihrem Partner vor oder während der Ehe festzulegen.

Tipp: Eine Schenkung als Alternative

Wer ein Zeichen setzen will, damit beide Partner finanziell unabhängig und gleichberechtigt sind: Eine einfache und praktische Lösung ist die Schenkung. Wer mehr verdient, kann monatlich einen Teil seines Lohns an den Partner verschenken – oder eine grössere Summe en bloc. Der Partner kann über die geschenkten Beträge frei verfügen. Sie fallen zudem in sein Eigengut, das man bei der Scheidung nicht teilen muss. Weiterer Vorteil: Auf eine Schenkung zahlt man weder Steuern noch AHV-Beiträge.

Buchtipp
Finanzpower für Frauen: Richtig planen für alle Lebenslagen
Buchcover Finanzpower für Frauen
Den besten Rat – jede Woche per Mail
«Den besten Rat – jede Woche per Mail»
Katharina Siegrist, Redaktorin
Der Beobachter-Newsletter