Dieses Vorurteil stimmt: Die Schweiz ist ein Versicherungsland. Mehr als 50 Milliarden Franken geben wir jedes Jahr für nicht obligatorische Versicherungen aus, 6588 Franken pro Kopf. Ist das gut investiertes Geld? «Nur zum Teil», sagt Versicherungsfachmann Ruedi Ursenbacher. Die Antwort hänge von drei Faktoren ab: von der persönlichen Lebenssituation, vom Sicherheitsbedürfnis und vom Budget. «Ein junger Single ohne Unterhaltspflichten kann sich – überspitzt formuliert – sagen: ‹Nach mir die Sintflut›», so Ursenbacher. Wird er invalid, kommen die obligatorischen Sozialversicherungen fürs Nötigste auf, dazu gibts Ergänzungsleistungen.
Wirklich nötig sind nur Versicherungen gegen Risiken, die existenzbedrohend sind oder das Budget aus dem Gleichgewicht bringen. Was man hingegen selber tragen kann, muss nicht versichert werden.
Zeichenerklärung
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wichtig |
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eventuell sinnvoll |
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unnötig |
Aus dem Elternhaus ausziehen
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Privathaftpflicht |
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Autohaftpflicht |
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Hausrat |
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Auto: Teilkasko (Vollkasko nur bei neuen Fahrzeugen) |
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Erwerbsunfähigkeit |
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Insassenversicherung |
Ohne Privathaftpflichtversicherung kann es teuer werden, wenn man einen Unfall verschuldet. Ist die verletzte Person lebenslänglich auf den Rollstuhl angewiesen, muss man nicht nur für deren künftigen Lohnausfall aufkommen, sondern auch die Kosten der Haushaltshilfe und das Schmerzensgeld tragen. Das kann Millionen kosten.
Vorsicht: Junge Erwachsene sind nicht automatisch in der elterlichen Police eingeschlossen. Unter Umständen entfällt die Deckung, sobald sie 20 werden, eine Lehre anfangen oder nicht mehr im Haushalt der Eltern leben. Es lohnt sich, zu fragen, ob man gegen eine geringe Mehrprämie in der Familienpolice integriert bleiben kann. Sonst muss man eine eigene Privathaftpflichtversicherung abschliessen.
Bei der Autohaftpflichtversicherung ändert sich die Lage, sobald Sohn oder Tochter häufig den Wagen der Eltern lenken. Dann sollte die Familienpolice den Vermerk enthalten, dass die Kinder ebenfalls regelmässige Fahrer sind. Fehlt dieser Zusatz und verursachen sie einen Unfall, zahlen die Versicherungen unter Umständen nicht oder kürzen die Leistungen.
Eine Teilkaskoversicherung empfiehlt sich gegen Schäden am eigenen Fahrzeug. Der Schutz gilt nur für nicht selbst verschuldete Schäden (etwa bei Feuer, Diebstahl, Steinschlag, Sturm- und Marderschäden). Vollkaskoversicherungen kommen dagegen auch für Schäden auf, die der Lenker selbst verursacht hat. Sie lohnen sich aber nur bei neuen Fahrzeugen (die ersten drei Jahre; bei teuren Autos bis fünf Jahre) sowie für Junglenker. Wichtig: Kaskoversicherungen ersetzen nur den Zeitwert. Um die Differenz zum Neuwert abzusichern, benötigt man einen Zeitwertzusatz. Insassen sind in der Regel gegen Unfall selber versichert.
Eine Hausratversicherung drängt sich erst auf, wenn man teure Gegenstände wie Top-Stereoanlage oder -Fotoausrüstung besitzt. Zieht man nur mit Bett, Schreibtisch und Laptop in eine WG, ist sie nicht nötig, da man den Totalverlust selbst tragen könnte.
Über die Krankenkasse ist man auf Europareisen bei Krankheit genügend abgesichert. Für Länder, in denen ärztliche Behandlung massiv teurer ist als in der Schweiz (etwa USA, Australien, Kanada) oder man lieber in ein Privatspital nach Schweizer Standard geht (in Afrika oder Lateinamerika), benötigt man eine Zusatzversicherung. Sie lässt sich bei der Krankenkasse abschliessen.
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Privathaftpflicht-, Hausrat-, Gebäude- oder Teilkaskoversicherung? Wenn es um Privatversicherungen geht, verliert man schnell einmal den Überblick. Welche sind sinnvoll, welche braucht es und was wird von ihnen abgedeckt? Ermitteln Sie als Guider-Mitglied mithilfe der Checkliste die für Sie wichtigen Versicherungen.
Zusammenziehen
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Hausrat (zusammenlegen) |
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Haftpflicht (zusammenlegen) |
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Auto: den Partner als Lenker melden |
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Reiseversicherung |
Nur eine Police für Hausrat und Haftpflicht zu haben ist günstiger für ein Paar, das zusammenzieht. Eine der beiden Versicherungen kann man kündigen. Man hat zwar kein Recht auf eine vorzeitige Auflösung der Police, die meisten Gesellschaften zeigen sich aber kulant. Von der (nun gemeinsamen) Versicherung muss man eine Bestätigung verlangen, dass der Partner mitversichert ist.
Der Autoversicherung sollte man den Partner als häufigen Lenker melden, falls er oft mit dem Auto des anderen fährt. So lässt sich verhindern, dass die Versicherung bei einem Unfall die Leistungen verweigern oder kürzen kann.
Eine Jahres-Reiseversicherung kann sinvoll sein, wenn man oft und weit verreist. Allerdings sollte man vorgängig abklären, ob gewisse Deckungen nicht doppelt bestehen (etwa das Reisegepäck in der Hausratversicherung) und wie die gewählte Versicherung die Kosten in folgenden Fällen regelt: Arzt und Spital ausserhalb Europas, Rückführung in die Schweiz, Annullierung der Reise, Rückreise beider Partner bei Erkrankung einer Person, Pannenhilfe im Ausland sowie verlorenes oder gestohlenes Reisegepäck.
Familie gründen
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Todesfallversicherung |
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Krankenkasse fürs Baby |
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Zahnstellungszusatz fürs Kind |
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Taggeld |
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Invaliditätsversicherung fürs Kind |
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Tod oder Invalidität durch Unfall (UTI) |
Die Krankenkasse ist für ein Neugeborenes obligatorisch – es muss aber nicht jene der Eltern sein. Achten Sie bei der Auswahl darauf, welche Kasse die besten Zusatzleistungen für Zahnstellungskorrekturen anbietet. Diese Zusatzversicherung sollte man spätestens abschliessen, bevor das Kind zum ersten Mal zum Zahnarzt geht oder bevor es vier wird.
Die Versicherung der Kinder gegen Tod und Invalidität nach Unfall ist hoch im Kurs bei auf Sicherheit bedachten Eltern, denen der obligatorische Schutz der Sozialversicherungen nicht reicht. Die Kosten halten sich mit wenigen Franken pro Monat im Rahmen, allerdings ist auch der Nutzen begrenzt. Der Tod eines Kindes ist sicher schmerzvoll, aber da man keine finanzielle Einbusse erleidet, muss man ihn auch nicht absichern. Sinnvoll kann der Invaliditätsschutz des Kindes sein. Allerdings ist Invalidität meist die Folge einer Krankheit. Achten Sie beim Abschluss darauf, dass Invalidität nicht nur infolge von Unfällen, sondern auch nach Krankheiten versichert ist.
Eine Taggeldversicherung lohnt sich nur für Väter und Mütter, die selbständig oder gar nicht erwerbstätig sind. Sie übernimmt nach einem Unfall oder bei Krankheit des versicherten Elternteils einen Teil der Kosten für die Kinderbetreuung.
Am wichtigsten ist die Todesfallversicherung: Stösst dem Ernährer der Familie etwas zu, sollte für Witwe und Kinder gesorgt sein. «Viele Familien unterschätzen die Gefahr, wenn sie die Risikovorsorge vernachlässigen, vor allem gegen Tod und Invalidität nach einer Krankheit», sagt Versicherungsexperte Ruedi Ursenbacher. Witwen- und Kinderrenten reichen dazu nicht in allen Fällen. Clevere achten darauf, nur den reinen Risikoschutz zu versichern. Sparen und Versichern sollte man grundsätzlich trennen. Das ist günstiger. Billiger wirds auch bei Policen mit abnehmender Versicherungssumme. Hier verringert sich jährlich die Summe, die im Todesfall ausbezahlt wird. Wichtig ist zudem, dass man die Police rasch (auf jedes Jahresende) kündigen kann – beispielsweise wenn ein zweites Kind da ist (weil es dann doppelte Halbwaisen- und Kinderrenten gäbe), aber auch wenn dank Lohnerhöhungen der Risikoschutz in der Pensionskasse besser wurde.
Wie gut bin ich bei Einkommensverlust versichert?
Erwerbsausfälle durch Invalidität oder Todesfall können Betroffene und ihre Familien in finanzielle Schwierigkeiten bringen.
Wohneigentum kaufen
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Gebäudeversicherung |
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Gebäudewasserversicherung |
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bei Haftpflicht nach Rabatt fragen |
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Hausrat erhöhen |
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Glasbruchversicherung |
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Gebäudehaftpflichtversicherung |
Die Gebäudeversicherung springt ein, wenn eine Überschwemmung am Haus Schaden anrichtet oder das Eigenheim durch Feuer, Hagel, Sturm, Lawine oder Erdrutsch in Mitleidenschaft gezogen wird. Sie ist in allen Kantonen ausser Genf, Tessin und Wallis obligatorisch. Sie zahlt aber nicht, wenn eine Wasserleitung undicht ist oder die Badewanne überläuft. Für diese Schadenfälle, die schnell sehr teuer werden können, benötigt man eine Gebäudewasserversicherung.
Bei der Privathaftpflichtversicherung sollte man fragen, ob die Gesellschaft die Prämie reduziert, denn typische Mieterschäden fallen beim Wohneigentümer weg, da er selbst der Geschädigte ist. Solange man das Haus selbst bewohnt, sind Schäden über die Police der Haftpflichtversicherung gedeckt. Eine Gebäudehaftpflichtversicherung ist nur bei Stockwerkeigentümern sinnvoll oder wenn man das Haus vermietet.
Eine Glasbruchversicherung ist empfehlenswert. Sie deckt kaputte Fensterscheiben, Schäden am Glaskeramikherd, am Lavabo, an der WC-Schüssel, an den Glasvitrinen und sogar am Glastisch. Dieser Zusatz lässt sich über die Hausrat- oder die Gebäudeversicherung abschliessen. In der Regel ist das bei der Hausratversicherung günstiger. Wer teure Möbel kauft, sollte die Versicherungssumme für den Hausrat erhöhen.
In Pension gehen
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Hausratversicherung, bei Bedarf anpassen |
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Lebensversicherung |
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Hausratversicherung, falls Hausstand klein |
Ein Blick in den Versicherungsordner lohnt sich. Denn vielleicht sind bestimmte Versicherungen überflüssig geworden. So etwa die Kaskoversicherung, wenn man ein 15-jähriges Auto fährt, oder die Erwerbsausfallversicherung, weil man nicht mehr arbeitet. Man kann auch bestehende Versicherungen den aktuellen Verhältnissen anpassen, so etwa die Versicherungssumme in der Hausratversicherung, wenn man in eine kleinere Alterswohnung zieht. Bei den verbleibenden Versicherungen lohnt es sich in jedem Fall, nachzufragen, ob es einen Sondertarif für Rentner gibt.
Der Abschluss von Lebensversicherungen oder Anlagepläne, die mit einem Versicherungsschutz kombiniert sind, sind im Rentenalter nicht empfehlenswert. Meistens handelt es sich dabei um Kostenfallen, da das Todesfallrisiko viel teurer ist als bei jungen Leuten. Und der überlebende Partner ist in der Regel genügend über die Pensionskassenrente und die AHV abgesichert.
So kommen Sie zur richtigen Versicherung
«Für Hausrat-, Haftpflicht- und Autoversicherungen ist das Internet der beste Kanal», sagt Experte Ruedi Ursenbacher. Die Leistungen sind ähnlich oder zumindest vergleichbar, und man erhält rasch einen Überblick über die Prämien.
Anders verhält es sich bei komplizierteren Verträgen wie einer Lebensversicherung, wo viele Details von den persönlichen Umständen abhängen. Hier lohnt sich der Gang zu einer unabhängigen Beratungsfirma, die man für ihre Hilfe bei der Auswahl bezahlt.
Nicht empfehlenswert ist es, einen Versicherungsvertreter nach Hause einzuladen. Die Beratung ist zwar gratis, aber die Verlockung für ihn ist gross, einem unnötige Versicherungen aufzuschwatzen.
- Bevor Sie eine Versicherung schliessen: Überprüfen Sie, ob Sie gegen dieses Risiko nicht schon versichert sind, etwa über den Arbeitgeber oder einen Berufsverband.
- Prüfen Sie, ob Sie den betreffenden Versicherungsschutz tatsächlich benötigen. Stellen Sie sich den grösstmöglichen Schaden vor. Könnten Sie ihn nicht selbst bezahlen, ist die Versicherung sinnvoll.
- Überprüfen Sie bestehende Policen regelmässig darauf, ob sie noch Ihren aktuellen Verhältnissen angepasst sind.
- Holen Sie mehrere Offerten ein. Vergleichen Sie Preise und Leistungen.
- Schliessen Sie nur kurzfristige Verträge oder solche, bei denen Sie mindestens ein jährliches Kündigungsrecht haben.
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