Es war ihr erster Kuss. Sie hatten sich gerade kennengelernt, in einem Club. Der letzte Zug sollte bald fahren. Sie umarmten sich, setzten sich auf eine Bank. Es hiess, Abschied zu nehmen. Sie wollten sich möglichst bald wiedersehen. Ein wunderbarer Abend im Zürcher Niederdorf. 

Minuten später – Mitternacht war längst vorbei – liegen sie zehn Meter voneinander getrennt auf dem Kopfsteinpflaster. Der 29-jährige Davide blutet aus dem Mund. Seine Schneidezähne ausgeschlagen, die Nase vierfach gebrochen. Sein Freund krümmt sich am Boden, lässt über sich ergehen, was auf ihn einprasselt. Er wird mit blauen Flecken davonkommen. Als ehemaliger Kampfsportler weiss er, wie man sich schützt. 

Zwei Jahre später sitzen Davide und sein Freund wieder am Tatort. Sie lassen Revue passieren, was damals geschah. Und sie erzählen, was davon geblieben ist. 

Fünf junge Männer um die 20 hatten sich ihnen genähert, hatten sie als Schwuchteln und Missgeburten beschimpft, Balkanakzent. «Ein Feuerzeug fiel zu Boden. Ich hob es auf und wollte es dem Typ geben», sagt Davides Freund. «Ich war frisch verliebt und so gut drauf, dass ich nicht verstand, was da abgeht. Und schon gar nicht konnte ich mir vorstellen, was gleich passieren würde.» Der Grösste der Gruppe holte zum Faustschlag aus und traf Davide mitten ins Gesicht. Nun prügelten auch die anderen auf die beiden ein.