Georg Vogel aus Zürich war eigentlich ein zufriedener Kunde von Profitel. Dass die kleine Telekomfirma zehn Prozent ihrer Einnahmen für wohltätige Zwecke spendet, schien ihm sympathisch. Weniger Freude hatte Georg Vogel, als ihm Profitel im Frühling mitteilte, dass sein ADSL-Abonnement um satte 50 Prozent aufschlage und neuerdings Fr. 59.90 im Monat koste.

Vogel kündigte sofort telefonisch; wenige Tage später flatterte aber ein neuer Brief in seinen Briefkasten. In diesem Schreiben verlangte Profitel die Differenz zwischen altem und neuem Abopreis sogar rückwirkend seit Juli 2004.

Viel Fantasie beim Abkassieren

Vom Beobachter-Beratungszentrum über die Rechtslage aufgeklärt, informierte Vogel seine Rechtsschutzversicherung. Diese schrieb einen geharnischten Brief, und prompt krebste Profitel zurück. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist konnte Vogel weiterhin zum alten Tarif surfen. Das Beispiel zeigt zweierlei: Nur wer sich zu wehren weiss, kommt zu seinem Recht. Und: Telekomfirmen sind einfallsreich und unzimperlich, wenn es ums Abkassieren geht.

Das gilt gerade für kleine, unbekanntere Anbieter. Sie setzen häufig auf einen klar umrissenen Kundenkreis: zum Beispiel auf Gastarbeiter, die oft in ein bestimmtes Land telefonieren. Oder auf Rappenspalter, die bei einem um 0,1 Rappen billigeren Minutentarif auf die Fidschiinseln gleich den Anbieter wechseln.

Generell empfiehlt sich ein äusserst genauer Blick in die Tariflisten und ins Kleingedruckte, bevor man sich für einen Festnetzanbieter entscheidet. Profitel etwa schreibt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass der Kunde eine «Bearbeitungsgebühr» von 50 Franken bezahlen müsse, wenn er nach weniger als vier Monaten kündige. Profitel-Geschäftsführer Stefan Schärer begründet dies mit Swisscom-Gebühren. Tatsächlich verlangt die Ex-Monopolistin 21 Franken pro Mutation, wenn ein Telefonanschluss ganz auf einen anderen Anbieter umgeschaltet wird (Preselection) – trotzdem ist die Profitel-Klausel unüblich und kundenfeindlich.

Und plötzlich ist man angemeldet

Doch Profitel ist diesbezüglich nicht allein. Vartec beispielsweise hat eine ähnliche Kündigungsgebühr, falls die Kunden im ersten halben Jahr wieder abspringen. Vartec operiert ohnehin an der Grenze des Erlaubten. So sind in der Preisliste nur die normalen Minutentarife aufgeführt – dass zusätzlich jeden Monat eine Abogebühr von Fr. 6.99 plus eine einmalige «Aufschaltgebühr» von Fr. 9.99 anfällt, sehen nur höchst aufmerksame Interessenten: Die Angaben sind auf der Homepage in der Rubrik «Fragen und Antworten» versteckt. Auf die kritischen Fragen des Beobachters reagierte das Unternehmen nicht.

Primustel wiederum verrechnet den Kunden laut dem Kleingedruckten eine Strafgebühr von 10 Franken, falls diese innert dreier Monate nicht für mindestens 25 Franken telefoniert haben. Was diese Klausel bezweckt, wollte Primustel nicht sagen: Mehrere Anfragen blieben unbeantwortet. Das Gleiche könnte verärgerten Kunden der Discountanbieter Helvatel, Raptel, «10787» und «10881» passieren: Alle vier haben keinen telefonischen Kundendienst; Fragen oder Beschwerden müssen per Mail nach Holland geschickt werden.

Verlockend klingen die «Gratis»-Angebote mehrerer kleinerer Anbieter. Ralf Beyeler, Telekomexperte beim Internet-Vergleichsdienst Comparis, hält indes wenig davon. Kostenlos ist das Telefonieren etwa bei Abalon, MeineCom, TalkTalk und ACN nämlich nur, wenn man Kunden des gleichen Anbieters anruft. Und dies auch nur, wenn eine monatliche Pauschalgebühr für diesen Service entrichtet und/oder zu bestimmten Tageszeiten telefoniert wird. «Angesichts der sehr kleinen Kundenzahl dieser Anbieter lohnen sich solche ‹Gratis für Mitglieder›-Angebote höchstens, wenn man den halben Freundeskreis davon überzeugt, zum gleichen Anbieter zu wechseln», urteilt Ralf Beyeler. Die Tarife für andere Gespräche seien bei diesen Telefonunternehmen nämlich meist nicht speziell vorteilhaft.

Die Firma Abalon ist auch sonst nicht über jeden Zweifel erhaben. Beim Beobachter-Beratungszentrum häufen sich die Klagen über ungewollte Vertragsabschlüsse. Das Vorgehen ist immer gleich. Beobachter-Leser Urs Zürcher erzählt das Beispiel seiner 75-jährigen Mutter: «Der Abalon-Mitarbeiter erweckte den Eindruck, er arbeite für Swisscom und rufe sie an wegen einer Änderung der Verrechnungsart. Als meine Mutter sagte: ‹Ja, ich will bei Swisscom bleiben›, forderte er sie barsch auf, sie müsse ausschliesslich ‹ja› sagen. Das tat sie.» Zwei Tage später traf ein Schreiben ein: «Danke, dass Sie sich papierlos bei Abalon angemeldet haben.» Das «Ja» der überrumpelten 75-Jährigen wurde auf Tonband aufgezeichnet und von Abalon als Zustimmung zu einem Wechsel des Telefonanbieters interpretiert.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Vor allem ältere Menschen fallen immer wieder auf diesen Trick herein und werden so ungewollt zu Kunden einer ihnen unbekannten Firma. Abalon-Chef Otto Reimann sagt dazu, es komme «ab und zu» vor, dass im Rahmen des Telefonmarketings Tonbandaufnahmen wiederholt würden, um Missverständnissen vorzubeugen. Im konkreten Fall zeigte Zürchers Protest Wirkung: Seine Mutter blieb Swisscom-Abonnentin. Auch N-Tel falle immer wieder durch äusserst aggressives Telefonmarketing auf, beobachtet Comparis-Experte Ralf Beyeler.

Ebenfalls unvorteilhaft war das Angebot von Easynet. «Sie bezahlen weder Abo- noch Grundgebühren», hiess es im März auf der Homepage, als die Beobachter-Recherchen begannen – in der Preisliste war aber zugleich von einer «Bearbeitungsgebühr» von fünf Franken pro Monat die Rede. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, versprach Easynet umgehende Korrektur. Und tat dies konsequent: Das Angebot für Privatkunden wurde gestrichen – die (nur gerade 60) Preselection-Kunden mussten einen neuen Anbieter suchen. Auch das ein Risiko für alle, die ihre Verbindung einer Kleinfirma anvertrauen: Ganz plötzlich kann diese die Leitung kappen.

Quelle: Zefa Blueplanet